Schon ein halbes Jahr vor Wolfgang Petersens Kino-Kahn stach im amerikanischen Fernsehen die Poseidon von Hallmark Entertainment in See. Wer die Produktionsfirma kennt weiß, was ihn erwartet: gute, aber anspruchslose Unterhaltung, die meist über dem TV-Durchschnitt liegt. Trifft das auch auf „Der Poseidon-Anschlag" zu?
Seit dem ersten großen Erfolg mit „Merlin" (1998) drehte Hallmark fast ausschließlich Fantasy-Storys (z.B. „Reise zum Mittelpunkt der Erde", „Das 10te Königreich" etc.). Mit Regisseur John Putch und einer Besetzung, die man teilweise schon lange nirgends mehr gesehen hat, wagte sich die Mehrteiler-Schmiede an das Remake des absoluten Katastrophenklassikers „Die Höllenfahrt der Poseidon" (1972).
Seit damals hat sich einiges verändert.
An Silvester sprengen Terroristen ein Loch in den Rumpf der Poseidon. Der Luxusliner kentert und treibt kieloben im indischen Ozean. Eine kleine Gruppe Überlebender versucht, unter Führung von Agent Mike Rogo (Adam Baldwin) und Bischoff Schmitt (Rutger Hauer), sich vom Ballsaal aus zur Explosionsöffnung durchzukämpfen, um so dem sicheren Tod zu entrinnen ...
Die erste Neuerung sind also Terroristen anstelle einer Flutwelle. Mike Rogo (damals gespielt von Ernest Borgnine) ist jetzt Agent und aus Reverend Scott (Gene Hackman) wurde Bischoff Schmitt. Eigentlich ist nur die Figur der heldenhaften Belle Rosen (damals Shelley Winters) genau so geblieben, wie man sie in Erinnerung hat.
Dass man sich als Kenner des Originals dahingehend langweilt, ist also fast ausgeschlossen. Bis zur aufwändig gestalteten Katastrophe gibt es kaum Gemeinsamkeiten.
In Teil 2 darf man sich dann aber auf einige Déjà-vus gefasst machen. Viele der brenzligen (und tödlichen) Situationen der Hauptdarsteller auf ihrem Weg zum Schiffsrumpf sind 1:1 aus dem Klassiker entnommen. Allerdings holt John Putch - und da muss man ihm schon ein Kompliment machen (vor allem, wenn man sich anschaut, was der Mann vorher für einen Scheiß gedreht hat) - aus diesen Szenen jede Menge Spannung heraus. Trotzdem verliert die zweite Filmhälfte leicht an Fahrt. Das liegt zum einen an den ellenlangen Standardphrasen („Wenn ich es nicht schaffe, dann ..." oder „Ich liebe dich! Du musst durchhalten, denn ..."), zum anderen an den Zwischenschnitten auf die Rettungsaktion der Navy. Insgesamt ist Teil 2 in seiner Erzählstruktur zu episodenhaft.
Die Spezialeffekte, denen in einem Katastrophenfilm eine enorme Bedeutung zukommt, können sich allesamt sehen lassen. Sie sind zwar nix für die große Leinwand, aber das erwartet bei einer TV-Produktion auch keiner.
Wie eingangs erwähnt, gibt es ein Wiedersehen mit vielen Stars, die ihre Glanzzeiten in den 80ern hatten. Rutger Hauer (war in der letzten Zeit auch wieder öfters im Kino vertreten), Peter Weller („RoboCop"), Steve Guttenberg („Police Academy") und C. Thomas Howell („Hitcher, der Highwaykiller") überzeugen in ihren Rollen, auch wenn sämtliche Charaktere ohne Ecken und Kanten bleiben. Gut ist eben gut und böse bleibt immer böse.
Fazit:
Ein Katastrophen-Spektakel fast wie in den guten alten 70ern! „Der Poseidon-Anschlag" ist vielleicht etwas zu lang geraten, braucht aber den Vergleich mit dem Original nicht zu scheuen! 8/10 Punkten.