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Anfang der 1980er gerieten die Grenzbehörden kurz ins Visier des amerikanischen Copthrillers: „The Border“ und „Borderline“ gingen fast gleichzeitig an den Start.
In „The Border“ geht es um die Geschicke von Charlie Smith (Jack Nicholson), der zur Grenzpatrouille versetzt wird, und gleich mit offenen Armen empfangen: Die beste Freundin seiner Frau wohnt mit ihrem Mann nebenan, dieser, Cat (Harvey Keitel), ist ebenfalls bei der Grenzpolizei und führt in die Arbeit ein. Charlies Frau Marcy (Valerie Perrine) wirft das Geld emsig mit beiden Händen aus dem Fenster, was ein wenig am Frauenbild des Films zweifeln lässt, gleichzeitig auch im Plot seine Funktion hat.
Bald ist Charlie durch das Verhalten seiner Frau in Geldnöten und sucht nach Wegen etwas dazu zu verdienen. Tatsächlich machen viele seiner Kollegen dies, doch Charlie hat immer noch mehr Prinzipien als sie…

Über weite Strecken ist „The Border“ kein handlungsgetriebener Film, ehe eine Bestandsaufnahme der Grenzsituation: Die Immigranten versuchen immer wieder in die USA zu kommen, einige suchen nach Arbeit, andere schmuggeln Drogen, und nur selten lassen sie sich von einer Abschiebung dauerhaft aus dem Land fernhalten. Gleichzeitig sind sie das schwächste Glied einer Kette, Kojoten verdienen ihren Lebensunterhalt mit ihnen, ebenso die Drogenhändler, deren Stoff sie transportieren, Menschenhändler klauen Babys usw. Ohne schmierig-spießige Moralpredigten, in staubigen Bildern, schildert „The Border“ den Status Quo, pocht nicht darauf die Lösung zu kennen.
Jack Nicholson spielt den Cop, der tagtäglich mit diesen Zuständen konfrontiert ist, verleiht dem Film eine unheimliche Präsenz, porträtiert den Mann zwischen Eigennutz und seinen Prinzipien, während die Kollegen vor allem für sich selbst wirtschaften. Harvey Keitel bietet da schönen Support als tiefer im Sumpf steckender Kollege, während der Rest des Ensembles nicht nur von der außerfilmischen Popularität zurücksteckt: Es sind Nebendarsteller, sie erfüllen ihre Funktion, aber zu Höchstleistungen läuft keiner auf.

Doch so brisant „The Border“ in seinen besten Szenen auch ist, das volle Potential des Stoffes nutzt er nicht aus: Im Mittelteil präsentiert sich der Copthriller schleppend, hämmert immer auf die gleichen Tatsachen ein, während das Geschehen bei Charlie zuhause immer wieder überzeichnet wird, sodass es nicht so recht mit der realistisch anmutenden Darstellung der Situation an der Grenze harmoniert. Schön hingegen ist der Verzicht auf Klischees: Die Mexikanerin Maria (Elipidia Carillo), der Charlue helfen möchte, bleibt eine Nebenfigur, wird nicht zum Love Interest oder zur weiblichen Hauptfigur, Charlies Hilfeversuche missversteht sie (verständlicherweise) als Annäherungsversuche eines Weißen – und deren Großmut betrachtet sie natürlich skeptisch.
Im Finale haut „The Border“ noch mal auf die Actionpauke, was die Situation arg vereinfachend auflöst, aber wenigstens einige Schauwerte bietet. Mit ein paar kleinen Verfolgungsjagden und Schießereien klärt Charlie die Dispute zwischen ihm und seinen Widersachen, mit Schrotflinteneinsatz und improvisierten Hilfsmitteln geht es phantasievoll zu Werke, was das Finale von diversen 08/15-Schießereien abhebt.

„The Border“ ist ein überdurchschnittlicher Copthriller, der realistisch gefärbte, recht ambitionierte Einblicke in die Arbeit der Grenzpolizei gibt, von Nicholson toll gespielt ist, aber in der Mitte leider etwas versandet und im Finale – trotz netter Action – etwas oberflächlich bleibt. Nett, aber ausbaufähig.

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