„Gen-Experimente verwandeln ihn in eine bestialische Kreatur“ prangt es auf dem Cover der deutschen Videokassette und der deutsche Titel verrät im Prinzip auch schon wohin es die Story verschlägt: in ein weiteres Filmvehikel um einen Wissenschaftler, der in altbekannter Manier Experimente an sich selbst vornimmt. Im Mittelpunkt steht ein gewisser Peter Houseman, Arzt des gentechnischen Instituts der Virginia Universität, der auf dem Gebiet der DNA forscht, um das Altern der menschlichen Zellen zu stoppen. Doch seine Forschung behält er strengstens unter Verschluß, sodaß die Kommission der Universität Sally Donnelly beauftragt mehr darüber herauszufinden. Weiterhin droht ihm der Entzug aller finanziellen Mittel, wenn er die Karten nicht auf den Tisch legt, und ein alternder Konkurrent will ihm die Forschungsarbeit abpressen. Aus Angst seinen Forschungsauftrag zu verlieren und um rasche Ergebnisse zu erzielen, testet er sein neuentwickeltes Serum an sich selbst. Etwas voreilig, wie er feststellen muß. Denn bereits nach wenigen Stunden hat er seinen Körper nicht mehr unter Kontrolle. In einem Anfall unbändiger Aggressivität tötet er eine Studentin und verprügelt eine Prostituierte, die er in einer Nachtbar aufgabelt. Zudem fehlen ihm die Erinnerungen an seine Taten, was ihn alsbald in Schwierigkeiten bringt. Er wird von der Polizei überwältigt und in ein Hospital gebracht. Verzweifelt versuchen die Ärzte die DNA-Reaktion zu stoppen – vergeblich! Peter altert innerhalb weniger Stunden zu einem uralten Mann. Sally, mit der er zuvor ein Verhältnis einging, steht mit Entsetzen diesem schaurigen Ereignis gegenüber, dem sie sich, zusammen mit ihrem Sohn Tommy, alsbald erwähren muß. Nur Willy, Peters Assistent und Freund, erkennt als erster was passiert. Peter hat es geschafft den Alterungsprozeß der Zellen zu stoppen, mehr noch, die Transformation der DNA ist rückläufig. Er mutiert zurück zur Urform menschlichen Lebens, zu einem prähistorischen Monster. Als die Kreatur aus dem Hospital ausbricht, hinterläßt sie eine blutige Spur der Verwüstung. Alle Versuche der Polizei, die Bestie aufzuhalten, scheitern. Selbst mit Waffengewalt kommen sie nicht weiter, denn die unsterblichen Zellen regenerieren sich sofort und die Kreatur rückentwickelt sich weiter…
Luigi Montefioris DNA: FORMULA LETALE verspricht genau das, was die Erwartungshaltung des Italo-Aficionado gegenüber dem Genrekino Ende der 80er bzw. Anfang der 90er des ausklingenden letzten Jahrhunderts mit sich führte: ein leidlich unterhaltsames c-picture. Die Geschichte, welche offenbar komplett in Norfolk, im amerikanischen Bundesstaat Virginia gedreht wurde, entspricht mitunter dem Motiv des mad scientist, der sich auf eine genetische Reise in die Vergangenheit und damit in eine neue Daseinsform begibt. Parallelen zu David Cronenbergs genialem Meisterwerk THE FLY (1986) sind dabei unübersehbar. Jedoch unterscheiden sich Montefioris und Cronenbergs Protagonisten. Während Jeff Goldblum seinem Wandel zur menschlichen Fliege mit wissenschaftlicher Neugier, ja sogar Hingabe entgegenfiebert, handelt Gene Le Brock nicht aus tatendrängender Überzeugung, sondern aufgrund existentiellen Nöten. Dieser verhängnisvolle Fehler generiert ihn zeitweise zu einer Art Mr. Hyde, der seiner aggressiven Energie nicht Herr wird und den darüber hinaus Erinnerungslücken plagen. Dies schließt natürlich zu erwartende Konfliktsituationen zwischen ihm und seiner Affäre Catherine Baranov mit ein, obgleich diese Momente kaum dramatisieren und demzufolge auch keine tragischen Züge annehmen. Montefiori, der auch das Drehbuch schrieb, unterlag offensichtlich dem Versuch eine mehr oder weniger emotionale Geschichte zu erzählen, versagt dabei aber kläglich. Erst nach einer Dreiviertelstunde machen sich die ersten Mutationsformen bemerkbar, wenngleich es zunächst bei unschönen Hautveränderungen bleibt. Die Zwischensequenzen der Flashbacks wirken obendrein etwas holprig und konfus in die Story eingearbeitet, ganz so als hätte Luigi Montefiori selber an Gedächtnisstörungen gelitten.
Die schauspielerischen Leistungen sind nicht wirklich der Rede wert, besteht die Riege doch weitgehend aus Laiendarstellern, die abseits dieses Films kaum oder gar keine weiteren Filmauftritte verbuchen können (zumindest, wenn man den Angaben der IMDb Glauben schenken kann). Gene Le Brock dürfte eingefleischten Genre-Fans aus FORTRESS OF AMERIKKKA (1989), LUKAS’ CHILD (aka NIGHT OF THE BEAST, 1993) – beide von Eric Louzil – und dem fünftem Ableger der Spukhaus-Reihe LA CASA (HOROOR HOUSE II, 1990) von Claudio Fragasso sein. In Letzterem agiert auch Stephen Brown als Reverend. Der Cameo-Auftritt von meiner geliebten Exploitation-Queen Laura Gemser ist leider so kurz wie bedeutungslos. Immerhin reicht es noch für flüchtige Blicke auf (halb)nackte Tatsachen. Leider bleibt man nicht von einem dummen Balg verschont, wenngleich dieser Jason Arnold nicht so eine Nervensäge ist wie mein heißgehaßter Giovanni Frezza (zu sehen in Lucio Fulcis QUELLA VILLA ACCANTO CIMITERO und MANHATTAN BABY).
So konfus wie das Drehbuch sind auch die zahlreichen Kürzungen, welche in der deutschen Fassung vorgenommen wurden. Hier fehlen sämtliche Blut- und Effektszenen, sodaß beispielsweise der Mord an der Studentin gar nicht mehr zu sehen ist und der übrige Szenentorso davon keinen Sinn mehr ergibt. Außerdem fehlen auch die Detailaufnahmen der unangenehmen Augeninjektionen. Dabei sind die Spezialeffekte von Maurizio Trani sparsam und billig wie eh und je. Der größte Kalauer ist zweifelsfrei die zusammengeschusterte Dinosaurierattrappe, in die sich Gene Le Brock verwandelt. An dieser Stelle bricht auch das haltlose Gerüst der schwachen Storyline in sich zusammen. Grundsätzlich ist die Idee um eine rückläufige Evolution mit Millionen Jahre altem Erbmaterial recht interessant, wenngleich die Kehrtwendung in ein „lebendes Fossil“ eine hanebüchene Dummheit sondergleichen ist. Eine schrittweise Rückentwicklung wäre dabei viel interessanter gewesen, aber dazu dürften zweifelsohne die finanziellen Mittel gefehlt haben. Dennoch reicht es für einen guten, wenn auch rein optischen Effekt: In der Szene, als Le Brock sich mit grünen Augen und an den Körper angepreßten Armen gleich einem gliederlosen Reptil durch die Küche windet, laufen die Bewegungen in Zeitraffer ab, wodurch flüssige Bewegungsmuster wie Zuckungen aussehen. Simpel, aber dennoch effektiv.
Bekanntermaßen ist DNA: FORMULA LETALE Luigi Montefioris offizielles Regiedebüt – seine erste Regiearbeit lieferte er bereits 1982 für Joe D’Amatos ANNO 2020 – I GLADIATORE DI FUTURO ab, fungierte dort jedoch nur als Regisseur nachgedrehter Szenen – und dabei ist es bisher auch geblieben. Bei den großen Schwächen im Drehbuch und in der Inszenierung ist das auch nicht wirklich bedauerlich, das muß ich schon zugeben. Ich sehe den guten alten Schorsch doch lieber vor der Kamera agieren, aber die (auf gut Deutsch gesagt) beschissene Situation in Cinecittà bewirkt, daß man sich allein der alten Zeiten willen zuweilen jeden Murks der alten Recken ansieht.