Triadenboss Gent [ Eric Tsang ] will sich nach 30 Jahren aus dem Geschäft zurückziehen und wahrscheinlich seiner Stieftochter Phoebe [ Annie Liu ] in die Staaten folgen, um auch endlich mit ihr Zeit zu verbringen. Doch gerade jetzt wird die Situation brenzlig; ein Attentatsversuch auf ihn wurde zwar verhindert, aber der zweite gelingt. Nach seinem Tode zerstreiten sich seine ehemaligen Mitstreiter Bud [ Alex Fong ], Whack [ Anthony Wong ] und Chance [ Simon Yam ] über die Nachfolge, die dann seine Erzfeindin Nova [ Karena Lam ] antreten will. Doch da ist noch Phoebe...
Das beliebte Thema Triaden bzw. der Machtkampf innerhalb einer Gruppierung dient wie auch in Wong Ching Pos vorherigem Film Jiang Hu als gesetzter Handlungsrahmen, geht aber etwas andere Wege und schlägt auch einen anderen Tonfall an. Mob Sister ist ein ruhiger Film, der teilweise geradezu in Langsamkeit und Bedächtigkeit schwelgt und sich jedweden Tempo gegenüber gänzlich verweigert. Der Einstieg selber fällt diesmal nicht schwer; die figurelle Konstellation ist sehr schnell klar, aber es passiert lange Zeit nichts und selbst wenn, erscheint es nur greifend, ist es aber nicht.
Die vier befreundeten Oberhäupter der Triaden haben seit der Jugend zusammengekämpft und -gehalten und verstehen sich untereinander wie Brüder; gleiche Manierismen im Auftreten und Verhalten untereinander und gegenüber der Öffentlichkeit lassen viel Vertrauen und Kenntnis des anderen erscheinen. Ihre Sonderwünsche werden nicht nur mit Geld, sondern vor allem wegen ihrer Machtstellung erledigt; da werden unverkäufliche Gegenstände erworben oder die Jury einer Preisverleihung geschmiert. Nur die Geschäfte selber werden nicht angesprochen; sowieso ist Mob Sister angesichts seines Settings augenscheinlich darauf bedacht, sehr weit an der Oberfläche zu bleiben. Man bewegt sich in den höchsten Kreisen und damit schon wieder elitär über den Dingen; würde es nicht zwischendurch einige Tote geben, könnte man auch von einer firmellen Geschäftsübernahme ausgehen. Zumindest erscheint das vorrangige dramaturgische Element derart banal, fehlt im Spannungsaufbau nur noch die Bilanz des letzten Geschäftsjahres und seine Umsatzzahlen.
Da interessiert nicht wirklich, wer nun der Auftraggeber des Anschlages war, wer danach wen warum attackiert und ausschaltet und wie es alles ausgeht. Ist der Plot schon nicht neu, werden hier auch keine erfrischenden Zutaten beigemengt. Das Drehbuch scheint dünn und nur mühsam durch die Regie gestreckt; den materiellen Inhalt selber könnte man sicherlich ohne Probleme oder etwaige Abstriche der Übersichtlichkeit auch in der Hälfte der Zeit erzählen.
Ansätze zur Neugierweckung werden stets durch chronologisch umgekehrte oder verworrene Momente geschaffen, wo man erst das Endergebnis sieht und dann den Weg dahin. Oder das Mittelstück der Sequenz. Nie im Ganzen; nie eine flüssige Verbindung eingehend, sondern stets in Einzelteilen aufgelöst und erst dann wieder erwähnt, wenn die entscheidende Stelle und damit der Funken Interesse schon wieder vorbei ist.
Rückblenden selber erklären nicht, sondern bebildern in unendlichen Panoramen nur Bekanntes.
Optisch wird eine derartige Mythopoetik geschaffen, dass die Narration wahrscheinlich gar nicht mithalten kann und es deswegen überhaupt nicht versucht.
Man fokussiert auch nicht, die Erzählung nimmt unhandliche Ausmasse an.
Die titelgebende Phoebe hat den örtlichen Pizzaboten im Kopf [ die Erste Liebe in Zeichenskizzen inszeniert ] und ist ansonsten von der Situation schlichtweg überfordert.
Die alten Sicherheiten sind entweder gänzlich weg oder haben sich zum Ungunsten verändert; sie gerät zum Spielball in dem Machtpoker und steht ohne wirkliche Hilfe dar, was sie mit losen Tränen beantwortet.
Zumindest etwas Halt kann der Bodyguard Pilot [ Liu Ye ] geben. Allerdings nur solange, bis ihm das Nichttragen einer Waffe zum Verhängnis wird. Was auch symptomatisch für die Inszenierung ist: In der Überdimensierung wird das Wesentliche vergessen, und wenn es halt nur mal die Waffe ist, die man für eine vielbesprochene Rache oder Verteidigung eben auch braucht.
Getreu dem Motto der Stille hält sich natürlich auch die Action sehr weit zurück. Eine Attacke auf den späteren Zufluchtsort Buddhatempel wird entsprechend spirituell arrangiert, und nimmt sich dadurch wiederum viel zu wichtig. Die abschliessende Materialschlacht auf der Strasse kommt aus dem Nichts; man weiss nicht warum jetzt plötzlich Dutzende von Autos ineinander krachen und bekommt auch nur die einzelnen Crashs selber addiert. Was dann tatsächlich schon wieder als Anticlimax wirkt, weil auch noch viel Pathos drübergeklatscht wird.
Der Gestus des Präsentierens, aber quasi Nichtszeigens nimmt dem Film jegliche etwaige vorhandene Kraft weg; da hätte man selbst mit einer schnelleren Durchschnittsinzenierung weitaus mehr erreicht.
Da nützt selbst die Starbesetzung nichts; die meisten sind verschwendet. Anthony Wong spielt so schlecht wie lange nicht mehr, Eric Tsang gibt das selber attestierte Klischee und Fong und Yam sind zwar besser, aber auch nicht herausragend.
Ein Trauerspiel und auch ein deftiges Ärgernis.