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Niki List schuf Mitte der 80er eine Hommage an den klassischen Gangster- und Detektivfilm. Mit zahlreichen Musiktiteln unterlegt brachte er den Spagat zwischen Komödie und Klischeesammlung fertig, ohne dabei lächerlich zu werden. "Müllers Büro" wurde zum Kultfilm.

Christian Schmidt mimt Müller, den Privatdetektiv. Was wäre ein Privatdetektiv ohne Assistent, also gibts die Figur des Larry (Andreas Vitasek). Die unterforderte Vorzimmerdame Fräulein Schick darf nicht fehlen, dies übernimmt Sue Tauber. Eines Tages stolpert Bettina Kant ins Büro, die angeblich verstorben ist. Müller beginnt zu ermitteln und verstrickt sich immer tiefer im Rotlichtmilieu und gerät zwischen alle Fronten der Gangsterbosse Delgado, Meier und Montana.

Die Handlung ist völlig zweitrangig bei diesem Film, die gewollt schlechte musikalische Darbietung als Pseudomusical untermalt nur den Charakter des Films. Man sollte ihn nicht ernst nehmen, die liebevolle Aneinanderreihung der Klischees des Genres allerdings schon. Die Detailausarbeitung von Niki List ist bewunderswert, was er hier alles zusammengetragen hat kann man wirklich nur bewundern und ist die Grundlage des Kultcharakters.

Müller hat keine Aufträge, ist pleite, trinkt "den unvermeidlich letzten Schluck Whiskey", auf der Schuhsole steht "Hero". Er hat Freunde bei der Polizei, einen befreundeten Computerhacker und seine Informanten (Mann in der Litfaßsäule, Nutten). Herrlich komisch, wie man sich sofort an seine Kindheit erinnert fühlt als man sämtliche zweitklassige Gangsterromane verschlungen hat! Auch Müllers Kommentar zu Bettina Kant ("ich fragte mich, ob sie im Bett genauso blond sein würde wie Marilyn") zeugt von diesem Milieu: Er nimmt sich die Frauen wie er's braucht. Und kriegt sie natürlich.

Zahlreiche Lacher verstecken sich am Rande des Geschehens, diesen sollte die besondere Aufmerksamkeit gelten. Das ist zum Beispiel der Name von Marias Puff "Fuck Inn", die Polizeiverfolgungsjagd (zuerst werden die Gangster gejagt, nach einem Szenenwechsel gehts in die andere Richtung, die Gangster jagen die Polizei), die Vorstellungsrunde auf Meiers Party ("Meier!" - "Schmidt!" - "Müller!") oder wie sie allesamt beim Einlass die Waffen abgeben müssen, gegen Ende dann die sinnlose Schlägerei (Larrys Kommentar: "kaum hat man ein bißchen Spaß müssen wir abhauen").

Überhaupt: die Figur des Larry ist der Knaller. Die Nummer auf dem Schreibtisch mit Fräulein Schick ist sowieso Kult, aber ich persönlich habe am meisten über die Szene gelacht als Larry auf dem Sofa hockt, sein Nachthemd gleich gemustert wie der Sofabezug und schwachsinnige Fernsehpredigten anschaut (der darauf folgende Lippenstift-Werbespot ist auch ein Knaller). Der Wiederholungsgag "ich will mehr" als Song ist ebenso witzig wie der spätere Handgranateneinsatz gegen Montanas Mädels.

Wer seine Prioritäten anders setzen und den Film aus Barbara-Rudnik-einmal-nackt-sehen-Gründen anschauen will, hat ebenso mein volles Verständnis: Die Orgasmus-Szene ("ja, er war genauso wie Du, oh ja!") hat was.

"Müllers Büro" ist Kult geworden, und das aus tausenden von Gründen. Jede einzelne Szene ist gelungen, allerdings auf eine ganz eigene Weise. Qualität erhält hier eine neue Definition, das meiste ist so schlecht, daß es eben wieder gut ist (inkl. Filmmusik), und das macht aus dem Werk einen Erfolg. Einige Längen hat er trotzdem, was wir aber gerne verzeihen. Der Spaß kommt nicht zu kurz!

(8/10)

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