Review

Revolver
(Ascot Elite)

Was macht ein Regisseur, der zwei Meilensteine des britischen Filmes gedreht hat, mit Quentin Tarantino verglichen wird, wild und virtuos bewiesen hat, dass Kino wahrlich noch fesseln kann, und in seinem dritten Film seine damalige Frau mitspielen ließ und eine klassische Bauchlandung hinlegte? Er zieht sich zurück, besinnt sich auf die wahren Werte seiner Kunst und lässt sich Zeit.
Drei Jahre später findet er für sein komplexes, inhaltlich verstricktes und philosophisch überbordendes Drehbuch einen französischen Produzenten namens Luc Besson, (ebenfalls ein Mann, der vor Jahren einen überragenden Film hinlegte, und mit seinem damaligen Hauptdarsteller den Inbegriff von Coolness schuf), der es dem suchenden Regisseur ermöglichte, seine Vision auf die Leinwand zu bringen. Doch stop! Warum ist dieser Film nie in Deutschland im Kino gelaufen??? Stattdessen wird er mit drei Jahren Verspätung in einer zugegeben sehr edlen Aufmachung als „Direct to Video“ auf den Markt gebracht. Ein echtes Rätsel, zumal das Endprodukt wirklich ein klassischer Kinofilm wäre. Intelligent, virtuos, visuell bezaubernd, hervorragende Darsteller und ein faszinierender Score.
Doch berichte ich erstmal über die Geschichte: Hauptprotagonist ist der intelligente ehemalige Strafgefangene Jack Green (mutig und faszinierend durch Jason Stratham verkörpert, dem es gelingt, trotz eines absoluten Imagebruches eine unglaubliche Coolness an den Tag zu legen), der sekundär gegen einen übermächtig scheinenden Gegner ins Feld ziehen wird, primär jedoch in erster Linie seine eigenen inneren Dämonen bekämpfen muss. Sein offensichtlicher Gegner ist der Casinoinhaber und moralfreie Gangster Macha (wieder einmal beweist Ray Liotta, dass er mehr Talent in einem Augenzwinkern besitzt, als die meisten seiner weitaus bekannteren Kollegen der Branche), der auf den ersten Blick skrupel- und furchtlos wirkt aber auch seine eigenen Dämonen besitzt, denen er sich im Laufe der fortlaufenden Geschichte zu stellen hat. Somit ist der Kern der Geschichte die Handlung zweier Männer, die ihr wahres Ich finden werden. Alles andere ist, auf den kleinsten Nenner runtergebrochen, schmückendes Beiwerk, um das Auge des Betrachters zwar zu faszinieren, aber auch zu verwirren. Denn eigentlich ist der Film eine (zwar positive) Mogelpackung, spielt er uns doch einen smarten Gangsterfilm vor, der alle benötigten Zutaten besitzt (verschiedene Parteien, die sich wegen Geld, Gold und Drogen bekämpfen, ein mysteriöser Strippenzieher im Hintergrund, den niemand zu Gesicht bekommt, eine nötige Prise schwarzen Humors und die notwendigen und sauber inszenierten Schießereien), aber bei genauerer Betrachtung ein Drama um zwei seelisch verkorkste Menschen ist, die sich selber finden werden. Einen Großteil der Lauflänge erfahren wir viel über die innere Einstellung unserer Protagonisten in Form von inneren Monologen, die dem Zuschauer in einem gedanklichen Selbstgespräch präsentiert werden.
Was aber macht Revolver so verdammt faszinierend? Er ist schwer zu konsumieren, man muss als Zuschauer gedanklich bei der Stange bleiben, um dann jedoch sagen zu können, dass man verdammt gut und intelligent gefordert wurde.
Guy Ritchie ist das Kunststück gelungen, mit seinen eigenen formalen Regeln zu brechen, um was Neues zu präsentieren, ohne das Alte zu verraten.
Mit Revolver gelingt ihm das Kunststück, einen visuell leichtfüßigen jedoch inhaltlich gehaltvollen Film zu drehen, der an ein erwachsenes, mitdenkendes Publikum gerichtet ist.
Hier nun wieder meine Frage vom Anfang: warum ist Revolver nicht im Kino gelaufen??? Egal! Hier haben wir nun eine sehr ansprechende Doppel-DVD aus dem Hause Ascot, die uns mit reichlich informativen Bonusmaterial und einer edlen Verpackung beglückt, und so einem großartigen Film eine (zwar verspätete) gerechte Veröffentlichung beschert!
Allen Freunden intelligenter und faszinierender Filmkunst sei Revolver wärmstens ans Herz gelegt!

CFS

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