Vorweg: Da ich das Buch leider nicht gelesen habe, gibt es hier keine Buch-Film vergleiche!
Agatha Christie gehört ohne Frage zu den Top-Autoren im Bereich Kriminalroman. Ihre Geschichten sind weltberühmt und wurden bereits in zig Sprachen übersetzt. Und wie bei Stephen King wurden auch von ihr viele Romane verfilmt. "Mord im Orientexpress", eines ihrer berühmtesten Werke, darf dabei natürlich nicht fehlen. Bereits zu einem unsterblichen Kriminalfilmklassiker aufgestiegen, darf der Film eigentlich in keiner guten Filmsammlung fehlen, auch wenn er vielleicht nicht ganz zu 100% perfekt ist!
Die Geschichte selbst ist natürlich einwandfrei. Als Einführung wird einem ein Skandal mit einem Babymord vorgesetzt, welcher vier weitere Morde und Selbstmorde mit sich zog. Danach werden uns die Figuren der Fahrgäste des Orient-Expresses vorgestellt und natürlich der Meisterdetektiv Poirot. Dann natürlich der klassische Mord, die Ermittlungen des Detektivs und schließlich die Auflösung des Ganzen. Alles schön so, wie man es von einem Krimi erwarten kann.
Leider allerdings ist der Anfang dennoch recht langatmig geworden. Man nimmt sich, für mein Empfinden, doch etwas zuviel Zeit vor dem Mord, die Charaktere werden etwas zu dickflüssig erklärt und das Ganze scheint nicht recht vom Fleck zu kommen, so dass man sich kurz etwas gelangweilt fühlt.
Doch sobald Poirot anfängt seine Ermittlungen durchzuführen wird es brillant. Man muss wirklich höllischst aufpassen, wenn ein Fahrgast nach dem Anderen verhört wird. Alles wird so geschickt verworren, dass man es kaum schafft sich alle Notizen, die einem nach und nach gegeben werden, in seinem Kopf abzuspeichern. Geschickte falsche Fährten führen einem immer wieder vom rechten Wege ab, wenn man diesen überhaupt schon einmal betreten konnte. Mit unglaublichen Ideen und einem wirklich sehr bunten Blumenstrass von unterschiedlichen, aber dennoch völlig gleichen Charakteren, kommt man aus dem Rätseln und Denken nicht mehr heraus.
Selbst wenn der Meisterdetektiv alle zusammen gerufen hat und die Lösung zum Besten gibt hört man damit nicht auf. Zwar kommen hier dann doch endlich einige genugtuenden Aha-Effekte, doch ganz schlüssig wird man trotzdem nie, so dass man den Film sicher noch ein paar mal sehen muss, bevor man wirklich alles weiß, wenn man das überhaupt kann. Es werden einem zwar immer wieder Rückblenden geboten, doch sind diese wirklich so geschickt gesetzt, dass sie jeweils nur ein minimales Puzzel-Steinchen zum Ganzen geben. Und alle Steine gleich beim ersten Mal zusammen zusetzen ist wirklich keine leichte Aufgabe.
Die Auflösung des Ganzen ist dann natürlich ebenfalls eine blendende und vor allem vollkommen ungewöhnlichere Idee als sonst. Auf diese Lösung dürften wohl die Wenigsten gekommen sein, zumindest nicht bevor Poirot einen sehr entscheidenden Hinweis zur Lösung gibt. So eine vollkommen unerwartete Auflösung wünscht man sich einfach, wenn man Fan solcher Filme ist. Ein gewisser Sherlock Holmes lässt da schön grüßen.
Was die Inszenierungsdetails angeht ist ebenfalls alles auf höchstem Niveau. Der Kulissen (sprich die Räume) des Orientexpress wurden gut ausgedacht und haben eine tolle Wirkung auf den Zuschauer. Die Kostüme sind ebenfalls passend gewählt, genauso wie die stimmungsvolle musikalische Untermahlung. So muss das einfach sein!
Und als letztes noch ein paar Worte zu den Darstellern: Auch sie machen ihre Sache gut. Albert Finney als Detektiv Poirot ist einfach eine Wucht, genauso wie z. Bsp. Sean Connery, Anthony Perkins oder Ingrid Bergman in ihren Nebenrollen. Eigentlich gibt es nicht einen, an dem es etwas zu bemängeln gebe. Ein munteres und wirklich talentiertes Darsteller-Team, so wie es eigentlich immer sein sollte!
Fazit: Spannendes und vor allem höchst innovatives Krimi-Puzzle, nach einem der (wohl) besten Kriminal-Romane aller Zeiten. Tolle Figuren, eine clevere Story und vor allem viele falsche Fährten fordern dem Zuschauer höchste Konzentration ab, wenn er wirklich alles mitbekommen möchte. Eine geschickte Inszenierung und wirklich großartige Darsteller lassen zudem auch filmische Freude, außerhalb der Geschichte, aufkommen. Ohne den etwas langatmigen Beginn hätte es wirklich ein perfekter Film werden können. So ist aber immer noch ein sehr, sehr guter Vertreter und sicher auch einer der Besten und Wichtigsten des Genres!
Wertung: 8,5/10