Es ist wirklich kaum zu übersehen, dass Ken Dixon viel zu wenig Klingelmasse in der Kaffeetasse hatte, um einen ganzen Alien-Planeten zu modellieren. Also so richtig mit Flora, Fauna und allem Pipapo. Leisten konnte er sich immerhin zwei Bikinis… und haufenweise Theaterwände in Backsteinmauer-Optik. Während nun also die Bikinis den lieben langen Film über dafür sorgen, dass die wichtigsten Körperteile Elizabeth Kaitans und Cindy Beals notdürftig bedeckt sind, erfüllen die vielen Wände in „Jäger der verschollenen Galaxie“ im Grunde den gleichen Zweck für den Alien-Planeten. Mangels World-Building-Rohmasse bilden sie sein schamhaftes Feigenblatt. Nur für den Fall, dass gerade mal kein Palmwedel aus dem Baumarkt in Griffnähe ist, der die Sicht in die Tiefe versperren könnte.
Und doch sitzen wir da und akzeptieren diese würfelförmige Zelle von vier Quadratmetern Fläche und die darin angeketteten Amazonen mit wallendem blonden Haar als Ausgangspunkt einer sich aus dem Kleinen heraus öffnenden Science-Fiction-Dystopie, die ja sicherlich im weiteren Verlauf noch größer und spektakulärer werden dürfte als das, was die Kamera da im Moment noch einfängt. So hofft es wenigstens der Zuschauer und so lautet auch die kaufmännische Rechnung von Dixon. Sie geht erst einmal auf, auch weil sich Kaitan und Beal bei der Erörterung ihrer misslichen Lage so herrlich trocken die Bälle zuspielen (aber nein, doch nicht die. Die figurativen!). Da ist man erst einmal bereit, jeden Blödsinn für bare Münze zu nehmen.
In seinen ersten Minuten trägt „Jäger der verschollenen Galaxie“ viel von der anarchischen Energie in sich, mit der damals einige Star-Wars-Rip-Offs Raubbau betrieben. Man weiß nicht genau, wer die Damen sind oder was sie verbrochen haben, um in der Zelle zu landen, aber sie tragen doch unverkennbar die DNA einer Prinzessin Leia in sich, gemischt vielleicht mit einem Hauch Barbarella. Als sie dann auch noch mit athletischem Geschick zwei bräsige Wachen der Marke Stormtrooper überrumpeln und kurzerhand ein Raumschiff kapern, ist man voller Hoffnung, dies könne womöglich der Start in ein absolut hirnrissiges Abenteuer voller bekloppter SciFi-Action im barbarischen DIY-Stil werden.
Nur leider möchte sich die Weltraumkarte selbst nach Abflug einfach nicht ausklappen. Vom engen Knast geht’s in ein enges Cockpit, und als auf einmal ohne Vorwarnung die Wellen an einem menschenleeren Strand brechen, wirkt das nicht etwa befreiend, sondern kaum weniger klaustrophobisch, weil man selbst mit freier Sicht rein gar nichts von Belang zu sehen bekommt… abgesehen von den zuverlässig weiter durchs Blickfeld hüpfenden Bikinifiguren Kaitans und Beals, auf deren Anblick man sich übrigens schon mal für die komplette nächste Stunde einstellen kann – denn was Vernünftiges zum Anziehen gibt’s auf dem Planeten eher nicht.
So macht es dann auch gar keinen Unterschied mehr, wenn aus dem Karibik-Strandurlaub quasi im fliegenden Schnitt eine Waldwanderung wird und das Grünzeug den Blick in die Ferne wieder versperrt. Es bleibt so oder so ein Film der kleinen Bilder. Gearbeitet wird viel mit Halbnahen und einigen Totalen, die erfolglos Räumlichkeit in überwiegend schmal gebauten Sets zu schaffen versuchen.
Als dann schließlich Don Scribner die Bühne betritt, macht es das Sehgefühl nochmals enger, denn fortan versteht sich „Jäger der verschollenen Galaxie“ als schildtreue Adaption von Richard Connells „The Most Dangerous Game“. Kaum präsentiert Scribner mit rollenden Augen und bebendem Brustkorb seinen Gästen die eigene Jäger-Philosophie (und ähnelt dabei frappierend Christian Bale, wie er als Patrick „American Psycho“ Bateman vor dem nächsten Axthieb noch kurz in die Rolle des Musikkritikers für 80er-Popmusik schlüpft), da besteht kein Zweifel mehr am weiteren Verlauf der Handlung, die man fortan wie durch einen Tunnelblick über sich ergehen lässt. Wohl oder übel werden die Damen, inzwischen dank der nicht minder luftig gekleideten Brinke Stevens zum Trio mit mindestens 30 Gramm Unterwäsche angewachsen, bald wieder auf Zehenspitzen über Stock und Stein hüpfen, während Graf Zaroffs Abziehbild ihnen mit dem überheblichen Grinsen des Überlegenen auf den Fersen ist.
So kommt es dann zu einer Abfolge unvermeidlicher Abläufe bis hin zu fast identischen Nachstellungen der 1932er-Verfilmung von Schoedsack und Pichel, inklusive einer exzessiv eingesetzten Kulisse um eine Schlucht mit einem umgefallenen Baum, der als Brücke dient. Bis hin zum fantasy-lastigen Matte Painting im Hintergrund ist das quasi eine exakte Kopie einer Szene aus „Graf Zaroff“, die wiederum eine exakte Kopie einer Szene aus „King Kong“ war. Man erwischt sich nun öfter mal bei dem Gedanken, dass man die soeben investierte Zeit doch ebenso gut in einen Rewatch des Originals hätte investieren können. Dann wiederum: Bikinis gab es dort keine…
Dabei versteht sich „Jäger der verschollenen Galaxie“ eigentlich als schrille Verstärkervariante seines Vorbilds, das die Kerngeschichte ums Jagen und Gejagtwerden am liebsten mit einer ganzen Armee ausgeflippter Space-Kreaturen dekorieren würde, die alle ihre spezielle Funktion in der erdachten Welt erfüllen… wie in einem „Star Wars“ eben oder zumindest in einem „Flash Gordon“. Doch selbst die Roboter, die wie hüftsteife Butler durch die Gemäuer wanken, sind lediglich ideenlos von Archetypen abgepaust, wenngleich sie ein, zwei amüsante Momente im Sitcom-Stil zu verbuchen haben, als Cindy Beal ihnen mit ihren Reizen die Kabel durchschmoren lässt. Später gesellen sich noch weitere Kreaturen hinzu, ein Jäger-Alien beispielsweise, das auffällige Ähnlichkeiten mit dem im gleichen Jahr im Kino aufgetretenen „Predator“ teilt, sowie ein zombie-ähnlicher Stöhner, mit dem man wirklich Mitleid haben kann, stolpert er doch stöhnend auf die Heldin, holt sich seinen Kehlenschnitt ab und zieht wieder stöhnend von dannen, ohne dass man jemals erfährt, was er überhaupt wollte.
Physis ist bei all dem Treiben im Jagdrevier kaum vorhanden. Das gilt nicht nur für das halbnackte Herumgewälze in einer Bettszene, sondern vor allem für den Streifzug durch die Wälder, der weder Kraft noch Intelligenz oder sonstige Tugenden erfordert. Genauso gut hätte Mr. Zed seine Gäste durch einen Wackelpudding peitschen können. Hier teilt das Werk gewisse Eigenschaften mit dem ähnlich widerstandslosen „Kannibalinnen im Avocado-Dschungel des Todes“, obgleich der seine ironischen Ansätze viel offensiver zur Anwendung brachte. Man kann aber nicht behaupten, nicht früh gewarnt worden zu sein, denn das blonde Püppchen, das sich schon im Prolog mit abbremsenden Hüpfbewegungen und sorgenvollem Blick auf die Fingernägel von einer Einstellung zur nächsten rettet, ist ein deutlicher Fingerzeig auf alles Nachfolgende.
Tja, Zaroff im Weltall… was auf dem Papier nach einer Entschuldigung für schießwütigen Krawall mit Laserstrahlen und außerirdischen Kreaturen klingt, ist in Wirklichkeit ein Bikini-Babe-Walking-Simulator mit Pflanzendeko aus dem Großhandel. Die beiden Blondinen harmonieren in den Hauptrollen erstaunlich gut miteinander, auch Don Scribner agiert angemessen schmierig, doch der Raum zwischen ihnen wird nur unzureichend mit dem Trash-Spektakel gefüllt, das man sich insgeheim erhofft. Die Bereitwilligkeit des Zielpublikums, wieder und wieder auf Filmposter reinzufallen, ist eben unerschöpflich…