"Wir müssen uns immer wieder der Herausforderung stellen, denn wir sind Kämpfer."
Apollo Creed (Carl Weathers) hat seine Niederlage gegen Rocky Balboa (Sylvester Stallone) vor 6 Jahren immer noch nicht verarbeitet. Als eine sowjetische Delegation mit dem hünenhaften Ivan Drago (Dolph Lundgren) sowie dessen Frau Ludmilla Vobet Drago (Brigitte Nielsen) eintrifft und den bisherigen Schwergewichtsweltmeister Rocky zu einem Schaukampf herausfordert, sieht er seine Chance für die Rückkehr in den Ring. Er überredet Rocky an seiner statt in den Ring zu steigen. Mit fatalen Folgen. Der unbarmherzige Ivan schlägt ihn im Ring zu Tode.
In Folge einer Revanche für seinen verstorbenen Freund und Trainer Apollo zieht es Rocky nach Russland, wo er sich unter russischen Bedingungen zum Kampf gegen die Kampfmaschine Ivan rüstet.
Mit dem vierten Teil wird die Saga um den sympathischen Boxer politisch. 1985 herrscht der Kalte Krieg. Die Verhältnisse im Ost- und Westblock sind angespannt. Sylvester Stallone komprimiert diesen Umstand und stellt seine neuen Figuren so auf, wie es der aufrechte Amerikaner definiert hat. Der böse Russe ist roh, brutal und ein gefühlloser Menschenverachter ohne Moralvorstellungen. Der gute Amerikaner stellt sich selbstlos gegen ihn, ist opferbereit und befriedet gar die hochgepushtesten Situationen. Natürlich trifft Stallone mit seiner US-Propaganda ins schwarze, dabei bleiben seine einst so feinfühlig generierten Charaktere allerdings völlig auf der Strecke.
Klischeehafter könnte es kaum sein, wenn sich die beiden Boxer gegenüber stehen und in die Augen blicken. Der Kampf zwischen der kalten Killermaschine und dem weichherzigen Publikumsliebling verlangt selbstverständlich nach einem zufriedenstellendem Ergebnis, was ohne viele seherische Fähigkeiten schon früh erwartet wird.
Neben dem Erzählstrang um die beiden Sportler wird im Grunde nichts geboten. Die Rachegeschichte hat keinen Tiefgang und handlungstragende Ereignisse werden viel zu schnell abgehandelt, sodass sich der Zuschauer schnell im Wechselbad der Gefühle wieder findet. Das aggressive Umfeld des dritten Teils wird weiter gespinnt, mit dem Unterschied der einseitigen Ausübung, was zu einer eindeutigen Gut- / Böse-Zeichnung der Figuren führt. Erneut bleibt der Charme der ersten beiden Teile auf der Strecke, das Charakterdesign wirkt seelenlos und uninspiriert.
Neben dem stiefmütterlichen Charakterdesign, was durch Kentnisse der Vorgänger noch kompensiert werden kann, sind noch weitere trübende Elemente auffällig.
Einige Szenen wurden nicht aneinander angeglichen, was leicht erkennbare Anschlussfehler zur Folge hat.
Der Humor bewegt sich auf lächerlichem Niveau, beispielsweise sorgt ein sprechender Hausroboter für unzugänglichen Witz. Ein paar Sequenzen wirken gar ungewollt komisch und albern.
"Rocky IV - Der Kampf des Jahrhunderts" überzeugt nur in Punkto Action und Musik.
Erneut sind die Trainingseinheiten und der finale Kampf im Ring beinahe perfekt aufgezogen und präsentiert. Auffällig sind diesmal die deutlich unterschiedlichen Trainingsmethoden der Kontrahenten. Während Rocky sich auf klassische Weise durch Dauerläufe im Schnee, Holzhacken und Klimmzüge fit macht, hält bei Ivan die Technik Einzug. Mit allerlei Hightech-Geräten und künstlicher Präparate wird dieser geradezu heran gezüchtet. Definitiv eine augenzwinkernde Collage über das hereinbrechende Zeitalter der immer weiter voranschreitenden Technik in den 80er Jahren.
Prunkstück des Films sind sicherlich die fünfzehn Runden des Boxkampfes, in denen sich die beiden Kontrahenten dermaßen weich kloppen, dass jeder Normalsterbliche den Ring lediglich als deformiertes Häufchen Elend verlassen hätte. Der Ausgang ist zwar klar, doch die Inszenierung dieser Prügelorgie könnte besser nicht sein.
Der Ton der 80er Jahre schlägt sich merklich nieder, vor allem im knalligen Soundtrack. Erfreulich ist, dass Survivor nach dem kultigen "Rocky“-Song "Eye of the Tiger“ erneut vertreten sind. Vor allem zu den Trainingscollagen verbreiten die Songs eine griffige Atmosphäre. Schmerzlich missen tut man dagegen das bisher immer vertretene Thema "Gonna Fly Now" von Bill Conti. Eine eigentlich unverzeihliche und nicht verständliche Methodik diesen Song aussen vor zu lassen.
Zu der obligatorischen Garde der Darsteller gesellt sich als Neuling Dolph Lundgren ("Im Angesicht des Todes", "Masters of the Universe") der hier erste Schritte wagt und einen visuell beeindruckenden Gegenspieler referenziert. Mit minimalem Text gelang dem Hünen ein ähnlicher Durchbruch wie Arnold Schwarzenegger mit "Terminator". Ebenfalls hinzu gesellt sich Brigitte Nielsen ("Red Sonja", "Beverly Hills Cop II") deren Auftritte schon immer schwer in der Kritik standen.
So wie auch schon im direkten Vorgänger fallen die Auftritte von Burt Young, Talia Shire und diesmal auch Carl Weathers handlungsbedingt dürtig aus. Glücklicherweise formt Sylvester Stallone seinen Rocky hier wieder wesentlich eingängiger als seine im dritten Teil überaus draufgängerische Version.
Was die Rocky Saga ausmacht ist auch im vierten Teil wieder furios und überzeugend. Das Training, die Kämpfe und die dazu unterlegte Musik sind stimmig. Zu den Schwächen des dritten Teils, dem herunter gefahrenen Charakterdesign, den dauerhaften Klischees sowie der aufgeputschten, aggressiven Stimmung, gesellen sich hier noch eine plakative, politische Meinungsäußerung und Reduzierung lieb gewordener Details, wie den fehlenden Song "Gonna Fly Now" und das veränderte Rocky Intro. Somit garantiert Teil 4 nur noch einen durchschnittlichen Unterhaltungswert.
5 / 10