Der Völkermord in Ruanda 1994 diente schon dem eindringlichen „Hotel Ruanda" mit Don Cheadle als Thematik und wird nun durch „Shooting Dogs" vom britischen Regisseur Micael Caton-Jones („Der Schakal", 1997) aufgegriffen. Dabei bezieht sich der Titel auf die Ohnmacht der UN-Soldaten in Ruanda, die angesichts der äußeren Bedrohung nur dann handeln dürfen, wenn für sie selbst unmittelbare Bedrohung in Form von Waffengewalt besteht. Verteidigung des eigenen Lebens heißt es da, verdammt zum Nichtstun, die Augen davor verschließend, dass ein Genozid bevorsteht.
Der Film erzählt die Geschichte des britischen Geistlichen Christopher (John Hurt) und dem idealistischen Englischlehrer Joe Connor (Hugh Dancy, „King Arthur"), welche an der Ecole Technique Officielle Aufbauarbeit in Ruanda leisten. Als nach einem Flugzeugabsturz des Präsidenten ein Genozid zwischen den verfeindeten Stämmen der Hutu und Tutsis beginnt, flüchten einige Tausend Tutsis vor den barbarischen Hutus an die Schule, die von belgischen UN-Truppen unter der Leitung von Captaine Charles Delon (Dominique Horwitz) bewacht wird. Doch da die UN-Truppen einzig eines Überwachungsbefehl und keinen Kampfbefehl erhalten, spitzt sich die Lage immer weiter zu, bis die Schule schließlich von den Hutu eingekreist ist. Als dann die UN-Truppen mit den Weißen abziehen und sämtliche Tutsis zurücklassen, kommt es zu einem Blutbad...
„Shooting Dogs" schildert ein aufrüttelndes Stück Zeitgeschichte über die Unsinnigkeit von Befehlen und Bürokratie im Angesicht äußerer Bedrohung. Der Film klagt die Praktiken der UN an, kritisiert sie, verweigert jedoch ein menschliches Antlitz zur Identifikation. Diesen dokumentarisch gehaltenen Stil um die objektive Schilderung der Geschehnisse des Genozids steht eine plakative Moralpropagierung gegenüber, die nie hintergründig und eindringlich genug ausgearbeitet wird, um aufrütteln zu können. Die Charaktere bleiben blass und austauschbar, weswegen der ganzen Inszenierung eine kalte Analytik innewohnt, welche jeglichen Anspruch auf Emotionalität konterkariert. John Hurt gibt zwar passabel den idealistischen Priester, vermag aber nicht davon abzulenken, dass die übrige Besetzung um den mimisch begrenzten Hugh Dancy sowie Dominique Horwitz nicht mehr als platte Symbole (der kämpfende Idealist; der befehlstreue Untertan) ohne Charakterzeichnung in einem zwar kritischen, aber nie hochklassigen Film sind. Politik scheint egal, es wird ein Schrecksszenario voll allgegenwärtiger, aber unsichtbarer Bedrohung und Gefahr aufgebaut, die anhand von Einzelbeispielen, wie aus friedlichen Zeitgenossen aus purem Idealismus mordlüsterne Barbaren werden, die Banalität des Bösen illustriert. Ein Politthriller sieht anders aus - genau wie ein menschliches Drama. „Shooting Dogs" setzt sich am Ende zwischen alle Stühle, obwohl er technisch und handwerklich souverän zweifellos eine lobenswerte Absicht mit einem brisanten Thema verfolgt.
Fazit: Ein Film mit lobenswerter Absicht, dem es an Entschlossenheit fehlt, sich für eine Richtung (individuelles Drama oder Politthriller) zu entscheiden. Die Charaktere bleiben blass, weswegen der Zuschauer ihrem Schicksal weitestgehend egalitär gegenüber steht. Für einen dokumentarischen Charakter zu personenfixiert und zu sehr in traditionellen Konventionen eines Spielfilms verhaftet (sehr viele Dialoge), für eine Charakterstudie zu beliebig. Am Ende hebt „Shooting Dogs" nur seine lobenswerte Intention und handwerkliche Souveränität als Politdrama und die Themen Idealismus, Moral und Befehlstreue über den filmischen Durchschnitt - in diesem Kontext abseits der thematischen Auseinandersetzung.