Review

Drehbuchautor David Ayer ( „The Fast and The Furious“, „S.W.A.T“) hat sich in den letzten Jahren mit den Vorlagen zu „Dark Blue“ und insbesondere „Training Day“ einen Namen gemacht. Mit seinem Regiedebüt „Harsh Times“ schlägt er auf dem selben Großstadt-Terrain nun einen noch trostloseren Ton an und schaut sich dafür viel von Antoine Fuquas („Bait“, „Shooter“) Oscar-prämierten Boxoffice-Hit ab. Die Parallelen sind unschwer zu identifizieren, sind sich beide Konstellationen doch gar nicht mal so unähnlich.
Diesmal sind es allerdings keine Cops, die in ihrer Karre durch L.A. streifen, sondern zwei abgewrackte Typen auf der Suche nach Arbeit. Jim (hier auch Executive Producer: Christian Bale, „Equilibrium“, „The Prestige“) ist ein Kriegsveteran, der offensichtlich einen psychischen Knacks vom Schlachtfeld davongetragen hat und eine tickende Zeitbombe darstellt, die sich kaum unter Kontrolle hat und demnächst zu explodieren droht.. Sein wesentlich relaxterer Kumpel Mike (Freddy Rodríguez, „Lady in the Water“, „Grindhouse“) ein absoluter Faulpelz, der seinen Arsch nicht vom heimischen Sofa hochbekommt, von seiner hübschen, gut verdienenden Frau Sylvia (Eva Longoria, „The Sentinel“) aber nun in den selbigen getreten wird, damit er sich endlich einen Job sucht. Gemeinsam cruisen sie durch Los Angeles und erleben viel, nur mit der Anstellung will es nicht so richtig klappen...

Ayer setzt also auf den sozialen Brennpunkt und hat mit Bale einen facettenreichen Schauspieler an der Hand, der brodelnd, unbeherrscht und unberechenbar mal wieder das unumstrittene Highlight darstellt. Den unberechenbaren Psychopathen bei seinen regelmäßigen Ausrastern zu erleben, rechtfertigt schon allein das Ansehen. Dazu gesellt sich das urbane Flair von Los Angeles, das Ayer mit ähnlich fesselnder Atmosphäre wie einst Fuqua für sich instrumentalisiert und die Katze ist im Sack.
Denkste! „Harsh Times“ liegt weniger daran die Misstände des amerikanischen Sozialsystem offen zu legen oder gar ein spannendes Drama zu erzählen.
Er folgt lieber seinem ziellosen Duo bei seinen täglichen Streifzügen, auf denen sie mit Gangstern und der Polizei in Konflikt kommen, der nächste Tag aber wieder bei Null beginnt. Mike kommt erst gar nicht dazu sich zu bewerben, verkracht sich deswegen mit seiner Frau, die wiederum für Jim nichts übrig hat, und erhält über Vitamin B doch noch einen Job, während Jim nichts anderes übrig bleibt als für die Regierung den Auftragskiller in Mittelamerika zu spielen, weil das L.A.P.D. ihn nicht will, Hintermänner so einen Typen für die Drecksarbeit aber ziemlich gut im Ausland gebrauchen kann. Die Träume der beiden Männer er füllen sich damit nicht wirklich, zumal Jim seine mexikanische Freundin nach Amerika holen wollte, was ihm aber prompt verweigert wird.

Bis es soweit ist, dreht sich „Harsh Times“ ständig im Kreis und ernährt sich von Christian Bales starker Leistung. Man dröhnt sich zu, baut Scheiße, legt sich mit den falschen Leuten an und tuckert abends zufrieden nach Hause in dem Bewusstsein den nächsten Tag genauso anzugehen. Wenn Träume schon nicht wahr werden, kann man immerhin gepflegt einen draufmachen. Dass sie zwangsläufig auf eine Katastrophe hinauslaufen müssen, erahnt zumindest der Zuschauer.

Man kann nach Belieben seitenweise Interpretationen anstellen und das Verhalten nebst den geführten Dialogen der beiden unter die Lupe nehmen, die kribbelige Spannung von „Training Day“ erreicht David Ayer allerdings nie, wobei diesem Film die momentanen Abnutzungserscheinungen des Genres sicherlich nicht gelegen kommen. So viel Neues hat „Harsh Times“ nämlich gar nicht zu erzählen, glänzt jedoch immerhin oft mit totaler Schmuddeligkeit und steigert sich im letzten Drittel in ein paar extreme Momente, bis die erwartete Explosion eintritt und das ziellose Treiben der beiden Protagonisten wegschwemmt.


Fazit:
Stark gespieltes und gut inszeniertes Milieudrama, das neben der fesselnden, urbanen Atmosphäre von Los Angeles starke Darstellerleistungen auf der Habenseite verbuchen kann. David Ayers Regiedebüt lässt dabei jedoch Abnutzungserscheinungen zu. Die Perspektivlosigkeit seiner beiden Hauptfiguren breitet er lang aus, was darauf folgt, frühstückt er umso rascher ab. Aufgrund von Bales Performance insgesamt jedoch allemal einen Blick wert. Inhaltlich dafür etwas mau und abgegriffen. Ein effektiverer Spannungsbogen hätte „Harsh Times“ genauso weiterhelfen können wie eine rasantere Geschichte.

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