„Ein Kapitalverbrechen mit vier Buchstaben?” – „Mord!“ – „Ah ja, dufte: Mord!“
Auf Geheiß des geschäftstüchtigen Produzenten Wolf C. Hartwig („Schulmädchen-Report“-Reihe), der sich vom Mitreiten auf der Slasherwelle vermutlich eine schnelle Mark versprach, drehte der spanische Trash-Regisseur Jess Franco („Faceless“) 1980 „Die Säge des Todes“.
In einem spanischen Urlaubsort betreibt die auf den Rollstuhl angewiesene Condesa Maria eine Sprachschule für Mädchen. Dort kommt es zu einer unheimlich Mordserie und der Verdacht fällt auf Marias Sohn Miguel, der gerade erst aus der Psychiatrie entlassen wurde, weil er vor fünf Jahren im Affekt ein Mädchen ermordet hatte. Miguel hat es nicht leicht, da sein Gesicht entstellt ist, kann aber immer auf die Unterstützung seiner Stiefschwester Manuela zählen. Diese wiederum ist der Condesa ein Dorn im Auge, da sie glaubt, dass Manuela nur auf ihr Erbe aus wäre. Währenddessen wird der Freundeskreis der Urlauberin Angela immer weiter dezimiert, doch glaubt ihr zunächst niemand, da die Leichen stets verschwinden...
Francos „Die Säge des Todes“ ist ein billiger, trashiger, aber brutaler Slasher mit hysterischen Mädels, grafisch expliziten, sadistischen Morden und fragwürdigen schauspielerischen Leistungen sowie bisweilen herrlich debilen Dialogen. Die gialloeske Handlung ist dabei prinzipiell gar nicht schlecht und hält eine gewisse Grundspannung allein schon dadurch aufrecht, dass sie den Mörder erst am Ende enttarnt. Bei aller durchaus wendungsreichen Konstruiertheit hielt man es allerdings nicht für nötig, den ganz großen Bogen zu spannen und beispielsweise Miguels Entstellung stärker mit der Handlung zu verknüpfen und eine mit ihr in Verbindung stehende Erklärung zu liefern oder sich überhaupt kritisch mit seiner Tat und seinem Rückfallrisiko auseinanderzusetzen. Stattdessen fällt es zumindest bei der Erstsichtung nicht ganz leicht, die einzelnen weiblichen Charaktere auseinander zuhalten, da sie nur marginal vorgestellt werden. Dafür sorgen sie aber für den Sleazefaktor des Films, indem man sie gern mal oberkörperfrei filmte. Damit dürfte klar sein, dass man die Spannung und den Terror eines ernstzunehmenden Slashers hier ebenso wenig erwarten darf wie atmosphärische Glanzleistungen, was aber ohnehin niemand tun wird, der auch nur halbwegs mit der Person Jess Franco vertraut ist.
Immerhin setzte er anfänglich den vollen Mond schön in Szene, der fortan tatsächlich – mit etwas Phantasie – Unheil verkündend über der Szenerie zu stehen scheint. Zugegeben, ein großer Teil des Films spielt am helllichten Tag und bietet dementsprechende sonnige Urlaubsbilder, was der Entwicklung einer typischen Horroratmosphäre nicht sonderlich zuträglich ist, aber immerhin war der „Bloody Moon“ mal zu sehen. Das Tempo empfand ich als etwas irritierend, schwankt es doch zwischen behäbiger Geschwätzigkeit und sich die Ereignisse Überschlagenlassen. Doch spätestens, wenn wieder eines der klischeetypisch dauergeilen Fräuleins unter Zuhilfenahme durchschaubarer, aber kruder Effekte brutalst dahingemeuchelt wird, verblüfft „Die Säge des Todes“ mit seiner Harm- und Belanglosigkeit einer- und seinen Gewalteruptionen andererseits bzw. eben der Kombination aus beidem. Will sagen: Wenn nach einigem Dahinplätschern und Mädchengeplapper Franco wieder zur exploitativen Übertreibung ansetzt, dann so richtig. Das kennt man ähnlich, aber irgendwie dann doch anders (meist eben amerikanischer, was auch immer das genau heißen mag) auch aus anderen Slashern und beschert dem Film einen nicht von der Hand zu weisenden Unterhaltungsfaktor. Dieser wird aber vor allem wie folgt begünstigt:
Dieser trashige, schmuddelige, spekulative, brutale Exploiter war nicht nur eine deutsche Produktion, sondern verfügt auch über deutsche Schauspieler wie Olivia Pascal („Die Schwarzwaldklinik“) als Angela und andere TV-Jobber (unter ihnen Corinna Gillwald, heute bekannt als Corinna Drews...), die man nun – besonders aus heutiger Sicht – wirklich nicht in einem solchen Film erwarten würde. Mit anzusehen, wie sich ganz offensichtlich vollkommen Genre-Unerfahrene durch die Handlung kämpfen und versuchen, Francos Regieanweisungen folgezuleisten, ist das reinste Vergnügen, bei dem häufig die Frage mitschwingt, ob diejenigen überhaupt eine Ahnung hatten, worauf sie sich da einließen. Eine in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Tatsache ist auch, dass die „Bravo“ seinerzeit zum Kinostart einen Fotoroman dieses Films abdruckte – eines Films, der später aufgrund seiner (vermeintlichen) Gewaltverherrlichung bundesweit beschlagnahmt wurde.
„Die Säge des Todes“ ist also nicht nur ein unterhaltsamer B-Slasher für Freunde des abseitigen Filmvergnügens, sondern auch ein filmhistorisches Kuriosum. Sollte man mindestens einmal gesehen haben, allein schon, um sich in die Vorzüge einer spanischen Sprachschule einführen zu lassen...