Ich hör gern Johnny Cash, ich mag seine Melancholie. Im Moment, wo ich mich diesem Review gewidmet habe, läuft Hurt, eines seiner schönsten Lieder wie ich finde.
Doch trotz meiner Zuneigung für John R. Cash finde ich solche Glorifizierungen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sehr gewagt, da sie immer etwas geschminkt daher kommen und man die Verifizierung nur schwer nachvollziehen kann. Es werden einem in kürzerer bzw. längerer Zeit ein Haufen Fakten vor die Füsse geworfen, die man, falls man wirklich deren Echtheit wissen will, langatmig aufdruiseln muss, was eine Menge Zeit in Anspruch nimmt.
Der Film hat mit Sicherheit gute Ansätze und versucht auch möglichst objektiv mit dem Thema Johnny Cash umzugehen, jedenfalls hoffe ich das mal blauäugig, dennoch bin ich sehr am Zweifeln, ob an der einen oder anderen Stelle das liebe Hollywood nicht seine Finger im Spiel hatte, denn im Endeffekt ist die ganze Biographie doch ziemlich konfus und an manchen Stellen wohl sehr kaschiert...
Johnny Cashs Musik ist natürlich Klasse. Es ist ein grandioser Musikfilm. Allerdings muss man sich mit der gegenwärtigen Musikszene schon sehr gut auseinandergesetzt haben, um alle Vorgaben, die der Film gibt, auch ausnutzen zu können. So ist es doch dann meines Erachtens auch etwas malerisch, dass Elvis Prestley und die ganzen anderen Stars zu dieser Zeit zusammen mit Johnny Cash in einem Auto zum nächsten Auftritt cruisten. Aber na ja, vielleicht stimmt ja auch alles haargenau, aber ich bin da dann doch von Grund auf etwas misstrauisch...
Joaquin Phoenix ist im Nachhinein natürlich eine grandiose Besetzung für Johnny Cash. Es ist bewundernswert, wie sehr er in der Rolle aufgeht, wie genial er die Lieder nachsingt, die Bewegungen von Cash imitiert. Aber die beste Leistung lieferte für mich Reese Witherspoon ab. Es ist so phänomenal, welche Leidenschaft sie auf die Bühne legt, sie kann sich ohne Probleme mit heute gängigen "Stars" messen lassen und würde wahrscheinlich zu 80 Prozent die bessere Figur machen. Sie hat völlig zurecht dafür den Oscar gewonnen. Ob Joaquin Phoenix ihn auch verdient hätte, darüber kann man natürlich streiten.
Also abschließend kann ich nur sagen, dass Walk the Line für mich einer der besten Filme war, die ich gesehen haben, aber nicht wegen des Inhalts, also der Biographie um Johnny Cash, sondern allein deswegen, weil die Hauptdarsteller genial Musik zelebriert haben. Sie belebten den Film, sie ließen darüber hinweg sehen, dass der Film emotional nicht annähernd an Ray heranreicht. Überhaupt eine Reese Witherspoon haucht mit ihrer Mimik, mit ihrem gänzlichen Auftreten, dem Film ein fantastisches Leben ein. Man ist wirklich traurig, dass der Film irgendwann zu Ende ist. Schaut ihn euch an, ihr werdet genauso wie ich begeistert sein, selbst wenn euch bis jetzt die Musik von Johnny Cash nicht so interessiert hat. Ihr geht danach in einen Laden oder ins Internet und holt euch zumindest die besten Lieder dieses einmaligen Menschen! oder sollte ich sagen, dieser einmaligen Zeit??? Denn bei solchen Filmen wird mir immer klar, wie ärmlich doch die heutige Chartsmusik ist!!!!!!!!!!!! Man muss sich mal überlegen, dass genau diese Evergreens, die in den ganzen Biographien, ob es jetzt Johnny Cash, Ray Charles oder auch Jim Morrison oder sonst wer ist, der in den nächsten Jahren noch verarztet wird (denn Hollywood hat gemerkt, dass man mit solchen Berühmtheiten sehr viel Geld verdienen kann), damals in den Charts waren!!! Ich kann mir nicht vorstellen, dass in 20 Jahren einer auf die Idee kommt von den Hot Banditos oder von den ganzen gecarsteten Vollidioten, die zur Zeit in den Charts sind, einen solch grandiosen Musikstreifen zu machen...
9.0/10 Punkte