Review

All I wanted was to be invisible.
It was one simple Request. It didn´t involve anyone else.

When I was in a Room with another Person, I felt like I was only half there.
When I was in a Room with two People, I felt like a Third of myself.
When I was in a Room with three other People, I felt like a Quarter of myself.

And when I was in a whole Crowd of People – I felt like nobody.


„the Quiet“ thematisiert die Begleitumstände und Auswirkungen verschiedener Missbrauchs-Arten anhand der Schicksale einzelner, direkt miteinander in Verbindung stehender Vertreter (verschiedener Generationen) der als konservativ und behütet geltenden amerikanischen Mittelschicht. Im Rahmen einer Kooperation zwischen „Burnt Orange Productions“ und dem Filminstitut der „University of Texas“, bei der Studenten aktiv an der Umsetzung des Projekts beteiligt wurden, entstand so ein düsterer, in High Definition gedrehter Indie, dem „Sony“ 2006 leider nur einen äußerst limitierten Kinostart zugestand…

Nachdem ein LKW ihren taubstummer Vater, welcher das Fahrzeug beim Überqueren einer Straße übersah und natürlich auch nicht akustisch wahrnehmen konnte, erfasste sowie ihm aufgrund der schweren zugefügten Verletzungen das Leben nahm, wurde seine nun elternlose jugendliche Tochter Dot (Camilla Belle) von dem Ehepaar Olivia (Edie Falco) und Paul Deer (Martin Donovan) aufgenommen, denn erstere war die beste Freundin ihrer Mutter, welche ihrerseits einige Jahre zuvor an Krebs starb. Dot ist ebenfalls gehörlos und ohne Stimme – sehr zum Leidwesen ihrer „neuen Schwester“ Nina (Elisha Cuthbert), einer beliebten, angesehenen Cheerleaderin, der die Tatsache, dass ein „Außenseiter-Wesen“ wie sie nun inmitten ihrer Familie lebt, nicht gerade in ihr nach außen hin präsentiertes „Picture Perfect“-Image passt. Beide jungen Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein: Dot ist in sich gekehrt, unscheinbar, tiefgründig und (mehr oder minder aus freien Stücken) eine absolute Außenseiterin, während Nina, oberflächlich betrachtet, das Klischee-Idealbild einer Schülerin verkörpert (lange blonde Haare, sexy, modisch auf dem neusten Stand) – sie stehen an anderen Enden des klassischen sozialen Gefüges einer typischen High School. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Michelle (Katy Mixon) behandelt sie den unerwünschten Eindringling in ihre Welt so grausam, wie nur junge Frauen es wohl sein können: Sie titulieren sie offen als „Freak“ oder „Zurückgebliebene“, spielen fiese Streiche, versprühen verbales Gift und zeigen ihre Ablehnung überdeutlich. In jener (Schul-) Umgebung findet Dot nur Zuflucht im Klavierraum oder der Einsamkeit einer Toilettenkabine – nicht, weil sie vor den anderen flüchtet, sondern freiwillig, um für sich allein zu sein.

Aus ihrer Beobachterrolle heraus muss sie erkennen, dass sich das Sein im Hause Deer erheblich von dem Fassaden-haften Schein unterscheidet: Olivia ist süchtig nach Schmerzmitteln und verbringt die meiste Zeit des Tages damit, in einem Trance- ähnlichen Zustand in ihrem halb fertig eingerichteten Haus zu hocken, den Blick ins Leere gerichtet – Paul hingegen ruft seine Tochter gelegentlich einfach mal so übers Handy an, fragt Sachen wie „Are you wearing your Cheerleader-Outfit?“ und sucht sie nachts in regelmäßigen Abständen in ihrem Schlafzimmer auf, sobald die anderen zu Bett gegangen sind. Aus einem der Albträume erwacht, unter denen sie seit dem Ableben ihres Vaters leidet, an welchem sie sich die Schuld gibt, wird Dot bei einem späten Verlassen ihres Zimmers zufällig Zeuge einer dieser „Besuche“. Im Gegenzug ertappt Nina sie (unbemerkt) kurz darauf beim Ausleben eines eigenen, streng gehüteten Geheimnisses – von da an setzt eine Art psychologisches „Katz & Maus“-Spiel zwischen ihnen ein: Nina gesteht ihr, dass sie vorhat, ihren Vater umzubringen, Dot ist sich allerdings keineswegs sicher, wie ernst sie das meint, denn besorgt muss sie erkennen, dass jene in gewisser Weise eigene Vorteile aus der Situation zieht. Schnell findet sich der „ruhige“ Teen inmitten diverser Verflechtungen wieder, welche verschiedene Beichten offen legen, die man ihr gegenüber ablegt – ihr Zustand stellt dabei einen (sie jeweils) schützenden Faktor dar: Der begehrte Sportler Connor (Shawn Ashmore), auf den Michelle eigentlich ein Auge geworfen hat, sucht verstärkt ihre Nähe und offenbart ihr seine sexuellen Phantasien, die er einem „normalen Mädchen“ gegenüber nie aussprechen würde, Paul räumt ein, krank zu sein, Nina verfolgt eigene Pläne, dieser inzestuösen Konstellation zu entfliehen – nur begeht letztere, allen Vorbereitungen zum Trotz, einen folgenschweren Fehler, der eine fatale Ereigniskette in Gang setzt…

„the Quiet“ legt den Blick auf Abgründe frei, die sich, gut versteckt hinter der gehegten Oberfläche aus weißen Picket Fences und gepflegten Vorgärten, innerhalb der Wände bestimmter amerikanischer Vorstadt-Einfamilienhäuser auftun – ein Thema, das schon oftmals von Produktionen unterschiedlichster Genres angegangen wurde: Die Spanne umfasst solch ungleiche Werke wie „Blue Velvet“, „Serial Mom“, Mike Mendez´„Killers“ oder TV´s „Desperate Housewives“, um nur einige zu nennen – beim Sichten musste ich zudem an Rob Schmidt´s unterschätztes Debüt „Crime & Punishment in Suburbia“ denken. Der Grundton ist düster und kühl, vorhandener Humor kommt hintergründig daher, fast im Sinne eines Schutzmechanismus, welcher die Tragik der erzählten Geschichte nach außen hin zu dämpfen versucht, allerdings ohne sie letzten Endes in irgendeiner Form zu verschleiern oder gar zu trivialisieren. In der geradezu verzweifelt aufrecht erhaltenen (vordergründigen) Idylle werden allmählich Risse sichtbar – Dot deckt sie für sich im Einklang mit dem Zuschauer auf. Ihre eigens gewählte Isolation soll verhindern, dass man sie verletzt und sie im Gegenzug genauso wenig anderen Personen Schaden oder Schmerzen jeglicher Art zufügt. Eine Zeit lang funktioniert das, von den Träumen mal abgesehen, bis die Umstände sie dazu zwingen, doch gewichtige Entscheidungen zu fällen, die unweigerlich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen – von da an gibt es kein Zurück mehr.

Das Haus der Deers, in welchem sich die meisten Szenen abspielen, ist kalt, unfertig und steril, wegen Renovierungsarbeiten stehen etliche Räume fast völlig leer, über viele Möbel und Wände hat man Folie gelegt – ein symbolischer Schachzug, die zerklüftete Psyche der Familie zu veranschaulichen, welche in einer von ihnen selbst erschaffenen Umgebung lebt, die, unabhängig aller Bemühungen und gezielt ergänzten Details (zum Beispiel moderne, kostspielige Ausstattungsgegenstände), nie konvergent oder vollständig wirken will. Alle Figuren besitzen Geheimnisse und bedienen sich gezielt eingesetzter Manipulationen, um diese aktiv unter dem Deckmantel des Schweigens verborgen zu halten – welches Ausmaß sie insgesamt besitzen, und wie weit jeder bereit ist, ohne Kursänderung für ein Aufrechterhalten dieses komplexen Lügenkonstrukts zu gehen, bildet die zentrale Frage, deren Antwort im Innenleben der komplizierten Charaktere liegt. Losgelöst aus spezifischen Umfeldern (Zuhause, Freundeskreis etc), in denen der Zusammenhalt stärkt, bröckelt die mühsam aufgebaute, instabile Fassade.

Dot ist nicht bloß ein unscheinbares Mauerblümchen, das die Hänseleien ihrer Mitschüler tapfer über sich ergehen lässt und darauf wartet, endlich aufzublühen, sondern jemand, der dieses Schicksal bewusst gewählt hat und weder Anschluss noch Mitleid sucht. Wir sehen die Begebenheiten durch ihre Augen, es werden sogar Einblicke in Ihre Gedankenwelt gewährt, nämlich in Form von (inneren) Voiceover-Monologen, die meiner Meinung nach zwar vollkommen unnötig sind, dennoch einen besseren Zugang zu ihren Motiven gewähren. Leider verraten sie, obwohl viele „nur“ von Beethoven´s Taubheit und seinem Meistern der Lage handeln, zu viele Hinweise auf ihr Geheimnis, welches aber ohnehin überraschend früh im Verlauf gelüftet wird und den Geschehnissen eine ganz andere Perspektive verleiht. Ihre Behinderung und natürliche Passivität lässt andere Personen automatisch ihre Abwehrhaltungen und Berührungsängste ablegen: Sie „missbrauchen“ Dot als Beichtpartner, dem man seine Sünden und Phantasien preisgeben kann, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen – das Gefühl, dass ein Mensch ihnen quasi „zuhört“, das Ausgesprochene nur nicht versteht, entlastet die Seele, zumindest kurzzeitig. Ihr Schweigen suggeriert eine sichere Intimität, der man sich (verbal) hingeben kann – die Geständnisse, ob nun schrecklich oder (wie Connor´s Fall) peinlich, richten keinen zusätzlichen Schaden an.

Der erste Eindruck, den Nina hinterlässt, ist der einer verwöhnten Göre, die überheblich in ihrer „Rolle“ als begehrtestes Girl der Schule aufgeht sowie abweisend oder gar aggressiv gegenüber Dot und ihren Eltern auftritt. Sie ist einer dieser Bitches, die man augenblicklich angesichts ihrer emotionalen Grausamkeit hasst: An einer Stelle trifft sie ihre „neue Schwester“ auf der Schultoilette und merkt in einem freundlichen, langsam gesprochenen Ton (so dass ihre Worte abgelesen werden können) an, dass Dot allein per Auftragen eines Lippenstifts sofort viel mehr aus sich machen könnte – daraufhin trägt sie diesen, in einer vermeintlich netten Geste, auf, doch als die Kamera im Anschluss die Perspektive wechselt, ist zu sehen, dass Nina sie im Stil eines Clowns schminkte. Ihr eindimensionales Auftreten und allgemeiner Widerwille wird allerdings nach dem Erfahren der Umstände in ein anderes Licht getaucht: Sie ist ein psychisch verstörtes Kind, ein Opfer wiederholter und noch immer andauernder inzestuöser Vergewaltigungen. Sie ist hin und her gerissen zwischen einem tiefen Hass und simultan vorhandener Liebe zu ihrem Vater. Auf einer Ebene genießt sie die erfahrene Zuneigung im Rahmen dieser sexuellen Beziehung und nutzt diese per Beeinflussung seiner Schwächen zu ihrem Vorteil aus, etwa um Geschenke zu erhalten oder abends länger unterwegs bleiben zu dürfen, andererseits verabscheut sie ihn und plant (angeblich) seine Ermordung – ob sie wirklich den Mut besitzt, diese Fiktion in die Tat umzusetzen, es sich nur um eine Phantasie oder ein böses Spielchen handelt, ist keineswegs klar. Ihr Verhalten ist sprunghaft und irrational – typische Symptome für die Auswirkungen der ihr zugefügten Erlebnisse. Als sie sich einmal nach einer erneuten Läster-Tirade im Beisein ihrer Freunde während einer Kino-Vorstellung kurz die Ohren zuhält und derart den Film schaut, um den Zustand der Taubheit zu simulieren, sieht Dot das (unbemerkt), alleine abseits der anderen weiter hinten im Saal sitzend – ein großartiger, irgendwie bewegender Moment.

Beide Mädchen leiden, unabhängig aller Gegensätze und offensichtlich andersartigen Wesensmerkmale, an ähnlichen Traumata, die mit ihren Vätern in Verbindung stehen, sind ambivalente Persönlichkeiten und teilen wesentlich mehr Gemeinsamkeiten, als es der erste Eindruck eingesteht. Gespielt werden sie, absolut perfekt besetzt, von den Jungstars Camilla Belle und Elisha Cuthbert, denen es superb gelingt, die unterschiedlichen, mehrschichtigen Facetten punktgenau auf die Leinwand zu bannen. Am meisten überraschte mich letztere, bekannt aus „the Girl next Door“, dem „House of Wax“-Remake oder TV´s „24“: Hier kann sie erstmalig zeigen, was genau in ihr steckt, denn sie meistert ihre schwierige Rolle in diesem Werk, das sie sogar co-produzierte, ohne Tadel und bietet dabei die nötige Bandbreite an Emotionen auf – beginnend bei der „Heathers“-artigen Zicke, bis zum innerlich zerbrochenen Opfer voller unverarbeiteter Konflikte. Ungeachtet dessen, wird sie von ihrer Partnerin, welche in „the Ballad of Jack and Rose“ eine verwandte Story durchlebte, überstrahlt: Camilla, die kürzlich schon das „When a Stranger calls“-Remake beinahe alleine auf ihren wohlgeformten Schultern trug, bezaubert mit einer Performance, die hauptsächlich auf (mehrfach deutbare) Mimik und Körpersprache beruht – sie meistert diese subtile, schwierige Herausforderung bravourös. Miss Belle spielt in beeindruckender Form – selbst wenn ihr das Skript einige unglückliche Wortzeilen in den Mund legt, welche ihre Gedanken kundtun. Ihre gemeinsamen Szenen bilden die schauspielerischen Höhepunkte, die Chemie stimmt, was wichtig ist, schließlich geht es primär um ihre Beziehung zueinander. Die anderen Parts stehen, nicht nur im Sinne ihrer Konzeption, klar im Schatten der zwei Leads: Paul ist kein pädophiles Klischee-Monster, sondern ein Individuum, dem seine Krankheit schmerzhaft bewusst ist – er gibt bei seiner „Beichte“ beispielsweise offen zu, dass er Dot u.a. auch deshalb in seine Familie geholt hat, weil er hoffte, so (aufgrund der Gegenwart eines Fremden im Haus) von seinem Drang abzukommen. Er hasst sich selbst, kann aber nicht aufhören. Martin Donovan („the Sentinel“/„Insomnia“) agiert auf einem authentisch wirkenden Level ohne Übertreibungen oder stereotype Ausbrüche, die innere Zerrissenheit verkörpert er sehr gut. Die Männer hier gehen jeweils (mehr oder minder) auf der Basis egoistischer Motive vor – eine menschliche Schwäche. Olivia bevorzugt Drogen der Realität, was sie zu einer passiven Komplizin macht – allein der Gedanke, dass ihr Mann in sexueller Hinsicht seine Tochter ihr vorzieht, ist zuviel für sie. An Edie Falco´s (TV´s „the Sopranos“/„Freedomland“) Leistung kann ich eigentlich nicht viel kritisieren, nur ist die Rolle zu straff gestrickt worden, um herauszuragen, denn die meiste Zeit verbringt sie in einem geistig abwesenden Zustand. Newcomerin Katy Mixon („Zombie Prom“) brilliert als Klischee-Figur Michelle: Sie ist über-nervig und für keinen rabiaten Spruch zu schade, weshalb man sie umfassend nicht ausstehen kann – genau so, wie beabsichtigt. Shawn Ashmore („Iceman“ aus der „X-Men“-Franchise) nimmt man zwar das Objekt der weiblichen Begierde an der Schule kaum ab (dafür ist er, nun ja, zu uncool), Connor´s Gefühle übermittelt er allerdings treffend: Er glaubt, dass ein Preisgeben seiner persönlichen Gedanken ein Zeichen von Schwäche wäre, weshalb er in Dot einen perfekten Partner sieht, da er sich alles von der Seele reden kann, ohne befürchten zu müssen, dass sie ihn versteht bzw schlimmstenfalls auslacht. Er bewundert, wie ruhig sie doch sei – wie eine Puppe.

Nach ihrem erfolgreichen Debüt, der Satire „But I´m a Cheerleader“ aus dem Jahre 1999, machte sich Regisseurin Jamie Babbit im TV-Bereich einen Namen – dank ihrer Beteiligung an cleveren Hit-Serien wie „Nip/Tuck“, „Gilmore Girls“, „the L Word“ oder „Malcolm in the Middle“. „the Quiet“ markiert nun ihren zweiten (Indie-) Kinofilm: Ein düsteres Psycho-Drama, „aufgelockert“ mit scharfzüngigen Dialogzeilen sowie (teils) mehr als nur einer Prise bissiger Satire – die Materie-Annäherung ähnelt der von „American Beauty“, bis hin zu dem Grundgerüst einer Vorort-Dystopie. Der zusätzliche Ansatz, die Persönlichkeitsausrichtung junger Leute innerhalb der High-School-Zeit, inklusive der Verwirrungen, Bösartigkeiten, Unsicherheiten und dem Entdecken bzw Erforschen der eigenen Sexualität, einzufangen und mit den Prägungen des Elterhauses zu verbinden, wird partiell in Form eines „Mean Girls“- oder „Pretty Persuasion“-artigen Humors vermittelt, der manchmal etwas uneben erscheint, nichtsdestotrotz eine eigene Note entwickelt, welche einen unverkennbaren Reiz ausübt. Man lacht, doch es ist eine unangenehme Regung, die einem mehrfach im Halse stecken bleibt – wenn Connor aus tiefster Seele völlig ernst über seine Masturbationspraktiken erzählt, weiß man nicht so recht, wie man reagieren soll. Andere Sequenzen bewegen sich entlang ähnlicher Grenzen, wie der Ansatz eines lesbischen Köders (seitens Michelle, mit ihrer Freundin im Bett ihres Bonbon-Kitsch-Girly-Zimmers liegend), Nina´s Schilderungen, dass es ihren Dad antörnt, von ihr in die Brustwarzen gebissen zu werden, oder eine Einstellung, in der sie, nur Unterwäsche tragend, ihre Cheerleader-Uniform im Beisein ihres Vaters bügelt. Apropos: Die Veranschaulichung des Reizes dieser Kleidung erinnert an jener in Cronenberg´s „History of Violence“. Was man nicht vergessen darf: Es geht im Wesentlichen um Inzest und die psychologischen Auswirkungen dieser Taten – das durch den Humor in diesem Zusammenhang erzeugte Gefühl mutet daher sporadisch merkwürdig an.

Die Autoren Abdi Nazemian und Micah Schraft erschufen ein Drehbuch, das an einigen Stellen eine zerklüftete Impression hinterlässt: Inhaltlich wird nicht viel mehr geboten, als es der (eher misslungene, weil deutlich zu reißerische) Trailer anpreist – minus der dort leicht irreführend hervorgerufenen Vermutung, es könnte sich eventuell um einen sexuell aufgeladenen Thriller handeln. Ein zentraler Twist ist im Vorfeld abzusehen, aber da das Preisgeben dieses Geheimnisses relativ früh geschieht, lassen sich gerade daraus neue, interessante Fragen ableiten, was vorliegend zum Glück auch geschah – eine Auflösung zum Finale hin wäre ungleich konventioneller gewesen, nicht nur deshalb begrüße ich den gewählten Weg. Die verwendete Sprache ist direkt und realistisch, so dass einem gelegentlich die Nackenhaare zu Berge stehen, weshalb die Verteufelung bestimmter Fernseh-Einflüsse durch die Eltern in gewisser Weise nachvollziehbar ist, selbst ohne diese Meinung zu teilen. Die Familiengespräche am Tisch sind bewusst banal, Nina´s Kommentar zu der im TV laufenden Nachrichtensendung spricht Bände: „Why can't we watch something that affects us?“ Was ich schade finde, ist dass man sich dafür entschieden hat, Dot ein Voiceover zu verpassen: Mutiger und stimmiger wäre es gewesen, sie (in dieser Hinsicht) stumm zu belassen – und das, obwohl manche ihrer Aussagen eine hohe Qualität besitzen. Ein wichtiges inhaltliches Element, das den gesamten Film auf mehreren Ebenen durchzieht, stellt das Klavier-Spielen dar: In diesem findet Dot Ruhe und Geborgenheit, die Tatsache, dass Beethoven seine besten Arbeiten ablieferte, als er bereits fast taub war, gibt ihr Mut und Ansporn. Jeff Rona´s Score unterstreicht die Geschehnisse sowie düstere Grundstimmung vortrefflich, Cinematographer David Mullen liefert die passenden kalten, vernebelten Bilder dazu. Die Begebenheiten weisen von Anfang an in Richtung eines unguten Ausklangs – einmal ausgelöst, ist die Kettenreaktion der Ereignisse nicht mehr aufzuhalten. An Babbit´s Inszenierung gibt es nichts auszusetzen, zumal das Gewicht des Ausgangsmaterials durchgängig spürbar ist und man dieses zu keiner Zeit zwecks Generieren zugkräftiger Thrills missbraucht – ein zentraler Übergriff wird etwa weitestgehend anhand der Reaktion der dieser Tat im Nebenzimmer Zeuge werden Dot aufgezeigt, während die Vorstellung, genährt von den gedämpften Lauten, die bildlichen Lücken ausfüllt. Spannung entsteht vornehmlich aus der Unsicherheit, wie Personen in bestimmten Momenten wohl reagieren – besonders wirkungsvoll entfaltet sich eine Sequenz, in der Nina ihrem Vater mit einem Bügeleisen in Händen gegenübertritt. Wer nicht vor ungemütlicher Kost zurückschreckt, deren verwunderlicher Humor sicher manchem Zuschauer befremdlich anmuten dürfte, dem sei dieser interessante Film hiermit ans Herz gelegt…

Fazit: „the Quiet“ ist ein lohnendes Psycho-Drama, das, obgleich nicht frei von kleineren Schwächen, dank seiner hervorragenden Hauptdarsteller sowie des atmosphärisch dichten Neo-Noir-Settings überzeugt … ganz knappe „9 von 10“


People always talk about the Quiet before the Storm, but no one talks about the Quiet after.
At least after the Storm you know it´s really over…

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