Review

Diese skandinavische Co-Produktion wurde nach der Veroeffentlichung allerorts als Skandalfilm verschrien - war er doch in Schweden mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren gekennzeichnet worden, was dort eher eine Seltenheit ist. Bei genauerem Hinsehen lassen sich zwar kontroverse Inhalte wiederfinden, jedoch bei Weitem nicht im zuvor propagierten Maße.

Nachdem Protagonist John (Kristoffer Joner) von seiner Freundin verlassen wurde, findet sich jener in einer tiefen Krise wieder - kann er doch nicht verstehen, wie es zu der schmerzhaften Trennung kommen konnte. Somit reagiert er eher verhalten, als ihn seine attraktive - scheinbar neue - Nachbarin Anne (J. Schacht) bittet, ihr in der Wohnung bei schweren Arbeiten zur Hand zu gehen. Widerwillig begibt sich John auf eine bizarre Odyssee in die Nachbarwohnung, wo er nicht nur auf Annes vermeintliche, von Phobien geplagte Schwester, Kim (C. Mosli) und deren eigenwilliges Verhalten trifft, sondern auch mit seiner eigenen, dunklen Seite in Kontakt tritt.

Der preisgekroente Pycho-Thriller offenbart neben leichten Schwaechen in der Ausarbeitung des - zugegebenermaßen - leicht durchschaubaren Plots, grosse Staerken in dessen Umsetzung. Das Setting, welches die groesste Zeit auf die labyrinthartige Wohnung der beiden Frauen reduziert ist, erweist sich als ein szenisch-beklemmender Hort von Perversionen und Verwirrung, an dem die Grenzen zwischen Phantasie und Realitaet ineinander uebergreifen, den Zuschauer allerdings nicht allzu lange an der Nase herumfuehren koennen. Hier manifestiert sich ein Gefuehl von latenter Klaustrophobie, verstaerkt durch den klug gewaehlten, ebenfalls zur Verstoerung der Situation beitragenden Score, der die allgegenwaertige, jedoch nicht fassbare Bedrohung ankuendigt bzw. verstaerkt. Die relativ geringe Laufzeit von ca. 70 Minuten (o.A.) kommt dem verschachtelten Kammerspiel zugute, da Regisseur Pål Sletaune so kaum Zeit bleibt, sich an Nebenschauplaetzen aufzuhalten, die den Filmfluss nur unnoetig unterbrechen wuerden und auch nicht gerade zu dessen Attraktivitaet beitruegen. "Next Door" avanciert gerade wegen des atmosphaerischen Schauplatzes, der Wohnung, zum ueberdurchschnittlichen Genre-Film, der ueber dessen leichte Durchschaubarkeit hinwegsehen laesst. Aufgrund seiner drastischen Darstellung von sexueller Gewalt ist die Freigabe ab 18 Jahren gerechtfertigt, allerdings ist die Deklarierung als Skandalfilm mehr als fragwuerdig - exploitative Gemueter werden nicht in dem Maße bedient, wie im Vorfeld proklamiert wurde; nichtsdestotrotz ist der Film nichts fuer schwache Nerven. Schizophrenie und sexuelle Perversionen haben zwar schon lange eine Einzugsermaechtigung in Independent- und Hollywood-Kino erhalten, stellen aber dennoch keine Alltaeglichkeiten dar. Zum zentralen Dreh- und Angelpunkt der Handlung erkoren, werden jene plakativ illustriert, sodass eine gewisse Tiefe zu vermissen ist.

Abschliessend bleibt zu sagen, dass der Zuschauer mit "Next Door" einen soliden, wenig innovativen, dafuer aber handwerklichen gut umgesetzen, leider etwas zu leicht zu durchschauenden Psycho-Thriller erwarten kann. Nicht mehr und nicht weniger.

7/10

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