Die sieben Filme, die der am 2. Juli 1944 geborene Tim Kincaid von Mitte bis Ende der 1980er-Jahre gedreht hat, sind ein wahres Fest für hartgesottene Liebhaber des irrlichternden Baddie-Patschenkinos. Über Breeders (Killer-Alien, 1986), Bad Girls Dormitory (Bad Girls, 1986), Mutant Hunt (1987), Robot Holocaust (1987), Riot on 42nd St. (New York 42nd Street, 1987) und She's Back (Zurück aus dem Jenseits, 1989) habe ich bereits anderswo geschrieben, und mit The Occultist (1988) konnte ich nun auch das letzte dieser (Mach-)Werke sehen und diese offene Lücke endlich schließen. Somit gibt es mit seinem Debut The Female Response (1973) nur noch einen Film von ihm, der mich interessiert; mit seinen zahlreichen, unter Pseudonymen wie Joe Gage, Mac Larson oder Ray Dragon gedrehten Schwulenpornos kann ich nichts anfangen, einfach, weil ich nicht in die anvisierte Zielgruppe falle. Wenn ich die oben genannten Arbeiten Revue passieren lassen, dann fällt zweierlei auf. Erstens sind seine reinen Exploitationfilme Bad Girls Dormitory und Riot on 42nd St. wesentlich besser als seine immens trashigen Fantasy-Horror-Streifen, und zweitens scheint es, als ob ihm gegen Ende dieser Phase die Luft ausgegangen wäre. Sowohl The Occultist als auch She's Back mangelt es an diesem ungeheuer drolligen Flair, das seine früheren Filme so ergötzend machte.
The Occultist beginnt mit einer minutenlangen Voodoo-Zeremonie in einer alten Lagerhalle. Männer und Frauen tanzen sich in Trance, Getränke werden gereicht, ein Typ gerät in Ekstase und windet sich am Boden, mit Schaum vor dem Mund, eine Frau packt ihre Brüste aus und zieht sich mit ihrem Lover in ein stilles Eckchen zurück, und alles endet in einem blutigen Ritual, in welchem das männliche Opfer mit Messern malträtiert und bei lebendigem Leib gehäutet wird, was er mit einem panischen Schmerzensschrei in die Kamera quittiert. Währenddessen beobachten vier Männer die Zeremonie von ihrem Versteck aus und töten ihre weibliche Begleitung mit einer Drahtschlinge, die ihren zarten Hals durchtrennt. Mit dem Schrei des Gehäuteten setzt auch der Vorspann ein, und damit könnte man den Film auch gleich wieder beenden, denn besser wird es - ehrlich gesagt - nicht mehr. Der Rest ist ein reichlich verworrener und ziemlich lahmer Cocktail aus verschiedenen Ideen, die auf dem Papier vermutlich gut geklungen haben, auf dem Bildschirm jedoch kaum Sinn ergeben, geschweige denn harmonieren. Der Plot dreht sich um den Despoten einer kleinen Karibikinsel, dessen Familie, eine Sicherheitsfirma (die solche Produkte wie die "bellende Türklingel" im Angebot hat), deren unerfahrenen Inhaber, einen Bodyguard, die vier mysteriösen Männer sowie einen geheimnisvollen Schurken samt Handlanger.
Die Figuren sind allesamt uninteressant bis zum Abwinken, gespielt von lustlos agierenden Schauspiel-Wannabes mit der Mimik eines Felsbrockens bzw. von peinlichen Knallchargen mit Hang zum Overacting. Die Ausnahme bildet der Bodyguard, der auf den schönen Namen Waldo Warren hört. Er wird gespielt von Rick Gianasi, Troma-Fans besser bekannt als Harry Griswold aka Sgt. Kabukiman N.Y.P.D. (1990). Waldo Warren ist eine dieser Figuren, die es einfach draufhat. Terroristen veranstalten ein Massaker bei einer Party, Waldo bekommt keinen Kratzer ab. Eine Frau wird im Park von zwei Banditen attackiert, Waldo rettet sie. Vor einer Bar explodiert eine Informantin, Waldo schaut zu und ist geknickt. Auf der Toilette verstecken sich heimtückische Attentäter, Waldo dreht sich um und ballert sie weg, mit seiner Peniskanone. Jawohl, seiner Peniskanone! Überhaupt ist Waldo ein einziges Waffenarsenal, und man weiß nicht, warum. Kincaid bleibt uns die Erklärung schuldig, wieso sein Schwanz, sein Fuß und sein Zeigefinger auch als Bleispritzen verwendet werden können. Was bestimmt von Vorteil ist, sonst hätte er unter Umständen auch erklären müssen, wie Waldo die Dinger nachlädt, wenn er sie leergeschossen hat. Vermutlich war Waldo im ersten Drehbuchentwurf bloß ein einfacher Detektiv, der dann bis zum unkaputtbaren Super-Cyborg hochgepimpt wurde.
Das klingt jetzt alles bestimmt nicht so verkehrt, doch leider gibt es einige Faktoren, die den Spaß erheblich schmälern. Eines davon ist das Erzähltempo. The Occultist dümpelt spannungslos dahin, so rasant wie eine sedierte Schnecke mit Gegenwind. Als ob das noch nicht reichen würde, wird die Action auch noch ständig vom gefürchteten G-Wort ausgebremst: Gelaber. Es wird gelabert und gelabert und gelabert. Es gibt fast nichts Schlimmeres im B-Movie-Bereich als statisch abgefilmte Dialogszenen, wo hartnäckig zwischen zwei schauspielerischen Untalenten hin und her geschnitten wird, welche auswendig gelernte Sätze mit der Verve eines deprimierten Phlegmatikers herunterleiern, die niemanden auch nur die Bohne interessieren. Diese vorsätzliche Mißachtung der alten aber immer noch gültigen B-Movie-Faustregel "Du sollst Dein Publikum nicht langweilen!" ist wahrlich schwer zu entschuldigen. Und das ist sehr schade, da der Streifen für Fans doch einiges zu bieten hat. Wer also durchhält, wird neben ein paar echten WTF-Momenten noch mit ansprechenden, von Ed French (Blood Rage) kredenzten Gore-Szenen, lustigem Voodoo-Mumbo-Jumbo, erbärmlich schlecht "choreographierten" Kampfsequenzen, einer skurrilen Waffe (ein mit Dornen gespickter Teufelsschädel an einer Kette) und einem netten Twist belohnt. Das macht diese wirre Schote zwar nicht sehenswert, aber zumindest erträglich.