Während sich Wrestler wie Kevin Nash oder Bill Goldberg im Filmbereich eher mit Nebenrollen begnügen, gibt es natürlich auch noch die Zugpferde der WWE, die auch außerhalb des Rings auf sich aufmerksam machen wollen. Berühmtestes, aber gleichzeitig auch erfolglosestes, Beispiel dürfte Hulk Hogan sein, der nie über einen denkwürdigen Cameo-Auftritt in Rocky 3 und ein paar mäßige Actionstreifen hinaus gekommen ist. Ebenso Roddy Piper, der zwar ein paar bessere Filme vorzuweisen hat, aber auch nie wirklich zu Weltruhm gekommen ist. Das sollte sich ändern, als Dwayne The Rock Johnson zum ersten Mal die Leinwand betrat. Er absolvierte eine Reihe von ordentlichen Filmauftritten, und konnte durch Ironie und Charisma punkten. Zwar muss er immer noch auf SEINEN Actionfilm warten, aber steuert zielstrebig auf den Actionthron einstiger Ikonen wie Arnie, Bruce und Sly an. Doch bekanntlich schläft auch die Konkurrenz nicht. Vin Diesel konnte er zwar absägen, aber nicht nur, dass Nachfolger Jason Statham ein paar bessere Filme mehr zu bieten hat, sondern die WWE schickt jetzt selbst ihr derzeitiges Zugpferd, den bisher dreifachen WWE-Champion, John Cena ins Rennen um die Actionkrone. Und prompt bekommt Cena diese Sorte von Film, auf die The Rock trotz Doom und Walking Tall immer noch wartet. Denn sein The Marine entpuppt sich als reinrassiger Actionkracher im Phantom Kommando- und Rambo-Stil.
Als US-Marine John Triton (John Cena) bei einem Irak-Einsatz den direkten Befehl der Vorgesetzten ignoriert, bedeutet dies das Ende seiner Militärkarriere. Auch seinen nächsten Job als Sicherheitsmann hat er nicht lange. Um mal abzuschalten unternimmt er mit seiner Frau Kate (Kelly Carlson) einen Ausflug. Dummerweise kreuzt sich ihr Weg an einer Tankstelle mit dem von Gangster Rome (Robert Patrick) und seiner Gang, die vor kurzem ein Juwiliergeschäft um ein paar Millionen erleichtert haben und nun auf der Flucht sind. Als die hinzukommenden Cops vor Ort eingreifen wollen, werden sie von den Gangstern außer Gefecht gesetzt, die Tankstelle komplett dem Erdboden gleich gemacht und Kate als Geisel genommen. Der überlebende John sieht nun freilich rot und nimmt die Verfolgung auf, bis es zum explosiven Showdown kommt...
Das Charisma von The Rock hat John Cena nun nicht, was er allerdings mit vollem Körpereinsatz ausgleichen kann. Auch gehört er nicht zu den populären und zynischen Sprücheklopfern, sondern ist schlicht und einfach nur eine ultracoole Kampfsau a'la Van Damme und Lundgren. Mehr braucht's auch für diesen Film nicht. Bekanntlich ist ein Held dann auch nur so gut wie sein Gegner, und Cena kann sich glücklich schätzen, mit Robert Patrick (Terminator 2 - Judgment Day) einen fähigen Mann vor der Faust zu haben. Der kann in seinem Part des charismatischen Bad Guys so richtig aufgehen und legt auch die dementsprechende Spiellaune an den Tag. Und mit Abigail Bianca (Gefährliche Brandung 2) erfüllt sich mal wieder die Genre-Regel, dass des Oberschurken Matratze wie ein Model ausschaut. Insgesamt geht sie in Ordnung. Ein weiterer im Schurkengespann ist Anthony Ray Parker (The Matrix), der in Sachen Sprüchen Patrick allerdings die Show stiehlt. Ihre Rolle als Love Interest macht Kelly Carlson (Crime Is King) recht anständig und steht unserem lokalen Hero auch nicht im Weg.
Wenn es neben Crank einen Film gibt, der das Actionkino der 80er Jahre wieder aufleben lässt, dann ist es eindeutig The Marine, der in dieser Form wohl jedem halbwegs anständigen Actionfreund gefallen dürfte. Wenngleich der Film wegen des lokrativen PG-13-Ratings um einiges zahmer (trotz der schon recht heftigen Abgänge von Rome und seiner Geliebten) ausfällt als die Vorläufer der guten alten Zeit, so geht hier ansonsten schon mächtig die Post ab. Auf jeden Fall hat Regisseur John Bonito vor allem die Explosionen deutlich im Griff, womit er sich diesbezüglich auch nicht hinter den Kollegen Bay und McTiernan zu verstecken braucht, was auch die Hochglanzoptik der Produktion betrifft. Selbstredend gibt es jede Menge Gunplay, wo vorzugsweise Anthony Ray Parker die größeren Geschütze auspacken darf, doch The Marine verkommt glücklicherweise nicht zum reinen Schützenfest. Wie in Walking Tall ist hier ebenso oldschool-mäßiges Haudrauf-Gekloppe gefragt, wo Cena mit seinen Wrestlingfähigkeiten glänzen darf. Taktische Manöver? Durchdachter Masterplan? Kunstvolle Kampfsportakrobatik? Nee.... immer druff und stets straight in die Fresse. So muss das sein!
Den Einsatz des Rechenknechts sieht man diversen Szenen (überwiegend in der Verfolgungsjagd, wo sich Cenas Wagen nach und nach in seine Einzelteile auflöst) zwar deutlich an, was hier aber kaum ins Gewicht fällt, da der Großteil schön old school über die Bühne gezogen wird. Das sieht man auch dem kurzen Opening im Irak an, wo Cena einfach mit der Tür ins Haus fällt und die Wumme sprechen lässt. Um besagte Eröffnungssequenz herum gibt es zwar den üblichen Ami-Pathos, der bei einem Titel wie The Marine auch nicht zu vermeiden ist, doch zum Glück verbleibt es dann nur beim Beginn. Einen weiteren enormen Pluspunkt kann der Film mit seiner Location rausholen, da die Sümpfe und Flüsse von South Carolina mal eine willkommene Abwechslung zu den sonstigen City-Molochs, Urwaldregionen, Provinzlöchern und mexikanischen Wüstenlandschaften ist, die ansonsten die Kulissen in diesem Genre dominieren. Auch lässt man Platz für die eine oder andere Anspielung auf Actioner vergangener Tage. Am deutlichsten ist da noch Patricks Rückspiegelblick nach dem Terminator-Spruch und Cena rennt zudem mit einem City Cobra-Dolch durchs Geäst. Und sowohl die Location als auch das feurige Finale zeugen von Andeutungen auf John Woo's Harte Ziele.
Bei dieser Sorte von Film lassen sich selbstveständlich auch die Anzahl von Logikfehlern und Genreklischees nicht vermeiden. Hinsichtlich der Inszenierung kann man hier über die Logik fröhlich hinwegsehen und die Klischees gehören bei so einem Streifen einfach dazu. Wie weiter oben schon erwähnt hat die Schurkengeliebte wie in Passagier 57 und Transporter - The Mission das Aussehen eines Models, und Patrick selbst rennt genretypisch im Designeranzug rum, der spätestens nach Stirb langsam und Reservoir Dogs bei den Finsterlingen in Mode ist. Überraschenderweise dürfen die Bullen hier mal scheinbar fabrikneue Sportflitzer benutzen, statt die handelsüblichen Rostlauben, mit denen sie ansonsten auf Streife sind. Und es dürfte wohl klar sein, dass der vermeintlich tote Schurke nochmal aufsteht. Man könnte jetzt noch eine ganze Reihe an Klischees aufzählen, da sich The Marine dafür geradezu anbietet, doch einen weiteren Trumpf im Ärmel hat der Film mit seinen Dialogen und dem Humor. Für die kultverdächtigsten Sprüche ist hier dann Anthony Ray Parker verantwortlich, egal, ob er nun über die Fahrzeugwahl, Camperinnerungen oder Diskriminierung labert. Dies sorgt dann widerum für die richtige Portion Humor, die nie deplatziert oder gestellt wirkt.
The Marine zeugt von einer Action-Ära, in der überwiegend Muskelmasse und möglichst großkalibrige Knarren das Genre bestimmten, deren Vertreter heutzutage zu Recht Kultstatus genießen. Ein Actionleitwolf wie Schwarzenegger, Stallone oder Willis wird Cena zwar nie werden, ist aber immer noch ein fähiger Nachfolger, auch wenn eher The Rock und Statham die Zukunft gehören mag. Doch gegen eine Fortsetzung von ähnlicher Qualität, habe jedenfalls ich nichts einzuwenden.