H6 – Tagebuch eines Serienkillers
(Sunfilm)
H6 – Tagebuch eines Serienkillers ist ein äußerst schwer zu beschreibender Film. Das Regiedebüt des spanischen Malers Martin Garrido Baron zeichnet den Weg des jungen Mannes Antonio Frau (von Fernando Acaso sehr intensiv dargestellt), der im Affekt seine Freundin erdrosselt, und dafür eine langjährige Haftstrafe verbüßen muss. Nach seiner Entlassung erbt er eine heruntergekommene Pension. Sein neues Lebensziel ist es, die Welt vom Abschaum zu befreien. Da seine frisch angeheiratete Ehefrau als Nachtschwester arbeitet, bleibt ihm nachts viel Zeit, seinem unmoralischen Treiben nachzukommen. So werden Tramper und Prostituierte von der Straße in sein Hotel geholt, und im Raum 6, welchen er speziell dafür hergerichtet hat (alles ist mit Plastikfolien ausgelegt, ein großer Tisch mit Fesseln steht in der Mitte vom Raum, etc.) gefangen gehalten und misshandelt. Damit seine Taten für die Nachwelt weiter präsent sind, führt Antonio präzise Tagebuch, in welchem er neben seinen Ideen und Gedanken auch akribisch Liste führt und Polaroidfotos anheftet. Das Tagebuch eines Serienkillers.Das Debüt des Spaniers Martin Garrido Baron ist keine leichte Kost. Während der gesamten Dauer des Filmes erscheint keine der Figuren als Sympathieträger geeignet, die Geschichte wird wertungsneutral und emotionslos präsentiert, die Kamera verharrt teilweise minutenlang auf dem Szenario. Durch die Kommentare des Serientäters aus dem Off erhält der Film dabei schon fast einen dokumentarischen Charakter. Während die Werbung behauptet, H6 wäre härter als Hostel, finde ich, dass der Vergleich hinkt, da man den genannten Film nicht mit H6 vergleichen kann. Viel mehr erinnert mich das Tagebuch eines Serienkillers an den Klassiker Henry – Portrait of a Serialkiller, der ähnlich emotionslos zu Werke ging. Man sieht an der filmischen Umsetzung, dass der sehr junge Regisseur (bei den Dreharbeiten gerade mal 21 Jahre alt) seine Wurzeln in der Malerei hat, da viele Szenen im fertigen Film wie ein Gemälde aufgebaut sind, und in nahezu jeder Szene entweder Bilder oder Graffitis eine Hintergrundebene bilden. Filmisch erinnert H6 – Tagebuch eines Serienkillers an die Frühwerke von Caro (Delicatessen), wird doch vieles mit bräunlichen Farbfiltern verfremdet, wirkt alles im Film irgendwie alt und abgenutzt. Die ungeschnittene DVD aus dem Hause Sunfilm bietet wie immer eine gute, liebevolle Umsetzung. Neben einem gelungenen, weil neugierig machenden Cover ist die Bild- und Tonqualität auf gewohnt hohem Niveau. Die vorhandene DTS – Tonspur schafft ein gutes räumliches Hörgefühl, dadurch, dass es sich um einen dialoglastigen Film handelt, werden zumeist die vorderen Boxen genutzt, nur in Momenten der musikalischen Untermalung (hervorragend mit klassischer Musik unterlegt. Teilweise sorgt die musikalische Auswahl in einigen Szenen für eine beklemmend dichte Atmosphäre.) Als Bonus werden die üblichen behind the scenes geboten, neben Trailern und einer Trailershow gibt es dann noch Interviews mit Cast und Crew, wo auf einige Details intensiver eingegangen wird. H6 – Tagebuch eines Serienkillers ist ein provozierender, extrem kontroverser Film. Dadurch, dass er keine explizite Stellung bezieht, wird er sicherlich einige Leute verprellen, allerdings bietet er eine sachlich emotionslose, teils zynische, intellektuelle Sicht auf das Werk eines Serientäters. Ein schwieriges, aber sehr interessantes Werk eines viel versprechenden jungen Regisseurs.
CFS