Review

Gesamtbesprechung

Am 8. August 1963 überfällt eine Bande von Gangstern den Postzug Glasgow-London, und kassiert die größte Beute aller Zeiten: Zweieinhalb Millionen Pfund, das sind nach heutigem Wert etwa 50 Millionen Euro! Die Polizei dreht am Rad, die braven Bürger denunzieren alles was bei 3 nicht auf den Bäumen ist, und doch werden nicht alle der Gauner gefasst.

Dieser Fernseh-Dreiteiler aus dem Jahr 1966 schildert den Überfall. In Teil 1 werden die Charaktere eingeführt und der Plan entwickelt. Teil 2 zeigt den eigentlichen Überfall sowie die Stunden danach, in denen die Bande sich versteckt hielt. In Teil 3 schließlich werden die Ganoven gejagt, gefangen genommen, verurteilt, und teilweise von den auf freiem Fuß befindlichen Kollegen wieder befreit. Die Schilderung ist dabei, bei knapp 75 Minuten pro Teil, sehr ausführlich und detailliert, was durch die damals übliche Erzählweise an der ein oder anderen Stelle manchmal etwas langatmig werden kann. Hinzu kommt das heute nicht mehr übliche Stilmittel des Sprechers der die Handlung erklärt. Dies wirkt mitunter etwas altbacken, kann aber bei einer so komplexen Geschichte Handlungsstränge vereinfachen und erläutern. Wie so oft gilt, dass man sich als heutiger Zuschauer halt darauf einlassen muss.

Aber im Wesentlichen wird flüssig und spannend erzählt. Der Höhepunkt neben dem eigentlichen Überfall ist natürlich, wenn sich die Bande anschließend auf einer Farm versteckt hält. Eifersüchteleien und Rivalitäten brechen aus, es bilden sich 3 verschiedene Gruppierungen die einander überhaupt nicht grün sind, und diese spannungsgeladene Stimmung wird sehr anschaulich erzählt. Auch die dritte Folge, in der ein sehr zurückhaltender Siegfried Lowitz seinen Part als Köster gewissermaßen vorab austestet, ist sehr spannend. Warum die Gruppe letzten Endes auffliegt und wie der Prozess verläuft, das ist interessant und mitreißend inszeniert. Der größte Teil der Bande wandert in den Bau, und die Schlusstitel fahren hoch. Nur um gleich wieder runterzufahren und einer Befreiungsaktion seitens der Gauner den Weg zu ebnen. Gut gemacht! Dann sind die Gangster wieder draußen, die Schlusstitel fahren hoch – und fahren gleich wieder runter, weil noch eine Befreiungsaktion startet. Toll!!

Die Musik pendelt ein wenig zwischen deutscher Fernsehgemütlichkeit und grooviger Big Band, hat sich aber spätestens nach der zweiten Folge in die Gehirnwindungen eingefräst und kommt da auch so schnell nicht wieder raus. Aufgrund des gigantischen Erfolgs der Serie erschien wohl offensichtlich auch eine Single mit dem Posträuber-Blues! Die schauspielerischen Leistungen sind erstklassig und alle einzeln zu würdigen ist fast unmöglich. Allen voran Horst Tappert und Günther Neutze, bei denen es sehr viel Spaß macht zuzuschauen. Vor allem Günther Neutze kann mit einem Blick Zuschaueremotionen nach Belieben beeinflussen. Grit Böttcher und Kai Fischer als Gaunerliebchen waren beide eine sehr gute Wahl, und dazu viele viele Schauspieler aus dem Fernsehen der 60er und 70er-Jahre: Karl-Heinz Hess, Hans Cossy (bekannt aus der RAUMPATROUILLE ORION) und und und. Explizit erwähnen möchte ich Harry Engel, der wie eine Mischung aus Yves Montand und Ian Curtis aussah, und mir damit sehr gut gefallen hat.

Die Wikipedia spoilert zwar die Handlung leider ein wenig, liefert aber auch einige sehr interessante Informationen in Bezug auf die Dreharbeiten und die Drehorte (wie zum Beispiel, dass die englischen Dreharbeiten mangels Drehgenehmigung meist im Guerilla-Stil und mit versteckter Kamera ausgeführt wurden!). Insgesamt ein wirklich spannender und interessanter Ausflug, der trotz (oder sogar wegen?) seiner etwas verstaubten Art locker 7 von 10 Postsäcken erhält.

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