Review

Endlich mal ein neuer Kriegsfilm. Lange genug gab es auf dem Sektor nichts Gescheites mehr, zuletzt hat Black Hawk Down (2001) überzeugt.
Als neuer Versuch jetzt Jarhead – (Marmeladenglaskopf). Man kann auch gleich zu Beginn sagen, dass das ein wichtiger und auch richtiger Film ist - aber meist sagt man so etwas über langweilige Filme und genau das trifft auch auf Jarhead zu.

Wir begleiten den 20-jährigen Marine-Anwärter Swofford bei seiner Ausbildung und anschließend im Irak-Krieg von 1991 (Operation Desert Shield). Der Krieg hat sich gewandelt und wird aus der Luft geführt, das erfährt man im zweiten Teil.
Im ersten Teil geht es zunächst um die Ausbildung und da hat man mehrere Deja-Vu Erlebnisse. Viele Einstellungen und Szenen wirken wie aus Full Metal Jacket geklaut. Aufgabe des Drill-Instructors (fantastisch: Jamie Foxx) ist – wie man schon lange weiß - den Willen der jungen Soldaten zu brechen. Dazu wendet er auch jedes Mittel an, am beliebtesten scheint das lächerlich machen vor versammelter Mannschaft zu sein. Immerhin ist das – trotz oder wegen der Brutalität – ganz nett anzuschauen.

Entsprechend flüssig vergeht also der erste Teil. Wobei natürlich klar ist, dass dabei nichts wirklich Neues gezeigt wird und man ständig das Gefühl hat, das von den großen Vorbildern Platoon und Full Metal Jacket abgekupfert wird.
Beim Wechsel zum zweiten Teil wird dann ganz dreist nicht nur Apocalypse Now zitiert, sondern sogar gezeigt: Die fertig ausgebildeten Kadetten werden direkt aus einer Kinovorstellung des Films herausgerissen. Dabei bejubeln sie den Hubschrauberangriff zu den Klängen von Wagners Walküre – und dieser eigentlich vorbildliche Anti-Kriegsfilm- entfacht Vorfreude auf den kommenden Krieg. Strike! Ein echter Volltreffer!

Ja und dann beginnt der langweilige Teil. Sicherlich ist das in mancherlei Hinsicht gewollt langweilig, weil die Soldaten in der Wüste nun mal nichts zu tun haben. Und natürlich ist das auch der wirklich neue und sicherlich auch wichtigste Aspekt des Films. Der zeigt, dass die Soldaten ständig in Hochspannung sein sollen, um den bösen Iraker zu erwarten, aber dann geschieht eben doch nichts außer Masturbation (was man auch sehen darf) und es gibt für sie keine Möglichkeit die Anspannung abzubauen. Natürlich geht das den Marines auf den Keks.

Aber wenn das auch dem Zuschauer so geht, dann muss man Regisseur Sam Mendes einige Fehler anlasten. Am deutlichsten ist, dass er den Soldaten (außer der Hauptfigur) zu wenig Persönlichkeit und Tiefe gegeben hat, die über die Langeweile hinüberretten könnten.
Erwähnenswert ist allerhöchstens noch der bösartig-witzige Einfall von der „wall of shame“, an der die Soldaten Fotos ihrer Freundinnen und Ehefrauen pinnen, die während des Wüstenaufenthalts die Beziehung beenden und sich mit neuem Freund vergnügen. Die Zeit der treu wartenden Frau, die nachher noch stolz die Paradeuniform bügelt ist wohl endgültig vorbei. Das ist sicherlich der zweite gute Aspekt, für den es sich lohnt den Film zu sehen. Es gibt dazu sogar noch eine stärkere Szene, in der wieder einmal ein anderes Meisterwerk „Die durch die Hölle gehen“ von Michael Cimono zitiert wird.

Aber für einen wirklich guten Film ist das zu wenig. Das größte Problem von Jarhead ist wahrscheinlich, dass sich alles viel zu stark um die Hauptfigur Swofford dreht (der ja auch das Buch geschrieben hat). Aber der ist eigentlich ein sehr unspektakulärer und sehr langweiliger Typ (leider auch farblos von Jake Gyllenhaal dargestellt).

Es wäre viel gewonnen, wenn die anderen Kumpels, mehr Platz in der Geschichte bekommen hätte (wobei mal wieder erstaunlich ist, was der an sich geschichtslose Sergeant Sykes aka Jamie Foxx aus seiner Rolle machen kann). Aber es ist auch unverständlich, warum so viel auf die untreuen Ehefrauen und Freundinnen eingedroschen wird und dann komplett verschwiegen wird, dass Auslandssoldaten beim Fronturlaub am liebsten und natürlich stets kollektiv die heimischen Puffs besuchen. In Jarhead wird so getan, als wenn die Soldaten zufrieden sind, wenn sie sich selbst einen schütteln - wer's glaubt ...)

Positiv kann man jedenfalls anmerken, dass Jarhead der erste Kriegsfilm einer neuen Soldaten-Generation ist, die genauso wie früher ausgebildet wird, aber einen Krieg führen muss, der nichts mehr mit Heldentum und Nahkampf zu tun hat. Im Prinzip geht es im Film vor allem darum ob und wann Feindkontakt geschieht. Aber wie sich das dann darstellt, soll in dieser Review natürlich nicht vorweggenommen werden.
Negativ kann man anmerken, dass Jarhead nicht mal Ansatzweise an die viel zitierten Meisterwerke wie Apocalypse Now, die durch die Hölle gehen oder Full Metal Jacket heranreicht. Dazu kopiert der Film zu viel, hat eine uninteressante Hauptfigur, ist überhaupt nicht spannend und es fehlt ihm auch das „Zwingende“ der großen Kriegsfilme.

Aber möglicherweise sind diese Kritikpunkte irrelevant, denn Genrefans werden sich Jarhead auf jeden Fall ansehen (schließlich gibt es derzeit nur sehr selten neue Kriegsfilme).

Details
Ähnliche Filme