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Tadanobu Asano, wahrscheinlich wandlungsfähigster Schauspieler der Welt – neben Bruno Ganz – in einem Film von Teruo Ishii, der vor allem bekannt geworden ist durch dreckige Yakuzafilme, das klingt schonmal interessant. Wenn man ihn dann auch noch sieht, ohne die geringste Ahnung zu haben, was einen erwartet, ist das noch viel interessanter.
Der Film beginnt mit Bildern einer Horde sich windender nackter Frauen beim bizarren Liebesspiel mit Männern, die sich auf allen Vieren mit dem Bauch nach oben fortbewegen. Die Musik ist eine Mischung aus hämmernden Industrialsoundtrack und wildem Gekreisch. Dass ein dicker Rotfilter vor der Linse hängt, ist nicht zu übersehen, und die schmerzverzerrten Fratzen der Agierenden tun ihr Übriges um die intensive Wirkung dieser Bilder zu fördern.
Dann ein Schnitt. Wir sehen Tsube, der an seinem Zeichentisch sitzt und gerade dabei ist, diese Fantasie zu vollenden. Eine Ernüchterung, denn zunächst erscheint der Film wahnsinnig normal. Tsube ist ein erfolgloser Cartoonist, der zusätzlich zu seinen Geldproblemen auch noch welche mit seiner Frau hat und bei einem Kerl untergekommen ist, der ihm nachts an die Wäsche will. Nach der krassen Einleitung nicht gerade das, was man erwartet hat, sowohl Handlungs- als auch Stylepegel werden gewaltig heruntergedreht, nahezu auf Null. Doch das Merkwürdige am Handlungsverlauf ist, dass man sich als Zuschauer irgendwann an einem Punkt befindet, an dem man sich plötzlich wundert, was für eine bizarre Welt sich vor den eigenen Augen auftut und man kaum noch nachvollziehen kann, wie sich der Film dorthin entwickelt hat.
Tsube begeht namlich zunächst einen Selbstmordversuch, den er natürlich überlebt, eine Erfahrung, die ihm allerdings dabei hilft, loszulassen und sich auf eine seltsame Odyssee zu begeben. Er geht aufs Land um sich zu erholen und begegnet dort einem Dorfmädchen, das ihm ziemlich schnell neben warmem Sake sexuelle Gefälligkeiten anbietet, die er allerdings zunächst ablehnt. Von diesem Punkt an wird er ruhelos weitergetrieben und gibt sich immer mehr seinen sexuellen Fantasien hin, während er auch geistig immer mehr abdriftet. Der Stich einer Meereswespe gibt ihm schließlich den Rest, und die Stadtbewohner besitzen nicht einmal die Höflichkeit ihm den Weg zu einem Arzt zu nennen. Dafür kommt es zu sonderbaren Begegnungen mit seiner Mutter, mit Zuckerstangen und mit einem lokomotivfahrenden Fuchs, der eine rotes Kopftuch trägt. Am Ende wird wieder der Bogen zur einleitenden Sexfantasie geschlagen, in der Tsube nun selbst im Mittelpunkt steht, der Kreis wird geschlossen.
Wahrlich, es ist nicht leicht, aus diesem Film schlau zu werden, aber die Abgründe, die sich während des Betrachtens scheinbar unbemerkt auftun sind mehr als faszinierend. Man merkt als Zuschauer unweigerlich, dass der Film einen völlig in der Hand hat und man nichts tun kann, außer sich ihm bedingungslos hinzugeben. Es ist eine bizarre kleine Reise, und eine Möglichkeit, sich dieses einzigartige Werk anzusehen, sollte man nutzen, da sie wahrscheinlich nicht allzu oft kommt.

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