Review

Halten die vollmundigen Ankündigungen „Härter als „Hostel““ und „schonungsloser als Irreversible““ denn wohl ihr Versprechen?
Ganz klar nein, denn hier geht es nicht um einen Folterfilm und auch nicht um die explizite Darstellung von Gewalt, sondern um ein ruhig erzähltes Drama über einen Serienkiller.
Und ein bisschen von beiden genannten Werken hätte dem Streifen sicher gut getan, ja vielleicht sogar vor der fast totalen Langeweile gerettet.

Wir verfolgen den Werdegang des Serienkillers Antonio Frau, der zunächst seine Freundin aus Eifersucht umbringt, 14 Jahre in den Knast wandert und direkt nach seiner Entlassung eine heruntergekommene und leerstehende Pension hinterlassen bekommt. Frisch verheiratet kann er sich endlich seiner Berufung widmen: Die Welt vom Abschaum befreien, Tagebuch führen, um anschließend als berühmter Serienkiller in die Geschichte einzugehen.

Zunächst hält man gleich die erste Szene, die gut drei Minuten ohne Schnitt auskommt, für einen inszenatorisch gelungenen Einstieg: Antonio mit der Freundin bishin zum anschließenden Totschlag. Nur leider ändert sich das im Verlauf nur geringfügig.
Die Kamera bleibt auf Distanz, hält sekundenlang an einer Einstellung fest und schafft es schon allein dadurch, nie eine Nähe zum Geschehen aufzubauen, - mal abgesehen vom durch und durch lahmarschigen Erzähltempo.

Es bleibt statisch und distanziert, über allem liegt eine kühle Sachlichkeit, die von vornherein verhindert, weder mit dem Killer, noch seinen Opfern eine emotionale Nähe aufzubauen.
Häufig erklingt die Erzählstimme Antonios aus dem Off und philosophiert pseudopsychologisch vor sich hin, während er Tagebucheintragungen tätigt.
Dabei kann ich persönlich den Killer schon deshalb nicht als bösartig einstufen, weil Rainer Schmitt ihn vertont, den Hörspielfreunde als smarten Helden „Larry Brent“ kennen.
Andererseits kommt das dem charmanten und zurückhaltenden Auftreten Antonios gegenüber seinen späteren Opfern zugute, die er mit seiner zwischenmenschlich nähebedürftigen Art in die Pension lockt. Okay, der Darsteller selbst ist auch nicht so übel.

Aber der Funke springt letztendlich nicht über. Zumal der Ablauf stets der Gleiche ist und man nur bruchstückhaft den Umgang mit seinen Opfern zu sehen bekommt.
Erstes Opfer ist ein Typ auf der Durchreise, der wird sogleich mit vergiftetem Wein dahin gerafft, dann folgen zwei Prostituierte und ein Zuhälter, doch die Szenerien wiederholen sich:
Ins Haus locken, in Zimmer 6 (daher „H6“) auf den Tisch fesseln, Vergewaltigungen (mit erstaunlich vielen Klamotten an), vielen leeren Worten drumherum und anschließend das Zerlegen mit der Motorsäge (was man keineswegs deutlich sieht, man hört die Säge, Schreie und es spritzt Blut).

Brutale Folterungen hätten ein Mitfiebern sicherlich auch nicht vorangetrieben, aber dieses stückweise Erzählen im Zwischenschnitt mit Antonios Frau, die als Krankenschwester in der Nachtschicht mit dem Oberarzt fremdpoppt, - da geht jegliche Spannung flöten.
Es hätte wesentlich mehr gebracht, sich deutlicher und intensiver mit den Ängsten der Opfer zu beschäftigen und ihnen etwas mehr als die klischeelastige Vorgeschichte der drogenabhängigen Nutte von der Straße zu verleihen.
Teilweise erfährt man erst durch die Off-Kommentare des Killers, dass das Opfer in der zweiten Szene bereits seit einigen Tagen in dessen Gewalt ist. Alles dazwischen wird mit Beziehungsdialogen, Softsex und Tagebucheintragungen gefüllt.
Später wird dem Geschehen noch ein ermittelnder Kommissar hinzugefügt, aber auch der weiß keine Spannung in die Geschichte einzubringen, da er den Braten ebenso sachlich kühl und vor allem schnell wittert, wie die ganze Chose an sich von statten geht.

Der Funke springt nicht über. Der Killer ist häufig im Bild, strahlt eine ungeheure Ruhe aus, aber nichts, was dem Zuschauer Angst macht.
So verkommt sein Treiben zur Belanglosigkeit, wenn er zu den Klängen Mozarts noch ein Gespräch mit dem gefesselten Opfer anstrebt, immer wieder Polaroids zur Dokumentation schießt und sich mit totaler Ruhe um den Fesseltisch herum bewegt, ohne auch nur den Hauch einer Bedrohung auszustrahlen. Mag sein, dass es solche abgeklärten Serienkiller gibt, aber die möchte ich dann nicht auf diese Art und Weise verfilmt sehen.

Sicher, es muss nicht immer das blutige Abschlachten sein, man kann durchaus auch ohne offen gezeigte Gewaltdarstellungen auskommen, aber dann erwarte ich im Gegenzug Tiefe und eine emotionale Nähe zu den Figuren und beides ist hier leider überhaupt nicht gegeben.
3 von 10

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