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Friedensrichter Joe [ Terence Hill ] rettet unschuldig Verurteilte heimlich vor dem Galgen und bildet mit ihnen eine Vigilante Force, die sich vor allem gegen den skrupellosen Gouverneur David Berry [ Horst Frank ] wenden soll.

In Unkenntnis der originalintendierten Erstsynchronfassung Django und die Bande der Gehenkten bleibt das erstmal die Inhaltsangabe; alles andere wäre zuviel reininterpretiert und vermutet.
Die Zweitsynchronfassung Joe der Galgenvogel verändert nämlich komplett den Ton des Filmes und produziert einen komischen Effekt, so dass man je nach Augenmerk auf Bild und Ton gleichzeitig verschiedene Filme, ja sogar verschiedene Genres sieht.
Dabei machen die obligatorischen Schnitte in den Gewaltszenen noch nicht einmal das Problem aus: Die versuchte Auflockerung durch vermeintlich komische Dialoge legt einen falschen Sinn über den hohen Anteil von Zynismus und Brutalität, stellt ständig einen nichtvorhandenen Bezug zum abwesenden Dicken = Bud Spencer her und kommt zuletzt noch häufiger mit dem Moralischen. Joe wird mehrmals an seine Pflichten als staatlicher Beamter erinnert und „versucht“ zusammen mit seinem Vater auch, die Gauner nur zu verwunden, ins Gefängnis zu bringen und einem ordentlichen Gericht zuzuführen. Die Bilder kümmern sich nicht darum, verselbständigen sich und veranstalten eine tödliche Schiesserei; letztlich ist das krude Ergebnis ein unheimlich misslungenes Experiment, dass wahrscheinlich Klassen unter dem ursprünglichen Werk liegt und ganz anders bewertet werden muss.

Als Hauptelement der Handlung fällt das potenziale Element der Bande der Gehenkten am deutlichsten auf, wird aber auch am wenigsten genutzt, was materiell die gröbste Schwäche des Filmes ist. Sowieso ist sämtliche Figurenzeichnung sehr simpel und rein nach dem Drehbuch fungierend; das motivistische Repertoire kommt abgesehen bei Joe über Geldgier nicht hinaus und treibt dadurch einen harten Keil in jede Charakterisierung. So erfreuen sich die vom Strick Befreiten gar nicht über das geschenkte Leben oder zeigen sich irgendwie gegenüber ihrem Retter dankbar, sondern veranstalten flugs einen Aufstand. Da wird die geplante Vereitelung eines Raubüberfalls auf den Geldtransport schnell zum eigenen Verbrechen, worauf das edle Metall auch innerhalb der Gemeinschaft zu Mord und Totschlag führt. Die Besitzer wechseln, die Gier bleibt.

„Macht ist immer nur da, wo Geld ist“; Joe will keine Macht und das Materielle ist auch längst aussen vor. Er will nur die Gerechtigkeit und Rache und nutzt dafür selber illegale Wege, die aber in der Zeit notwendig geworden sind. Zwei Angebote von Berry schlägt er aus; die erste Verweigerung führt zum Tod einer Frau [ seiner Frau ? ], die zweite später zu seiner Folterung und als Antwort zum offenen, fulminanten Gewaltausbruch zwischen beiden Männern.

Wieder bietet die vorliegende Fassung nur mehr Fragen als Antworten; zuerst ist es ein Rätsel, wieso Joe nach dem eröffnenden Überfall überhaupt noch als Einziger am Leben ist und wieso er danach immer noch am Leben gelassen wird, obwohl er offen in der Stadt herumspaziert. Dann verschiebt sich die Zeit; es ist schon ein Unterschied, ob die Geschehnisse zwei Wochen oder fünf Jahre her sind und auf eins davon sollte man sich dann auch einigen können.
Die ersten drei Verräter in Joe’s Bande enttarnen sich fast von allein; noch offensichtlicher wäre es nur gewesen, wenn sie mit einem Schild herumgerannt wären.

So geht es weiter; derlei Freiraum in der schon einfachen Grundkonstellation macht die mangelnde Drehbuchsubstanz allerdings die meiste Zeit durch die karge und düstere Atmosphäre wett. Mit ästhetischem Nihilismus werden erfolgreich die harten Einschnitte in der Erzählweise kompensiert. Dramaturgisch inkohärent, aber stilistisch eine eigene und überzeugende Vision in der Tradition von Django, die sogar einige Zitate mit einbringen darf, ohne als Plagiat zu wirken. Mag der Friedhof auch fast zu grotesk krumm und windschief erscheinen, so ist die beinahe postapokalyptische Präsentation von Gier und Verzweiflung doch erfolgreich. Solange man sich auf das Gezeigte konzentriert und das Gesagte ausblenden kann.

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