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10 Jahre „Freunde“!

Ja, 10 Staffeln mit 236 Folgen lang lief „Friends“, eine der erfolgreichsten Sitcoms der 90er und des darauf folgenden Jahrzehnts. Die Darsteller sind Multi-Multimillionäre geworden, es hagelte Fernseh-Preise, und zig Millionen Zuschauer in Amerika und aller Welt freuten sich jahrelang auf neue Gags und neue Erlebnisse aus dem Alltag ihrer „Friends“. Aber warum? Warum ausgerechnet diese Comedy-Serie?

Zunächst einmal ist diese Sitcom tatsächlich sehr witzig. Situationskomik vom Feinsten wird dem Zuschauer geboten: Die Dialoge und Sprüche sprühen meistens vor charakterbezogenen treffsicheren, bisweilen sehr spitzen Pointen, gelungenen Screwball-Anleihen und (jedenfalls im amerikanischen Original) lustigen Wortspielen. Dazu stets die launige Mimik der 6 passgenau besetzten Schauspieler. Und manchmal werden sogar Absurditäten à la „Seinfeld“ oder purer Slapstick geboten. Das hohe Niveau der Komik entfaltet sich so richtig ab der 2. Staffel und hält sich im Prinzip bis zum Ende der Serie.

Der Spaß ist natürlich das Wichtigste an einer Sitcom. Aber der allein kann nicht den überdurchschnittlichen Erfolg von „Friends“ erklären. Da muss noch mehr sein! Und wirklich, den Machern ist es gelungen, eine bestimmte Zuschauerzielgruppe mit einer einfachen Idee, die umso schwerer umzusetzen ist, an die Serie zu binden: Sie zauberten 6 klar konturierte, aber trotzdem glaubwürdige Charaktere aus dem Hut –alle am Serienanfang etwa Mitte 20– und zeigten über eine Dekade deren Leben, samt Lieben, Job und Alltag.

Die Charaktere sind dabei breit gestreut. 3 Frauen repräsentieren 3 Frauentypen:
Rachel, am Anfang die verzogene Göre aus reichem Elternhaus, die nach und nach vom realen Leben geprägt und von ihrer Arroganz weggeholt wird. Gespielt wird sie von Jennifer Aniston, die durch diese Rolle (oder doch durch ihre Ehe mit Brad Pitt?) weltberühmt wurde.
Monica, als Teenager noch superfett, entwickelt sich zur selbstbewussten Frau, ist jedoch ordnungsliebend bis zur absoluten Pedanterie. Jahrelang sucht sie den perfekten Mann fürs Leben. Courtney Cox kannte man, wenn überhaupt, bis dahin nur aus einem alten Bruce-Springsteen-Video und der kurzlebigen Serie „Die Spezialisten unterwegs“. Mit der Rolle der Monica qualifizierte sie sich zum Beispiel für die „Scream“-Trilogie.
Und schließlich Phoebe, die ex- und egozentrische Masseurin und Möchtegern-Musikerin, offenbar mit bewegter, aber nie genau erläuterter Vergangenheit.

Und die 3 Männer sind ebenfalls 3 Typen für sich:
Ross, bei Frauen eher vom Pech verfolgt, wird auch noch von einer Frau verlassen, weil die ihre lesbische Seite entdeckt hat. Er ist ein kluger Wissenschaftler, aber im Alltag oft ziemlich trottelig zugange.
Joey, ein Frauenheld, aber als Soap-Schauspieler nicht gerade der Talentierteste und als Mensch nicht gerade der Allerschlaueste. Darsteller Matt LeBlanc durfte sich nach dem Serienende über eine eigene Spin-Off-Serie mit „Joey“ freuen.
Last but not least Chandler, spöttisch und sarkastisch, bei Frauen auch lange ohne nennenswerten Erfolg. Diese Figur bot sich für die Schreiber hervorragend an, die fiesesten Pointen rauszuhauen.

Keinem der 6 Schauspieler gelang durch „Friends“ der wahre Durchbruch in Hollywood. Dazu verband man sie –dank ihrer guten Darstellung– viel zu sehr mit ihrem allzu bekannten Seriencharakter. Umgekehrt jedoch wartet „Friends“ durch alle Staffeln hinweg mit außergewöhnlich vielen Hollywood-Stars auf. Keine andere Sitcom konnte sich derart viele Gast-Megastars leisten, denen man wiederum die Freude bei ihren Auftritten ansieht.

Nicht nur die verschiedenen klaren, aber keineswegs übertriebenen Typisierungen an sich machen die Identifizierung mit ihnen aus. Sondern jeder der Charaktere hat noch seine Macken und macht Fehler wie du und ich. Und jeder kriegt sich auch immer wieder ein, alle haben ein gutes Herz, sodass ein Höchstmaß an Identifikationsmöglichkeiten mit den Figuren geschaffen wird, vor allem bei etwa gleichaltrigen Zuschauern. Und das ist der Kern des Gelingens jeder erfolgreichen Serie, ganz besonders von „Friends“.

Und damit nicht genug: Mit diesen unterschiedlichen Charakteren hat „Friends“ das Fundament für eine große Soap-Komponente mit auf den Weg bekommen. Der Zuschauer ist mittendrin im Leben seiner „Freunde“. Er erlebt hautnah deren Beziehungsstress mit, Hochzeiten, Kinder, Arbeit, eben deren gesamte persönliche Entwicklung über 10 Jahre hinweg. Und das locker-leicht und sehr lustig verpackt. Der schlichte Titel der Sitcom ist hier Programm: Die „Friends“ sind tatsächlich Freunde des Zuschauers geworden – immer für den anderen da, wie die Rembrandts im Titelsong jedes Mal singen.

Sitcom-Höchstwertung: 8 von 10 Punkten.

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