Review

Laut schallt es "David Lynch" durch Pål Sletaunes dritten Spielfilm, auch wenn er sich verbal auf Hitchcock beruft. Doch solche Kleinigkeiten sind kaum relevant, denn Lynch, zumindest der des Psychothrillers, ist ja ohne Hitchcock nicht zu denken.
Es stimmt, viel Story oder gar Script-Innovationen findet man hier nicht, doch im Gegensatz zu vergleichbaren US-Produktionen ist sich Sletaune, Regisseur und Buchautor in Personalunion, dieser Problematik bewußt und hält die Gesamtlaufzeit auf ungewöhnlich knappe 70 Minuten. Dadurch strafft sich aber die Handlung so, daß zu keiner Zeit ein Hänger passiert. Jede Szene, jede Einstellung sitzt präzise dort, wo sie sein soll und kein Kamerawinkel ist umsonst.
Diese erzwungene Präzision macht macht "Naboer" über sein limitiertes Genre (Psycho-Kammerspiel im Mietshaus) hinaus interessant und erinnert in vielerlei Hinsicht an "Lost Highway". Sicherlich wird dadurch der Plot ziemlich transparent und es ist meinen Ko-Rezensenten beizupflichten, daß Freunde des Genres - und ich gehe mal davon aus, daß die meisten Käufer der DVD in dieser Gruppe zu finden sein werden - nicht allzuviele Überraschungen werden erleben können, dafür aber macht die Inszenierung und auch die Liebe zum austatterischen Detail ein Wiedersehen interessant - gerade wenn man um das Ende Bescheid weiß.
Wie Hitchcock (und zu einem gewissen Grad auch Lynch) ist Sletaune kein ungeschickter Psychologe. Zumindest mal die Psychologie des verlassenen Mannes, der sich weniger um einen Freund als ein Besitzstück betrogen fühlt und keinerlei Möglichkeit hat, den tatsächlichen Problemen, an denen er einen großen Anteil hat, ins Auge zu sehen, ist brilliant aufgebaut und vermutlich nur eine Weiterführung ins Extreme - Fiktion leider nicht!
Dieser unterschwelligen - sie werden nie, wie bspw. in Psycho, durch eine "Erklärung" plakativiert - Momente finden ihre visuelle Untermalung im Schnitt, aber auch dem Set selbst, das zwischen dunkler 50er Jahre Bürgerwohnung und modernem Flat oszilliert, je nach Perspektive.
Obwohl also die Story nicht die engen Genregrenzen zu durchbrechen vermag, so kann diese Schwäche durch straffe Inszenierung, Präzision im Optischen, einer sehr direkten, unübertriebenen, aber dadurch umso realistischeren Gewaltdarstellung, und einem generell hohen Wiederansehfaktor wett gemacht werden.

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