Von allen „Masters of Horror“-Episoden wurde „Deer Woman“ als erstes gedreht – unter der Regie von John Landis, nach einem eigenständigen Skript von ihm und seinem Sohn Max (also keine Adaption einer Kurzgeschichte, wie es vorwiegend bei dieser Serie der Fall ist). Da es bei diesem Format primär um die Filmemacher geht, hier vorweg mein Kommentar zu John: Von all seinen Werken (immerhin rund 30) konnte mich bislang keins vollkommen überzeugen („Blues Brothers“ verfehlt dieses Prädikat nur knapp), was schonmal nicht unbedingt ein gutes Zeichen ist. Hinzu kommt, dass der Mann zwar irgendwie noch immer (trotz einer geradezu beeindruckenden Flop-Strähne) als angesehener Vertreter seiner Zunft anerkannt wird – allerdings keineswegs im Horror-Genre, sondern eigentlich ausschließlich auf dem Comedy-Sektor. Hmmm. Sicher, es gab da „An American Werewolf in London“, aber das war vor 24 Jahren und jenes Ergebnis lässt sich zudem kaum als „gruselig“ bezeichnen (wer Angst vor seinem „Thriller“-Video hat, mag da natürlich anders denken). „Innocent Blood“ (1992) war da schon wesentlich cooler, aber insgesamt ebenfalls nur knapp überdurchschnittlich. Wenn ich an „Landis“ und „Horror“ denke, kommen mir höchstens seine Kurzauftritte als Darsteller in diversen Produktionen anderer Kollegen (wie „Sleepwalkers“ von Garris oder Hooper´s „Spontaneous Combustion“) in den Sinn, doch vielleicht hat er ja hier mit seiner „Reh-Frau“ mehr Erfolg, meine Meinung (zumindest etwas) zu korrigieren…
Im Grunde ist Dwight Faraday (Brian Benben) ein talentierter Detective, dem man jedoch nach einem tragischen Vorfall einen Dienstposten zugeteilt hat, welcher von allen einheitlich als Karriere-Abstellgleis angesehen wird: Seit er vor einiger Zeit im Rahmen einer Schießerei versehentlich seinen eigenen Partner erschoss (zwei Kugeln durchschlugen ihr eigentliches Ziel und verwundeten jenen auf diese Weise ebenfalls tödlich), worauf das Verlassenwerden von seiner Frau sowie diverse Anschuldigungen etlicher Kameraden folgten, ist er ausschließlich für die Bearbeitung von „Animal Attack“-Fällen zuständig. Eines Tages geht eine Meldung ein, dass merkwürdige Geräusche auf dem Parkplatz einer abgelegenen Gaststätte gehört wurden – wirklich schlau wird man aus dem Telefonat allerdings nicht, weshalb man jenes als „Weird Call“ einstuft und somit Faraday darauf ansetzt. Vorort entdeckt er in der demolierten Fahrerkabine eines LKWs schließlich die sterblichen Überreste des Besitzers. Na ja, zumindest das, was noch von ihm übrig ist – nicht gerade viel: Der fortan als „Hamburger“ bezeichnete Haufen zeugt davon, dass jemand (oder etwas) den Körper derart malträtiert hat, bis er am Ende nur noch das Aussehen sowie die Konsistenz von Hackfleisch (nach etlichen ausgiebigen Umdrehungen in einem Fleischwolf) besaß. Zwar sagen Zeugen aus, dass einige Rehe in der Nähe des Trucks beobachtet wurden, aber das wird als belanglos abgetan – vielmehr interessiert den Cops die Aussage, dass das spätere Opfer zuletzt in Begleitung einer mysteriösen, äußerst attraktiven Frau (Cinthia Moura) gesehen wurde. Folgerichtig wird Faraday der Fall entzogen und den Kollegen der Mordkommission übertragen.
Das alte Gefühl echter Ermittlungsarbeit lässt sich jedoch nicht so einfach wieder abstellen, und so bleibt er zusammen mit seinem (ebenfalls unterbeschäftigten) Kollegen Jacob Reed (Anthony Griffith) an der Sache dran. Dank der Hilfe einer jungen Gerichtsmedizinerin (Sonja Bennett) erfährt er schon bald von der ungewöhnlichen Gegebenheit, dass sich auf der Leiche Abdrücke befinden, welche denen von Hufen stark ähneln. Nach einer Reihe weiterer „Hamburger“-Haufen ist es möglich, bestimmte Gemeinsamkeiten der „Vorfälle“ herauszustellen: Die durchweg männlichen Opfer sah man jeweils zuletzt in Begleitung einer (vermutlich indianischen) Schönheit, an den Tatorten wurden blutige Hufspuren entdeckt, an den Körpern hat man vereinzelte Rehhaare sichergestellt, alle Personen starben in einem „erigierten Zustand“. Der Knackpunkt ist natürlich die nur schwer zu schließende Verbindung dieser Elemente: Faradays erste (konkrete) Theorie geht davon aus, dass es sich um eine neue Tierspezies handeln muss, die unglaubliche Kraft entwickeln kann (nur die Frau passt da nicht wirklich ins Bild), aber per Zufall erzählt man ihm und Jacob in einem von Native Americans betriebenen Casino eine alte Überlieferung über die sogenannte „Deer Woman“ – einem mythologischen Zwitterwesen mit den Beinen eines Rehs sowie dem Torso (von der Hüfte an aufwärts) einer menschlichen, jungen Indianerin. Ihre Beute sind lüsterne Männer, welche sie zuerst verführt, dann brutal zu Tode trampelt. Zwar hält selbst der Erzähler die Story für unsinnig, doch je mehr Leichen und Spuren auftauchen, desto glaubwürdiger erscheint sie Faraday…
Okay, es ist von Anfang an klar, dass die Story absoluter Murks ist und nie als ernstzunehmende, geradlinige Horror-Unterhaltung durchgehen würde – weshalb es sich als positiv herausstellt, dass Landis die ganze Sache mit einem überschaubar, aber prägend eingesetzten „tongue-in-cheek“-Humor gekreuzt hat, wie schon damals bei „American Werewolf“. Höchstwahrscheinlich hätte man auch locker noch einen Schritt weiter gehen können, hin zu einem waschechten Trash-Streifen, dazu aber später mehr. Mal fühlt man sich stärker, mal schwächer an jenen Kultfilm erinnert – sowohl von bestimmten Motiven (das (Mensch/Tier-) Zwitterwesen) als auch direkten Anspielungen her (in einem Gespräch erinnert man sich beispielsweise an „the case of the wolf attacks in London in 1981“). Gerade in Bezug auf den Titel der Show kann ich diese Ausrichtung allerdings nicht wirklich vollends gutheißen, denn während die lustigen Szenen vorwiegend ins Schwarze treffen, enttäuschen die härteren Momente nahezu vollständig: Zwar sieht man immer die übrig gebliebenen Fleischhaufen nach den Taten, diese selbst werden jedoch nicht gezeigt, denn pünktlich davor wird immerzu ausgeblendet – ohne jetzt wie ein Gore-Hound klingen zu wollen, hätte ich mir einfach eine ausgewogenere Balance gewünscht, um dem Treiben eine stärker bedrohlichere Stimmung einzuverleiben, welche so leider zu keiner Zeit aufkommt.
Faraday ist eine klassische Cop-Figur, welche ein schicksalhafter Vorfall aus der (beruflichen wie privaten) Spur geworfen hat. Zwar stellt sein Dienstposten jeden Tag aufs Neue eine Erniedrigung dar, doch ohne diesen hätte er rein gar nichts mehr im Leben. Es ist schnell klar, dass er unter der zynischen, sarkastischen Oberfläche eigentlich ein cleveres, sympathisches Kerlchen ist. Die Mordserie erweckt schließlich das alte Feuer in ihm – und nun sind es gerade jene merkwürdigen Fälle, welche er in letzter Zeit immerzu bearbeiten musste, die es ihm ermöglichen, offen an die Sache heranzutreten und nicht gleich jede Theorie auszuschließen, die vielleicht etwas abwegig klingt. Brian Benben („Dark Angel“), der bereits in der preisgekrönten Serie „Dream On“ unter Landis´Regie arbeitete, verkörpert die Rolle perfekt. Er ist ein guter Darsteller mit der nötigen Ausstrahlung sowie einem Gespür für komödiantisches Timing. Es macht Spaß, ihm dabei zuzusehen, wie er Faraday glaubwürdig mit Leben füllt – als jemand, dem es freilich primär darum geht, den Killer zu fassen, er zugleich aber auch sich selbst sowie seinem Umfeld beweisen will, die nötigen Voraussetzungen für den Job noch immer in sich zu tragen. Ihm steht Anthony Griffith („Dead Man´s Curve“) als Partner zur Seite, der ganz dem afroamerikanischen Klischee entspricht: Er ist nett, freundlich, lustig sowie nicht unbedingt allzu helle. Ihre Interaktionen erzeugen zwar diverse Lacher, allerdings keine sonderlich intelligenten, zumal er merkwürdig „dopey“ erscheint, was nicht in jedem Moment unbedingt zum Gesamtbild passt. Da hat mir Sonja Bennett (aus „the Perfect Score“ oder dem „the Fog“-Remake) als gepiercte Gerichtsmedizinerin (Dana) mit eindeutiger Punk-Ader schon eher zugesagt, welche gut mit Benben in ihren gemeinsamen Szenen harmoniert, was mich augenblicklich an die ähnliche Konstellation in der Serie „Navy CIS“ erinnerte. Schauspielerisch ist ansonsten kein weiterer Beteiligter erwähnenswert. Wenn man genau aufpasst und hinsieht, kann man übrigens „MoH“-Schöpfer Mick Garris in einer Einstellung im Casino erspähen…
Kommen wir nun zu der Titel-gebenden „Deer Woman“: Zwar ist Newcomerin Cinthia Moura in Wahrheit Brasilianerin, keinesfalls indianischer Abstammung, doch äußerlich fällt das absolut nicht ins Gewicht. Nettes Casting, Jungs, denn als Model erfüllt sie bereits alle Voraussetzungen für den Part: Sie ist wunderschön, exotisch, mit einem makellosen Körper gesegnet (zumindest von der Hüfte an aufwärts lässt sich das ausgiebig begutachten), weiß sich (inklusive ihrer Reize) ins rechte Licht zu rücken, hat keine einzige Zeile Dialog, ihre Mimik beschränkt sich auf nur drei Ausdrücke („grinsen“/„verführerisch dreinblicken“/„böse starren“), und am Ende muss sie (u.a.) bloß noch etwas laufen, springen sowie aus einer Pfütze trinken. Man(n) kann verstehen, warum die Männer in ihren Bann geraten, weshalb ihre Auftritte allesamt keinen Grund zur Klage hervorrufen. Die Sache ist nur die, dass die Story der Figur nie ein starkes Fundament beschert, denn ihr wird keinerlei Charakterzeichnung oder Background zugesprochen. Allein die kurze Erzählung des Casino-Angestellten bekommt man offeriert, welche die tatsächlichen Motive jedoch außen vor lässt: Es handelt sich also um eine mythologische Gestalt der Native Americans (keine Ahnung, ob diese wahr oder nur erfunden ist), die nicht aus Rache für die Unterdrückung ihres Volkes (etc) tötet, sondern anscheinend nur, weil sie es kann/will sowie das männliche, Trieb-gesteuerte Geschlecht für sie ein leichtes Ziel darstellt. Die Opfer stammen aus allen „Schichten“ (Trucker, Cops, Geschäftsleute)…warum gerade sie ausgewählt wurden, was für ein Sinn hinter der alten Überlieferung steckt, warum die Taten gerade jetzt einsetzen – Antworten darauf bleibt man dem Betrachter schuldig. „Ansehen, nicht denken“ scheint die Devise zu lauten, was in meinen Augen etwas zu wenig ist. Man kann nicht einmal sagen, dass das kürzere Episoden-Format daran schuld ist, da sich das Tempo ruhig entfaltet und zwischenzeitig zudem Ansätze von Leerlauf auszumachen sind – nein, man hat es schlichtweg gar nicht erst versucht, was schade ist, denn mehr von ihrer Perspektive der Geschichte wäre zweifellos eine Bereicherung für die ganze Struktur gewesen.
Was diese Folge leicht unter den Durchschnitt drückt, ist die Tatsache, dass so gut wie nie Spannung aufkommt: Der Killer ist von Anfang an bekannt (siehe Titel), die betreffende Dame wird jedes Mal beim Aussuchen ihrer Opfer gezeigt – und selbst gegen Ende, als es zur finalen Konfrontation kommt, steigt der Zuschauerpuls nie merklich an. Man hätte vielleicht eine Überraschung aus einem späten Aufzeigen ihrer Taten generieren können, doch auch dem ist nicht so, denn Faraday taucht erneut erst vorort auf, nachdem sich alles (ungezeigt) entfaltet hat. Den folgenden Showdown kann man als „in Ordnung“ umschreiben, doch mehr ist nicht drin. Irgendwie fühlt man sich um die Glasur der Sache betrogen, denn alles wirkt leicht zurückhaltend bzw gebremst: Der Verlauf dümpelt fast gemächlich vor sich hin, jeweils mit einigen positiven und negativen Ausprägungen, welche sich allerdings somit gegenseitig wieder ausgleichen. Ein belangloses Gefühl macht sich breit, so als würde man sich eine 08/15-Folge der „Twilight Zone“ anschauen. Zwar ist der Humor nicht so mies wie in der witzfreien Landis-Katastrophe „Beverly Hills Cop 3“, doch sonderlich niveauvoll ist er hier ebenfalls nicht – halt nur „nett“. Bei einer solch abstrusen Ausgangslage hätte ich mir eine überdrehtere Ausrichtung (mehr in Richtung „Trash“) gewünscht, inklusive Gags, Guts and Gore! Das Skript wirkt so, als würde es an einer Kette zurückgehalten werden – zweimal kann es sich losreißen, und jene Momente sind überzogen, köstlich sowie echte Highlights: 1.) Faraday liegt im Bett, geht im Geiste seine frühen Theorien durch, und als Betrachter bekommt man diese Szenarien aufgezeigt – eine davon beinhaltet einen Holzfäller-Serienkiller, der einen ausgestopften Hirschschädel auf dem Kopf trägt … eine andere Danas Spekulation „maybe the girl beat him to death with a deer leg“. 2.) In einer Gasse wird Faraday überfallen – er kann den Räuber überwältigen, nimmt ihm das Messer ab, schnauzt ihn an, was er sich dabei denken würde, sticht dem jungen Mann tief in den Arm und jagt ihn fort zur nächsten Notaufnahme. Diese beiden Sequenzen sind absolut großartig, doch das war es auch schon. Warum nicht mehr solcher „wilden“, unkonventionellen Ausbrüche? So bleiben schlussendlich einige halbwegs amüsante Wortwitze und eine atemberaubende, freizügige Traumfrau (mit Minotaur-Touch) auf der Habenseite, während die unspektakuläre Umsetzung auf Basis des oberflächlichen Drehbuchs das Gegengewicht markiert – ausdrucksloses Mittelmaß ist die Folge, mit einigen zusätzlichen Tempoproblemen als ergänzende Negativaspekte … daher nur 4 von 10