Gehasst und geliebt, umjubelt und ausgebuht – An Trash-Regisseur Albert Pyun („Cyborg“, „Nemesis“) scheiden sich die Geister. Ohne Frage, der Mann genießt aufgrund seines sehr gewöhnungsbedürftigen Stils einen legendären, wenn auch zweifelhaften Ruf und auch wenn es abseits des Skandals um den Max Havoc-Film die letzten Jahre ruhig um ihn wurde, bleibt sein Name unter den leidgeprüften Allessehern häufig genannt. Immerhin kann der Mann auf eine zwar qualitativ stark schwankende, aber beeindruckende, 37 Filme umfassende Filmografie zurückblicken.
„Adrenalin: Fear the Rush” baut einmal mehr auf Pyuns Lieblingsszenario, einer Endzeitwelt (Wir schreiben das Jahr 2007), in der Ordnung dem Chaos gewichen ist, die ganze Welt zugrunde geht, eine mysteriöse Seuche Massen von Menschen dahinsiechen lässt und alles hübsch marode, zerfallen, unhygienisch und unzivilisiert ausschaut. Wenn man dem gern als „Nemesis des Action-Films“ betitelten Filmemacher eins lassen muss, dann äußerst atmosphärische Endzeitwelten noch mit den niedrigsten Budgets zu kreieren. Dürfte ihm hier aber auch nicht sonderlich schwer gefallen sein, denn das nach dem Bürgerkrieg zerstörte Kroatien bot dazu ideale Kulissen. Also alles schön hoffnungs-, trostlos, verlassen und zerstört, was er da optisch auf uns loslässt.
Leider, man muss es so sagen, hat Pyun sich hier aber gleichzeitig auch noch als Drehbuchautor versucht und das ist etwas, was der Gute nun mal überhaupt nicht kann. Zwar fehlen die bei ihm eigentlich zur Grundausrüstung eines nahezu jeden Science-Fiction-Films gehörenden Cyborgs und nervigen, pseudophilosophischen Monologe, dafür schienen ihm nach der Einleitung die Ideen (oder einfach die Lust) abhanden gekommen zu sein. In ca. 4 Minuten führt er mithilfe von aus osteuropäischen Pressearchiven stammenden (so vermute ich jedenfalls mal) Bildmaterial, das diverse Demonstrationen und Unruhen im ehemaligen Ostblock zeigt, ein, um dann nahezu geradewegs zur „Ultimate Chase“ zu blasen.
Leider vergisst er im Vorfeld so elementare Dinge wie eine Charaktereinführung. Das Telefonat Mama/Sohn ist jedenfalls nur ein magerer Ersatz dafür. Holterdiepolter wirft Pyun einem mutierten Kannibalen die junge Polizistin Delon (Natasha Henstridge, „Species“, „Riders“) zum Fraß vor. Sie muss in einer zur Quarantänezone erklärten Stadt zwischen von der Suche befallenen Menschen ihren Dienst tun und wird während ihres Noteinsatzes mit eben diesem Wesen konfrontiert. Der Werte Herr Kollege geht auch gleich hops.
Was dieses Mördervieh (Irgendwie Wirt... Seuche...Überträger blabla..) nun eigentlich darstellen soll, bleibt mal wieder ein Geheimnis des Autors (Genau, Pyun). Jedenfalls jagt Andrew Divoff („Wishmaster“), auch kein gänzlich Unbekannter in seinen Filmen, mitsamt seiner Dilettanten-Truppe zwischendurch mal wichtig dreinschauend hinter dem Vieh her, weil es eine biologische Zeitbombe verkörpert. Den daraus resultierenden Zeitdruck bekommt Pyun freilich nie gebacken. Wäre übrigens eine prima Instrument zur Spannungsförderung gewesen. Nun ja...
Jedenfalls taucht bei der völlig verstörten Delon, die am Tatort eine blutige Leichensammlung begutachten durfte, bald auch Veteran Lemieux (Christopher Lambert, „Highlander“, „Fortress“) mitsamt zwei Kollegen auf. Der Rest ist im Grunde eine erst über Tage, dann unter Tage statt findende Hatz auf Leben und Tod...
An sich vielleicht keine schlechte Prämisse, nur Pyun inszeniert es einfach zu eintönig. Sobald das Quartett in der keimigen Kanalisation verschwindet (Dürfte den Darstellern übrigens richtig Spaß gemacht haben, durch die Kloaken zu robben, denn nach Sets sieht das nicht aus ;)), um dann in einem alten Gefängnis zu landen, wird zu kaum beleuchtenden Funzeln, genannt Taschenlampen, vorgestoßen, überlegt, gehorcht, ein paar Schüsse abgegeben, vielleicht auch mal in eine Falle gelaufen und schließlich auch gestorben. Dieser Abschnitt wird bis zur letzten Einstellung ausgereizt. Vielleicht hat Pyun sich da unten auch nur so wohl gefühlt, dass er da gar nicht mehr weg wollte und Szene um Szene ohne Skript drehen ließ. Jedenfalls ist dieses Gehopse dort unten auf die Dauer furchtbar abwechslungslos. Auch weil, bis auf die paar Schüsse, keinerlei Action stattfindet und man auch stets nur die Arbeitsresultate des bissigen Zielobjekts begutachten darf – wohl auch aus Budgetgründen: Auge, geiferndes Gebiss, Schrei und schon liegt die besudelte Leiche am Boden..
Da hilft auch der Schluss nicht mehr, als die Cops sich in die Enge gefesselt fühlen.
Auf Darstellerebene kann man zunächst anhand der Namen zumindest von einem soliden Niveau ausgehen, dem ist aber nicht so. Neben Pyuns Inventar wie Nortbert Weisser oder Nicholas Guest fand sich hier ja auch (ehemalige) Hollywoodprominenz ein. Lambert, der ja in „Mean Guns“ noch ein zweites Mal für Pyun vor die Kamera trat, spielt nicht nur austauschbar, sondern auch lustlos. Vielleicht, weil Pyun ihm mehr versprach, als der Film letztlich hielt. Der kurze Schwenk zu Beginn, der ohne weiteren Zweck ein Foto zeigt, auf dem Lambert als dekorierter Cop zu sehen ist, lässt so etwas jedenfalls vermuten. Auch wenn der tief abgerutschte Highlander sich nach solchen Rollen vermutlich heute die Finger lecken würde, war das seinerzeit dann das Ende seiner Kinokarriere und gleichzeitig Start in das B-Milieu.
Ein wenig anders liegt der Fall bei Natasha Henstridge, die im Vorjahr mit „Species“, ihrem Debüt, gleich ordentlich für Furore sorgte und mit ihrem erworbenen Ruf wohl noch nichts so recht anzufangen wusste. Anders ist ihr Mitwirken hier jedenfalls nicht zu erklären. Auch ihre Darstellung ist nicht das Gelbe vom Ei. Von ihren körperlichen Vorzügen, auf denen so ziemlich 100 % ihrer Rollenangebote zurückzuführen sind, ist hier jedenfalls nicht zu sehen. Vielleicht wollte sie ja auch mal etwas völlig anderes machen. *hüstel*
Obwohl wieder mit seinen fähigen Stammkräften George Mooradian (Kamera), der hier oft in der Egoperspektive folgt, und Anthony Riparetti (Komponist) zusammenarbeitend, mangelt es einfach zu deutlich an so ziemlich allem (Spannung, Action, interessanter Plot), um die Klasse von Pyuns Glanzwerke „Cyborg“ und „Nemesis“ zu erreichen. Zugegeben, die standen unter ganz anderen Sternen, das ist aber keine Erklärung, warum „Adrenalin: Fear the Rush” trotz seiner nicht wegzuleugnenden, dichten Atmosphäre so einen einfältigen Verlauf nimmt.
Fazit:
Oberflächliche Charaktere, viel zu viele Drehbuchlöcher (Das mit dem infizierten Killer ist doch etwas reichlich abstrus..) und eine extrem fade Handlung, sofern man das denn so nennen darf, trüben das Filmvergnügen doch enorm. Da die Darsteller auch keinen Bock hatten, retten nur Pyuns ganz passable Inszenierung und vor allem die stimmige Endzeitwelt den Film vor dem Abrutschen ins untere Mittelmaß. Der Mann hat eindeutig langweiligere Machwerke auf uns losgelassen, doch aus „Adrenalin: Fear the Rush” wäre viel mehr als diese monotone, einfallslose und unspektakuläre Dauerhatz rauszuholen gewesen.
Achja, kann mir mal jemand erklären, was eigentlich osteuropäische Vehikel und „Policia“ - Ausrüstungen in einer amerikanischen Quarantänezone zu suchen haben? ;)