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Die taubstumme Dot (was ist das eigentlich für ein Name?) wird durch einen Unfall zur Vollwaise und von der Familie Deer als Ziehtochter aufgenommen. Deren Tochter Nina behandelt das neue Familienmitglied von Anfang an herablassend. In der Schule wird Dot von den Mitschülern geschnitten und gehänselt. Doch dann verliebt sich der bei den Cheerleader-Damen beliebte Connor in das taubstumme Mädchen, was den Hass der anderen noch verstärkt. Und auch die nach außen so heile Familienfassade ist komplett aufgesetzt. Der Vater vergewaltigt seine Tochter, die das aber immer mit einem coolen Spruch zu überspielen versucht. Auch wenn er weiß, dass er krank ist, kann er sich einfach nicht dagegen wehren. Die Mutter ist abhängig von Tabletten und verbringt den halben Tag in benebeltem Zustand. Dann kommt es zu einem verhängnisvollen Zwischenfall, der die beiden Mädchen plötzlich zusammenschweißt.

Wieder einmal begeht eine Major-Firma einen großen Fehler. In diesem Falle ist es SONY, die den Film eindeutig als Thriller deklariert und dabei völlig danebenliegt. Hier handelt es sich um ein Psychodrama und als solches weiß der Film auch durchaus zu überzeugen.

Ein ganz dickes Lob geht hier an Regisseur und Kameramann. Der komplette Film bietet eine tolle Optik, die perfekt auf die Geschehnisse abgestimmt ist. Die Szenen in dem Haus der Familie oder auch die Klaviersitzungen von Dot in der Schule sind wunderschön inszeniert und auch die Musik dazu passt punktgenau. Würde man den Film nur unter diesen Kriterien bewerten, wäre hier volle Punktzahl angebracht.

Auch die schauspielerischen Leistungen sind exzellent. Camilla Belle, die mir bereits in „Glück in kleinen Dosen" positiv auffiel, spielt das taubstumme Mädchen mit absolutem Bravour. Auch Martin Donovan bringt die innere Zerrissenheit seines Charakters glaubwürdig rüber - und ich traue mich ja kaum das zu schreiben, aber selbst Elisha Cuthbert kann mich zum ersten Mal schauspielerisch wirklich überzeugen, obwohl man ihr die Rolle einer 17-jährigen doch etwas schwerlich abnimmt.

Abzüge gibt es jedoch in der B-Note. Manche Dialoge oder auch Monologe wirken einen Tick zu aufgesetzt und sind auch nicht immer zwingend logisch. Außerdem hat „The Quiet" zwischendurch kurzen Leerlauf, und zwar genau an der Stelle, als sich der Film kurzfristig doch zu einem Thriller zu entwickeln scheint, dieses Vorhaben dann aber kurz danach wieder aufgibt.
Das stört den Fluss des Streifens doch erheblich.

Trotzdem konnte mich „The Quiet" überzeugen. Alleine durch seine Optik und die überragende Hauptdarstellerin kann der Film so sehr punkten, dass man auch die eine oder andere Länge in Kauf nimmt. Außerdem fällt sehr positiv auf, dass man sich dem Thema „sexuellem Missbrauch" ähnlich sensibel und klischeefrei nähert, wie in dem ebenfalls gelungenen „Mysterious Skin", den man hier durchaus als Referenzfilm aufführen kann.

Zum Schluss aber doch noch mal der Hinweis. „The Quiet" ist ein überzeugendes Psychodrama, aber kein Thriller. Das sollte man unbedingt wissen, wenn man sich den Film zulegt oder ausleiht, sonst könnte man doch enttäuscht sein - und das hat der Film nicht verdient.

Gute 8 Punkte, Tendenz eher nach oben

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