Review

Ein kleiner Abschnitt vom Leben in den Townships…29.04.2008

Südafrika ist ein Land der absoluten Gegensätze. Wunderschöne Landschaften, bestens renovierte und relativ sichere Viertel in Kapstadt, in den Landstrichen des Landesinneren ungefährlich und freundlich, auf der anderes Seite aber latente Gewalt in den Großstädten, Carjacking, Einbruch, Mord. Pro Tag registriert man zur Zeit 54 Morde, mehr als in jedem anderen Land der Welt. Die etwas wohlhabenderen Bürger schützen ihre Anwesen mit Mauern, Zäunen und Natodraht, jeder hat einen Wachdienst, es finden sich überall Schilder, die auf „Armed Response“ hinweisen. Ein schwieriges Land, welches mit seinen eigenen Problemen nur unzureichend fertig wird – und diese Probleme heißen Armut, mangelnde Bildung, Aids und Aussichtlosigkeit. Ich war unlängst selber vor Ort, habe das Land bereist und die Townships von Kapstadt gesehen…lieber Leser, das sind keine Orte, an denen man verweilen will.

Auch Johannesburg hat sein eigenes Township, dort leben Millionen Menschen auf engstem Raum unter sehr widrigen Bedingungen. Das Leben hat wenige Höhepunkte, Arbeit gibt es kaum, also ist Raub ein guter Weg, um an Geld zu kommen. Anders als in Deutschland ist die Schwelle zur Gewalttat aber deutlich niedriger angesiedelt, ein Menschenleben wenig wert. Tsotsi, die Hauptfigur des Films, lebt in diesen Verhältnissen, und es verwundert nicht, daß er auf der falschen Seite des Gesetzes steht. Doch sein Leben ändert sich, als er bei einem Autodiebstahl das auf dem Rücksitz liegende Baby übersieht und plötzlich Verantwortung übernehmen muß, eine schwere Bürde für einen noch nicht Erwachsenen, der mit seinem eigenen Tag nicht zurande kommt. Zum Glück sind wir nicht im amerikanischen Film, denn Tsotsi wird das Baby zwar nicht behalten, aber sein Leben sich auch nicht plötzlich zum Guten wenden.

Was will uns dieser Film sagen? Er läßt sich am besten als Momentaufnahme aus dem Leben in den Townships beschreiben, ohne Klischees, ohne Moral von der Geschicht. Sicher ist diese Art von Film nicht jedermanns Sache, und auch der Oscar bedeutet nicht zwangsläufig eine Spitzenleistung. Und zudem erschließen sich die Verhältnisse des Films auch nur für den Betrachter, wenn er sich bereits mit dem Land beschäftigt hat. Schauspielerisch gibt es nichts zu meckern, die Laiendarsteller machen ihre Sache gut, und die Umgebung spricht für sich selbst. Wenn man arm ist, dann hat man einfach nichts mehr zu verlieren, und genau dieses Statement mag als Aussage des Films im Gedächtnis bleiben. Spannend ist der Film nur bedingt, aber dafür packend und ehrlich, und er verzichtet auch auf einen Showdown wie beispielsweise in „Set it off“ – der Film endet einfach. Klar, geradlinig und bedrückend, 8/10.

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