Sergio Martinos Apocalypse-Film "2019 - Dopo la caduta di New York" (Fireflash - der Tag nach dem Ende) kam Ende 1983 in die italienischen Kinos, als die Phase der "Mad Max" - Epigonen ihren Höhepunkt überschritten hatte und schon die ersten Barbaren Filme ("Vindicator: La guerra del ferro - Ironmaster" (Er - stärker als Feuer und Eisen, 1983)) die Leinwand bevölkerten. Enzo G.Castellaris düstere Zukunftsvisionen "1990: I guerrieri del Bronx" (The Riffs - die Gewalt sind wir, 1982) und "Fuga dal bronx" (The Riffs 2 - Flucht aus der Bronx, 1983) hatten das Weltuntergangs-Terrain zuvor abgesteckt, dass wie gewohnt von einer Vielzahl günstig produzierter Nachfolger genutzt wurde (darunter "Rats - Notte di terrore" (vom deutschen Verleih zum direkten Nachfolger gekürt: The Riffs III - Die Ratten von Manhattan, 1984).
Während Regisseure wie Enzo G.Castellari, Umberto Lenzi oder Joe D'Amato nach dem Ende des Polizieschi und der kurzen Kannibalenfilm-Phase in den 80er Jahren dem Action-Genre treu blieben, konzentrierte sich Sergio Martino nach dem Urwald-Tierhorror-Film "Il fiume del grande caimano" (Fluss der Mörderkrokodile, 1979) ausschließlich auf das Komödien-Fach, von einem kurzen Ausflug ins Horror-Genre ( "Assassinio al cimitero etrusco" (1982)) einmal abgesehen. Die zwischen den Erotik-Komödien "Acapulco, prima spiaggia... a sinistra" (1983) und "Occhio, malocchio, prezzemolo e finocchio" (1983) gedrehte postatomare Vision vermittelt angesichts des heftigen Themensprungs den Eindruck, als wollte Martino gemeinsam mit seinem alten Drehbuch-Buddy Ernesto Gastaldi, der seit seinen frühen Gialli ( "Lo strano vizio della Signora Wardh" (Der Killer von Wien, 1971)) zu seinem ständigen Begleiter geworden war, noch einmal Fünfe gerade sein lassen - tatsächlich sollte "2019 - Dopo la caduta di New York" ihre letzte enge Zusammenarbeit werden.
Zum Zeitpunkt der Entwicklung der Story konnten sie auf einige Vorbilder zurückgreifen, aus denen sie kräftig zitierten. Neben dem Auslöser der Apocalypse-Welle "Mad Max" (1979) stand besonders "Escape from New York" (Die Klapperschlange, 1981) Pate, aber auch die menschenähnlichen Replycanten aus "Blade Runner" (1982), ein wenig Raumschiff-Optik á la "Star wars" (1977) und selbst die Affenmenschen vom "Planet of the apes" (1968) wurden in die Handlung einbezogen. Trotzdem ist es falsch, Gastaldi und Martino ein zusammengeklautes Drehbuch vorzuwerfen, denn sie entwickelten aus diesen Bestandteilen eine eigenständig Story, die nicht nur über überraschende Wendungen, sondern eine im Vergleich zu den US-Vorbildern unerbittlichere Konsequenz verfügt.
Diesen Eindruck vermitteln schon die ersten Bilder, die eine Ruinenlandschaft nach einem atomaren Angriff zeigen, vor der ein einsamer Mann auf seiner Trompete spielt. Sein Gesicht und die der wenigen Überlebenden sind von der radioaktiven Verseuchung schwer gezeichnet - von den Maskenbildnern noch mit dem Mut zur Hässlichkeit betont. Doch die melancholischen Klänge, die die Trompete scheinbar hervorruft, sind nicht echt, sondern entstammen den Synthesizern der De Angelis-Brüder (die unter dem Band-Namen "Oliver Onions" ihre Singles herausbrachten), mit denen sie der gesamten Szenerie einen künstlichen, manchmal unmenschlichen Charakter verliehen.
In diesem Zusammenhang steht auch die Figur des Protagonisten, die im Original nicht zufällig "Parsifal" heißt. Der häufige Vorwurf, Darsteller Michael Sopkiw wäre als Besetzung zu hübsch und weich, ist falsch - sein fast makelloses, am Schönheitsideal der 80er Jahre orientiertes Aussehen, unterschied ihn im Film eklatant von seiner Umgebung und prädestinierte ihn damit zum naiven Helden. Die deutsche Synchronisation spielte mit dem Namen "Flash" auf Science-Fiction-Helden wie "Flash Gordon" an, womit sie dem Protagonisten eine martialische Haltung verlieh, die das Drehbuch nicht für ihn vorsah. Im Gegenteil bleibt Parsifal (Michael Sopkiw) trotz seiner Kampfkraft ein Held ohne besondere Motivation, der sich innerhalb der unterschiedlichen Machtinteressen seine moralische Integrität bewahrt - eine sich von den häufig zynischen und auf ihren eigenen Vorteil bedachten Helden des US-Kinos unterscheidende Charakterisierung, die von der deutschen Synchronisation unterlaufen wurde.
Dass Parsifal sich ins verseuchte und von den Eurakern kontrollierte New York begibt, um die einzige Frau zu finden, die noch Kinder gebären kann - eine Anlehnung an die Handlung in "Escape from New York" (Die Klapperschlange) - geschieht nur unter Zwang des Präsidenten der pan-amerikanischen Konföderation (Edmund Purdom). Dieser will damit die Euraker bekämpfen, die den Atomangriff auslösten, um das Land zu besetzen. Die in "2019 - Dopo la caduta di New York" beschriebene politische Konstellation orientierte sich an der Anfang der 80er Jahre im Zuge des "Kalten Krieges" betriebenen atomaren Aufrüstung - die Euraker weisen alle Insignien einer Diktatur auf - aber allzu ernst nahmen Martino und Gastaldi diese Situation nicht, sondern nutzten sie vor allem als Hintergrund für ständige Gefechte und Action-Szenen, die - wie vom italienischen Film gewohnt - mit plakativer Gewalt und graphischen Zerstörungen aufwarten konnten.
Interessanter als die Action-Szenen und der Haupthandlungsstrang sind einige Nebenfiguren, die erst für Abwechslung sorgen. Zur Besatzungs-Truppe der Euraker gehört mit Ania (Anna Kanakis) auch eine dunkelhaarige attraktive Frau, die als Offizier eine leitende Position einnimmt. Dass die Szenen mit ihr in der geschnittenen deutschen Kino-Fassung größtenteils fehlten, ist aussagekräftiger als der Cut einiger Gewaltdarstellungen. Ihre Rolle ist erfrischend zwiespältig angelegt und wurde von Martino und Gastaldi gegen die übliche Erwartungshaltung entwickelt. Selbst die Rolle der schönen, nicht von den Zerstörungen gezeichneten jungen Giara (Valentine Monnier), die sich folgerichtig in Parsifal verliebt, erhält eine differenzierte Note, denn Schönheit bedeutet hier nicht gleichzeitig Gesundheit, wie es üblicherweise vorausgesetzt wird. Zudem kontrastierten George Eastman als „Big Ape“, dem Anführer der Affenmenschen, Romano Puppo als superstarker Kämpfer Ratchet und Paolo Maria Scalondro als desillusionierter, mit einer Metallhand versehener „Bronx“ den naiven Helden und verliehen den Gefechten damit eine gewisse egoistische und ironische Würze.
Weder die Ausstattung, noch die Inszenierung können über die billigen Produktionsbedingungen hinwegtäuschen, ganz abgesehen von den damals futuristischen, heute altmodisch wirkenden Details. Auch die Story verfügt dank ihrer erzählerischen Vielfalt über einige Holprigkeiten und entwickelt sich nicht immer schlüssig, aber die Atmosphäre einer zerstörten, vom Untergang bedrohten Welt bleibt jederzeit stimmig – noch betont durch die einfachen Locations und die oft improvisiert wirkende Kleidung und Maske. Mit den professionellen Science-Fiction-Filmen Marke Hollywood kann "2019 - Dopo la caduta di New York" optisch nicht mithalten, aber Sergio Martino und Ernesto Gastaldi nutzten ihren Freiraum für eine eigenständigere Handlung, die sich weder am üblichen Moral-Kodex orientierte, noch trotz des hohen Tempos martialische Emotionen schürte – für ein manchmal naives, aber definitiv unbelastetes Vergnügen. (7/10)