Wenn ein Horrorfilm der letzten Zeit die "Gemeinde" der Horrorfans gespalten hat, dann dieser. Als ich einen ersten Blick auf die Inhaltsangabe geworfen habe fragte ich mich ernsthaft, warum. Folter bzw. Folterkeller sind im Horrorfilm nun wirklich nichts neues mehr. Um so verwunderlicher ist die scharf geführte Diskussion, wenn man einen Blick auf Fernsehserien wie "24" und typische Mainstreamfilme wie "Man on Fire" wirft. Hier wird nicht nur gefoltert, sondern wird es auch noch mit heuchlerischen Argumenten legitimiert. Und diese Filme bewirkten im großen und ganzen keinen solchen Aufschrei des moralisch gefestigten Feuilleton. "Hostel" hat mit solchen Machwerken nur wenig zu tun. Die Geschichte ist so simpel gehalten wie möglich. 3 junge Erwachsene, 2 davon Amerikaner die gerade ihr Studium pausieren, reisen quer durch Europa um das Leben zu genießen. Soll heißen, Drogen, Alkoholkonsum und natürlich Sex in rauhen Mengen. Während dieser Eskapaden stoßen sie eher zufällig auf einen Jungen Mann der ihnen den Geheimtip gibt, in die Slowakei zu reisen und in einem bestimmten Hostel einzuchecken. An jenem Ort soll es nur so vor willigen und hübschen Frauen wimmeln. Nicht Verwunderlich das die 3 Hormongesteuerten Männer sofort zur Tat schreiten um in besagtes Hostel zu gelangen. Im weiteren Verlauf stellt sich schließlich heraus, daß sie in eine Falle getappt sind und in den Fängen einer ominösen Foltermafia sind. Diese bietet reichen Geschäftsleuten die Möglichkeit, sich mal so richtig "auszutoben" bzw. ihre Sadismen völlig auszuleben an.
Eli Roth merkt man sofort seine Liebe zum Terrorkino und Exploitationfilm der 70er Jahre an. Und genau wie in jenen geht es hier nicht um vordergründige Schockszenen oder gar Suspense. "Hostel" bedient sich unserer (Ur)Angst der Folter bzw. der totalen Willkür eines Menschen ausgeliefert zu sein. Roth läßt keinen Zweifel, er will das sich das Publikum in der Lage der gefolterten hineinversetzt. So erleben wir den ersten Aufenthalt im Folterkeller teils durch einen Stoffsack, also mehr oder weniger durch die Augen des ahnungslosen wie bemitleidenswerten Opfers. Was im Anschluß passiert ist zwar grafisch derb dargestellt, aber viel bedrückender ist die alleinige Vorstellung dieser Ausweglosigkeit. Dabei spielt es keine Rolle ob dieser Thailändischen Folterkeller bzw. deren Homepage, auf die sich Eli Roth beruft wirklich existiert. Man kann natürlich auch so weit gehen und in "Hostel" Gesellschaftskritik hineininterpretieren. Und es mag auch kein Zufall sein, daß gerade in jener Zeit, wo das Thema der Folter durch Abu Ghraib und diverse Irakische Enthauptungsvideos omnipräsent ist, ein Film wie jener herauskommt. Für mich steht jedenfalls fest, daß Roth hier kalkuliert oder unkalkuliert einen Nerv getroffen hat. Gesellschafts-, Konsumkritik? Mag sein, das alleine ist ja noch kein Qualitätsmerkmal, viel entscheidender ist, daß es endlich wieder mal ein Horrorfilm geschafft hat, sein Publikum mit verstörenden und zynisch satirischen Bildern gefangen zu nehmen. Das, daß nicht zu einem allseits geliebten Publikumsliebling avanciert liegt schon aufgrund der nicht unbedingt leicht zu konsumierenden Gewaltszenen auf der Hand. Der Film hatte es ja auch nicht gerade leicht bei seinen Kritikern. Die eher dumpfen Splatterkiddies warfen ihm zu wenig Gewalt (Splatter) und zuviel Sex vor, und einige der sogenannten Intellektuellen Elite sprachen dem Film (aber viel mehr Eli Roth) von vorn herein jegliche Raffinesse und Intelligenz ab. Wenn ich auch den Film nicht in die Sphären von so Meisterwerken wie "The Texas Chainsaw Massacre" heben will, denn dazu hat er einfach zu viele Mängel, vor allem am Ende, so ist es ihm doch gelungen aus dem Sumpf von Horrorremakes durch Eigenständigkeit und Kompromißlosigkeit (nicht nur im Gewalt Sektor) hervor zu ragen.
Die größten Fehler macht Roth wie schon gesagt am Ende. Viel zu aufgesetzt und unrealistisch wirkt jener Finale Selbstjustiz Showdown. Hier wäre er gut beraten gewesen den Film abrupter und damit ungelöster, gleich seinem Vorbild "Texas Chainsaw Massacre" Enden zu lassen. Der Vorwurf Roth würde mit der Darstellung der Slowakei rassistische Motive verfolgen ist recht weit hergeholt. So ist es doch viel eher die westliche Welt die hier ihr Fett weg bekommt. Die den pervertierten Kapitalistischen Traum lebenden Folterknechte sind ein Deutscher, ein Holländer, ein Japaner (Miike) und ein Amerikaner. Natürlich füttert Roth dabei die Vorurteile die man, vor allem in den Usa über Ostblockländer hat. Das kann man ihm auch Vorwerfen, ich hingegen halte es für ein legitimes, und vor allem sehr oft in Horrorfilmen eingesetztes Mittel um die angsteinflößende "Fremde" in der sich unsere Darsteller befinden darzustellen.
Mag man "Hostel" für einen sadistischen, effektheischenden, pseudogesellschaftskritischen Mistfilm, für eine sehr ausgeklügelte Satire oder einfach für einen zynisch brutale Auferstehung des Terrorkinos halten. Fakt ist, er wurde und wird heiß diskutiert und gehört damit zu dem kontroversesten Horrorfilm der neueren Zeit. Das ist, besonders bei Horrorfilmen nicht immer das schlechteste Zeichen.