Review

Freunde der düsteren Endzeitvisionen dürfte „Freejack“ noch am ehesten ansprechen, denn trotz seines recht wirren Einstiegs entpuppt sich der Science-Fiction-Film als recht charmanter, mit reichlich B-Flair ausgestatteter Genrevertreter, der sich dank seiner Kurzweiligkeit gar nicht zu verstecken braucht. Das ist der Verdienst von Actionspezialist Geoff Murphy („Young Guns II“, „Under Siege 2: Dark Territory“), denn unter ihm wird aus dem konstruierten Plot ein actionreicher Zukunftsreißer.

Das einzig Problematische sind die ersten 20 Minuten, in denen der Zuschauer komplett auf sich allein gestellt die beiden parallel verlaufenden, temporär versetzten Handlungen folgen muss. Denn das Alex Furlong (Emilio Estevez, „Young Guns II“, „Loaded Weapon 1“) als erfolgreicher Rennpilot durch die Gegenwart düst, während Kopfgeldjäger Victor Vacendak („Rolling Stones“ – Sänger Mick Jagger !!) in der Zukunft für ihn eine Zeitreise vorbereitet, muss erst mal verstanden werden.

Warum, weshalb, wieso? Das erfahren wir erst später. Kurz vor einem schweren Rennunfall wird Alex jedenfalls in die Zukunft transportiert. Die Herren Doktoren wollen umgehend sein Hirn weich schmelzen, doch ein überraschender Angriff auf ihren Transporter nutzt der verwirrte Alex zur Flucht. Ohne zu Wissen, dass er sich in der Zukunft befindet, sucht er sein Heim auf. Doch dort wohnt wer anders. Also wird weiter vor Victor und seinen Mannen geflüchtet.

Murphy hat das Skript nicht unter Kontrolle, verwirrt mit einem Auftritt des in eine Kutte gehüllten Bösewichts im Hintergrund und bringt zumindest eine halbwegs phantasievolle Erklärung für das Kidnapping zustande. In der Zukunft lässt sich das Gehirn für ein paar Tage elektronisch speichern und dann auf einen neuen Körper übertragen. Da in dieser Welt die Ozonsicht kaum noch existent und damit die Körper anfällig geworden sind, holt man sich entsprechende Exemplare, kurz vor ihrem Tod, aus der Vergangenheit – sogenannte „Freejacks“. Wie nobel..

Den Hauptteil des Films macht Alex Flucht und die Suche nach den Hintermännern aus. In diesen dreckigen, düsteren Straßenzügen gelingt es Geoff Murphy hervorragend diesen klassischen Retrocharme der Achtziger einzufangen – in etwas vergleichbar mit den Szenarien von „Escape from New York“. Der Actionanteil ist dabei recht hoch. Es gibt einige blutige Schießereien und eine toll inszenierte Verfolgungsjagd. Die dann leider bei Tag, wo der Film aufgrund seiner Sauberkeit einiges an Atmosphäre einbüßt.

Trotz Starbesetzung besitzt „Freejack“ kaum überdurchschnittliche Leistungen. Emilio Estevez schlägt sich als Dauerflüchtender ordentlich, kann aber kaum glänzen, Rene Russo („Tin Cup“, „Outbreak“) ist, genau wie ein sündhaft verschenkter Anthony Hopkins („The Silence Of The Lambs“, „Dracula“), chronisch unterfordert und
Mick Jagger, mit steinerner Miene, auch nur wegen seines Bekanntheitsgrads vor Ort.
Amanda Plummer („Pulp Fiction“, „Seven Days to Live“) ist in ihrer kleinen Rolle als Schrotflinten schwingende Glaubensschwester allerdings recht witzig.

Auf das Ende zulaufend, wird dann nochmal „Der Rasenmähermann“ ausgepackt, wobei dann auch richtig deutlich wird, dass diese Produktion mit längst (auch seinerzeit) überholten Effekten ausgestattet glänzt. Immerhin gibt es hier dann noch ein paar halbwegs überraschende Wendungen, die allerdings wieder zu konstruiert sind.

Obwohl oder gerade weil „Freejack“ ein eher kleines Budget hatte, kann man sich dem Streifen nicht ganz entziehen. Immerhin sind die ganzen dreckigen, Elend und Verfall ausdrückenden Sets alle handmade erstellt worden. Daraus entwickelt sich ein Charme, den am ehesten noch B-Movie-Fans zu schätzen wissen. Alex andauernde Flucht, unterbrochen von ein paar aufklärenden Treffen und Dialogen, ist mit wirklich großartig, altmodischer Action ausgestattet worden. Die Anzüge und Waffen seiner Häscher sind trashig designt, es fehlt nur ein ordentlicher Schuss Selbstironie, denn "Freejack" nimmt sich selbst zu ernst. Schade nur, dass Murphy nicht gleich das ganze Szenario bei Nacht spielen lässt, sondern sich ab und an für Tagszenen entscheidet. Da hätte aus „Freejack“ eine echte Perle werden können.


Fazit:
Für Freunde der altmodischen Science-Fiction und/oder B-Movies ist „Freejack“ ein Blick wert. Geoff Murphys grundsolide Regie rundet die 105minütigen, kurzweilige Zukunftsvision, trotz eines schwachen Plots und nur mäßiger schauspielerischer Leistungen, zu charmanter Unterhaltung mit Retro-Bonus ab. Den Vorwurf der Einfallslosigkeit lässt man sich, gestützt auf einer Romanvorlage, zwar ständig gefallen, aber das Rad muss zumindest hier ja auch nicht neu erfunden werden. Grundsolide und etwas für die Genrefans.

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