Wie alt werden die beiden Jungen sein? 16, vielleicht 17. Sebastian kommt aus der besseren Schicht. Er ist immer alleine weil sein Vater beruflich viel unterwegs ist. Paul wohnt da “wo die Asozialen wohnen“. Sagt Sebastian. Doch die beiden freunden sich an, ziehen durch die Vorstädte, und klauen Wodka, den sie in einer stillgelegten Fabrik saufen, immer mit den Augen auf den Centerfolds an der Wand. Die Kassiererin im Supermarkt erwischt sie beim Klauen und wirft sie raus – Mächtig böser Fehler, denn Sebastian und Paul entführen das Mädchen, nur geringfügig älter als die beiden, und fesseln sie in der Fabrik an einen Stuhl. Vor allem Sebastian dreht gewaltig auf, ist jetzt doch er der Boss, und alle hören auf ihn. Dabei möchte er in Wirklichkeit eigentlich nur eines: Paul in den Arm nehmen und dessen Nähe spüren. Pauls warmen Körper, und nicht die knochige Sonja. Die soll doch verrecken in ihrem Scheiß Stuhl …
“Ich hatte noch nie einen Freund wie Dich“ sagt Sebastian. Zweimal sagt er es, einmal zu Paul, und einmal zu seinem Spiegelbild, nachdem er erkennen musste, dass Paul seine Neigungen nicht teilt. Insofern ist KELLER durchaus ein Coming-of-Age-Film, aber keiner der interessanten Gedankenanstöße und abwechslungsreichen Erlebnisse. Im Gegenteil, der Film ist so ungemütlich wie selten einer. Ich habe oft auf die Uhr geschaut, nicht weil der Film nicht gut war, sondern weil es oft widerwärtig war. Unangenehm. Wie ein pochender und kratzender Knorpel fühlt er sich an. Vor allem gegen Ende, wenn Sonjas Freund noch dazustößt (eine betäubende Performance von Georg Friedrich, die nachhaltig Eindruck hinterlässt) und ein Verhalten an den Tag legt, das man so nun wirklich nicht erwartet hätte. Dann möchte man als Zuschauer eigentlich nur noch abschalten, denn das, was sich Menschen da gegenseitig antun, das hat mit Film eigentlich nicht mehr viel zu tun. Das ist blanke, eiskalte Realität …
Menschen in einem abgeschlossenen Raum, einer davon gefesselt, da fällt mir THE 24TH DAY ein oder der erste SAW. Ersterer vor allem wegen der homoerotischen Komponente, letzterer wegen der Düsternis und der widerlichen Verkommenheit, die in KELLER genauso die Hauptrolle spielen. Beispiel gefällig? Bitte schön: Sonja ist schon recht lange an den Stuhl gefesselt. Sie: “Ich muss mal.“ Sebastians selbstverständlich klingende Antwort: “Dann geh doch.“ Er lacht dabei nicht einmal, sondern er meint das ernst, und sein leises Lächeln zeigt, was für eine Freude er an der Erniedrigung anderer hat. Die anderen sind schuld, an allem, und deswegen muss man ihnen zeigen wer hier der Klügere und Bessere ist. Wie gesagt, Realität pur …
Wer die Szenen in DAS STENDHAL-SYNDROM mochte, in denen Asia Argento an die Matratze im Bunker gefesselt ist und sich vor Angst kaum noch bewegen kann, wer diese Szenen mochte weil sie intensiv und finster und schmutzig sind, der wird auch KELLER mögen. Große Teile des Films sind wie diese Szenen: Sehr düster, ziemlich intensiv, reichlich dreckig. Schön ist der Film nicht. Aber gut!