Nur ein Jahr nach dem Erfolg des Originals erblickte der zweite Teil von Sergio Leones Dollar-Trilogie das Licht der Leinwand: „Für ein paar Dollar mehr“.
Es fängt jedoch nicht mit dem Helden des Vorgängers an, sondern mit dessen Konkurrenten Colonel Douglas Mortimer (Lee Van Cleef): Ehemaliger Marshall, jetzt Kopfgeldjäger. Er setzt auf Feuerwaffen mit großer Reichweite, ist scheinbar nie aus der Ruhe zu bringen und besitzt großes Charisma. Schon in den ersten Szenen, in denen Mortimer einen Zug anhält, nur weil er außerplanmäßig aussteigen möchte und einen Gesuchten in einem Duell besiegt, erzeugt Leone für diese neue Hauptfigur eine unheimliche Aura der Coolness.
Jene Aura besitzt die erste Hauptfigur des Films, der Fremde ohne Namen (Clint Eastwood), bereits, da man ihn ja aus dem Vorgänger kennt. Wie Mortimer ist er Kopfgeldjäger und kassiert ebenfalls gesuchte Schwerverbrecher auf gnadenlos coole Weise ein. Noch kommen sich die beiden nicht ins Gehege, doch „Für ein paar Dollar mehr“ deutet bereits zu Beginn an, dass dies noch kommen wird.
Anlass dafür ist die Befreiung des unheimlich gefährlichen Indio (Gian Maria Volontè) aus dem Kittchen. Beide Kopfgeldjäger machen Jagd auf den Schwerverbrecher, was natürlich zu Rivalitäten führt...
„Für ein paar Dollar mehr“ ist mit rund 125 Minuten Laufzeit noch nicht ganz so episch wie folgenden Leone-Filme, aber bereits länger als der direkte Vorläufer. Die Markenzeichen des ersten Teils trägt jedoch auch „Für ein paar Dollar mehr“ weiter, wieder überzeugt der Film mit einer staubig-trockenen Atmosphäre, wieder ertönt der eingängige Soundtrack Ennio Morricones im Hintergrund, der zwar mal wieder erste Sahne ist, auch wenn sich Morricone beim letzten Teil der Dollar-Trilogie sogar noch steigern sollte.
Plottechnisch steht „Für ein paar Dollar mehr“ nach dem „Yojimbo“-Remake „Für eine Handvoll Dollar“ auf eigenen Beinen und erzählt eine sehr spannende Westernstory. Zwar lässt sich Leone mal wieder viel Zeit, jedoch besitzt der Film einige Finten und Wendungen. Denn die Guten und die Bösen versuchen nicht nur sich gegenseitig ein Schnippchen zu schlagen, auch untereinander sind Kopfgeldjäger und Banditen stets bemüht die eigenen Komplizen übers Ohr zu hauen. Die Guten sind hier klarer als solche gekennzeichnet als im Vorgänger, an Härte und Zynismus ist man hier zurückgegangen, strahlenden Helden sind jedoch weder Mortimer noch der Mann ohne Namen.
Insgesamt geht es aber etwas humoriger zu, gerade die Provokationen verschiedener Figuren sind recht witzig gemacht, z.B. wenn Mortimer den buckeligen Schurken Wild (Klaus Kinski) benutzt, um sich ein Streichholz anzuzünden. Auch der eine oder andere Oneliner darf nicht fehlen. Trotzdem schwenkt „Für ein paar Dollar mehr“ nie auf komödiantische Pfade, der typische Grundton des Italowestern wird beibehalten. Indio ist ein Schlächter, der vor Frauen und Kindern nicht halt macht, auch die Helden töten an sich nur für Geld und wenn es nicht des Geldes wegen ist, dann ob es des guten alten Rachemotivs.
Dabei hat sich der Actionanteil im Vergleich zum Vorgänger gesteigert, ist aber noch geringer als in „Zwei glorreiche Halunken“ oder „Todesmelodie“. So finden sich hier meist nur Schießereien mit einzelnen Gegnern oder kleineren Grüppchen, diese sind jedoch von Leone mal wieder großartig inszeniert. Das finale Duell zeigt sogar schon Ansätze, die Leone ein Jahr später in seinem berühmtem Triell am Ende von „Zwei glorreiche Halunken“ weiterführte.
Hinzu kommt ein schlicht famoses Duo aus Clint Eastwood und Lee Van Cleef. Ersterer zeigt mehr Mimik, mehr Menschlichkeit als im Vorgänger, da sich seine Rolle auch etwas gewandelt hat, aber ihm steht auch der etwas weniger zynische Mann ohne Namen zu Gesicht. Lee Van Cleef gibt den harten Hund mit einem Augenzwinkern und überzeugt auf ganzer Linie. Wie schon im ersten Teil gibt Gian Maria Volontè den Schurken und kann sich deutlich steigern, was auch daran liegt, dass er mehr Screentime hat und von Anfang als Oberschurke eingeführt wird. Ordentlich auch die Nebendarsteller, vor allem Klaus Kinski ist immer wieder für eine solche Nebenrolle gut, wie er sie hier innehat.
„Für ein paar Dollar mehr“ kann sich im Vergleich zum sehr gelungen Vorgänger noch mal ein Stück steigern; zwar etwas weniger hart und zynisch, aber dafür mit noch besserer, noch spannender Story, einem Schuss Humor und famosen Schießereien.