Die Adaption authentischer Stoffe für die große Leinwand birgt ein großes Risiko: Es sind aus dramaturgischen Gründen Veränderungen notwendig oder der Film gerät durch einen Faktenballast allzu dokumentarisch-nüchtern. Bei „Alpha Dog", der Verfilmung eines wahren Verbrechens aus dem Drogenmilieu, bei dem 1999 ein Teenager entführt und dann getötet wurde, ist man erwähnten Gefahren nicht erlegen. Nein, man hat einfach die Fakten als Vorwand für eine ebenso explotative wie vulgäre Drogenfarce missbraucht.
Die Story nach einer wahren Begebenheit: 1999: Der knallharte Drogendealer Johnny Truelove (Emile Hirsch, „The Girl Next Door") kidnappt zusammen mit einigen Kumpels (u.a. Justin Timberlake) Zack, den Bruder eines Schuldners und benutzt ihn als Druckmittel. Doch bald wird allen Beteiligten klar, dass die Sache nur dann halbwegs versöhnlich für sie enden kann, wenn man Zack beseitigt...
„John Q."- Regisseur Nick Cassavetes schrieb zu „Alpha Dog" auch das Drehbuch und vergas dabei anscheinend, seinem Film eine Botschaft oder Intention einzuverleiben. Allzu beliebig mischt er in seiner verquast wirkenden Inszenierung Motive einer Vulgärkomödie mit aufgesetzt wirkendem Drama um Adoleszenz und Moral sowie Thrillerelementen. Dass dabei eine aus zahlreichen dümmlichen Sprüchen bestehende Ansammlung von entblößten Körperteilen, Sex, Partys und Kifferorgien als Handlung dominiert, konterkariert den um Seriosität bemühten Teil, indem mit Interviewschnipseln und Hinweisen auf die Zeit der Handlung versucht wird, der eigentlichen Story um die Nachzeichnung eines Verbrechens eine beinahe schon dokumentarische Note zu verleihen. Das Ergebnis ist zwar nett anzusehen und das launige Palaver der hochkarätigen Besetzung - u.a Bruce Willis, Harry Dean Stanton („Paris, Texas") und Dominique Swain („Lolita") spielen in Nebenrollen - vermag phasenweise sogar zu unterhalten. Allerdings scheitert Cassavetes´ Film an genau dieser prolligen Machart. Einige mögen hierin eine authentische Milieuzeichnung sehen, ich sehe darin jedoch nur ein um Coolness bemühtes Zugeständnis an die jugendliche Zielgruppe. Dabei ist aufgrund der zahlreichen Figuren kaum eine Identifikationsfigur für den Zuschauer auszumachen, obwohl sich Justin Timberlake in seiner Rolle als zweifelnder Mitläufer redlich müht. Eine ordentliche Optik und ein annehmbarer Hip-Hop-Soundtrack können dabei an dem prollig-vulgären Gesamteindruck von „Alpha Dog" nichts ändern - im Gegenteil. Moralvorstellungen und Überzeugungen, die den Protagonisten dabei charakterliche Tiefe und dem Film Gewicht verleihen, findet man zwischen zahlreichen optischen und akustischen Schauwerten nur selten.
Fazit: Hohle Dealer-Posse meets Thriller. Das Genre-Zwitter „Alpha Dog" bedient sich zudem dem Stilmittel des Interviews und ist mit konkreten Zeitangeben um Authentizität bemüht, aber über weite Strecken nicht mehr als ein prolliger Partyfilm. Schade um die hochkarätige Besetzung und die löbliche Intention, die sich leider in hollywoodesker Anbiederei verliert.