Review

Nella stretta morsa del ragno (1970)

Antonio Margheriti verfilmt Antonio Margheriti neu. Klingt komisch, ist aber so. Remakes sind nicht nur eine vorübergehende Pest, die vor allem in der heutigen Zeit unangenehm auffallen. Sie waren schon immer da, mal mehr, mal weniger auffällig. Man kann sie nicht pauschal verdammen oder in den Himmel loben. Remakes sind lediglich ein Fakt.
Und doch mutet es seltsam an, dass der gute Margheriti sein Gothic-Meisterwerk „La Danza Macabra“ nur sechs Jahre später noch einmal in Farbe verfilmt.

Dennoch hat die Idee ihren Reiz- Margheritis erster Gothichorror „La Vergine di Norimberga“ wurde auch in Farbe gedreht, und auch dieser Film ist hochatmosphärisch. Außerdem wurde diesmal Klaus Kinski als Edgar Allan Poe verpflichtet, ein echter Besetzungscoup!

Wer „Danza Macabra“ kennt, wird merken, dass die Geschichte eins zu eins übernommen wurde: Der Journalist Alan Foster (Anthony Franciosa) möchte ein Interview mit Poe (Kinski) führen, der nach einer regelrechten Performance seiner Kurzgeschichte „Berenice“ behauptet, alles, was er schreibt, entspricht der Wirklichkeit. Poe befindet sich in Gesellschaft eines Lord Blackwood (!), der Foster anbietet, eine Nacht auf Schloss Providence (!!) zu verbringen, einem verlassenen Spukschloss, das seiner Familie gehört.
Foster lässt sich nicht lumpen und nimmt die Herausforderung an. So irrt er durchs Schloss und merkt, dass da irgendwas nicht stimmt. Und dann trifft er auf die wunderschöne Elisabeth (Michelle Mercier) und andere Bewohner des Schlosses, die eigentlich alle tot sein sollten…

In „Danza Macabra“ erzählt Poe, der von Silvano Tranquilli gespielt wurde (welcher auch hier eine kleine Rolle übernommen hat!), dass der Tod einer schönen Frau der poetischste Term überhaupt ist. In „Nella stretta…“ jedoch performt Poe eine seiner Kurzgeschichten, was durch Kinskis intensives Spiel zu einem kleinen Highlight wird. Das ist auch eine der größeren Änderungen gegenüber der Vorlage, das Meiste blieb beim Alten.
Riz Ortolani schrieb wieder die Musik, die diesmal etwas zurückhaltender ausgefallen ist.
Was das Schauspiel angeht, sticht Kinski natürlich hervor. Seine beiden Auftritte sind kurz, aber prägnant. Anthony Franciosa („Tenebre“) in der Hauptrolle ist solide. Michelle Mercier ist keine Barbara Steele, aber wer ist das schon? Die Rolle des erklärenden Dr. Carmus übernahm Peter Carsten, der mit Margheriti und Kinski schon „Satan der Rache“ drehte.
Der Film ist trotz seiner Entstehungszeit den 60ern verpflichtet, er ist klassisch erzählt, die Themen sind typisch Gothichorror: Obsession, Begehren, Eifersucht, Tod.

Eigentlich ist der Film ein Fest, doch die Version, die ich gesehen habe, ist wirklich zum Davonlaufen. Der Film ist an den Rändern abgeschnitten (merkt man an den Anfangscredits), es gibt dauernd Jumpcuts, und massiv geschnitten ist er auch (ca. 20 Min.). Außerdem haben die deutschen Synchronverbrecher den Film nicht nur „Dracula im Schloss des Schreckens“ genannt, sie haben versucht, Dracula, wo immer es ging, in die Handlung zu integrieren, was schon in Bavas „La Maschera del Demonio“ versucht wurde.

Aber mir war jede Version recht, weil ich den Film endlich sehen wollte, und insofern wurde ich nicht enttäuscht. „Nella stretta morsa del ragno“ ist herrlicher Gothichorror, ein delirierendes, traumähnliches Drama, voller direkter und indirekter Sexualität. Natürlich ist er nicht eigenständig genug, um als Klassiker bezeichnet zu werden, aber trotzdem stellt er für Margheriti- und Gothichorrorfans eine willkommene Ergänzung dar.
So, jetzt wünsche ich mir nur noch eine anständige DVD, dann kann ich endlich in meine Gruft zurückkehren und schlafen. Für immer.

Details
Ähnliche Filme