Review

2. Staffel

Der Caesar ist tot, es lebe der Caesar - lange Zeit für gefühlsdusselige Trauerperioden war noch nie in der Geschichte. Schon gar nicht im alten Rom, und die zweite Staffel der HBO-Produktion fängt das gut ein. Wirklich betroffen ist niemand vom Tod des großen Römers, und als in seinem Testament überraschend der junge Octavian (für Geschichte-in-Klasse-8-Abwähler: der spätere Kaiser Augustus) als sein Sohn "adoptiert" wird, ist damit der Grundstein für neuen Zwist und Bürgerkrieg gelegt, denn Marc Anton ist alles andere als bereit, seinen Platz freiwillig zu räumen.
Und natürlich haben auch unsere Lieblings-Römer aus der zweiten Reihe, Lucius Vorenus und Titus Pullo ihre eigenen Sorgen - Vorenus sucht nach dem Tod seiner Frau nach den Kindern, und Pullo erlebt ein kurzes Eheglück. Und zusammen müssen die beiden eine frührömische Form der Mafia führen.

Fast nahtlos setzt HBO die durchweg gelobte erste Staffel unmittelbar nach Ermordung von Gaius Julius Caeser fort - kein Wunder, bietet doch keine Periode der römischen Geschichte in so kurzer Folge so viel Aufregung. Klar aber auch, dass damit Schluss sein würde, denn danach kehrte im römischen Reich erst mal langjähriger Frieden und dramaturgische Langeweile ein. Bis dahin gibt es aber noch genug Gelegenheit, die publikumsträchtige Mixtur aus Sex, Intrigen, Gewalt und Politik an zahlende Zuschauer beidseits des großen Teichs zu bringen.

Gewaltige Neuerungen sind demgemäß nicht zu erwarten. Das Konzept, Geschichte zu personalisieren, hat sich bewährt, und der Blick hinter die Kulissen der ersten Weltmacht ist immer noch interessant genug. Dass sich dabei wie in der ersten Staffel der Eindruck eines Epos nie wirklich einstellen mag, nimmt man in Kauf, auch weil das technische Niveau nach wie vor sehr ordentlich ist; einige CGI-Szenarien von Rom und Alexandria sind recht hübsch, aber wie zuvor hätte ich gerne mehr davon gesehen. Und der gestenreiche "Ausrufer" als antike Ausgabe eines Nachrichtensprechers (und -verdrehers) ist schon mehr als drollig.

Dennoch setzt hier die erste Kritik ein: Wenn man schon Personen in den Mittelpunkt stelle, müssen die auch Charisma haben und eine gewisse Faszination ausstrahlen, im Guten wie im Bösen, so wie eben Caesar, von Ciaran Hinds in der 1. Staffel hervorragend gespielt. Dessen unvermeidlichen Ausfall kann die 2. Staffel nicht adäquat ersetzen; James Purefoy gibt den Anton als "markigen" Frauentyp, das ist o.k, mehr nicht; aber bei seinen Gegenspielern fangen die Probleme an. Brutus und Cassius, Caesars Mörder, sind nicht mehr als belanglose Randfiguren; und dann Octavian/Augustus: Irgendein Historiker muss den Drehbuchautoren eingeredet haben, dass die Nr. 2 der "Bekannte-Römer-Charts" ein intrigantes Weichei mit schrägen Sexvorlieben und keinerlei Skrupel war; vielleicht war das so, aber warum musste man dafür gleich zwei blasse Nachwuchsmimen verpflichten ? Der Schauspielerwechsel irritiert, und vor allem Octavian-Nr. 2 lässt keine Sekunde erahnen, dass Augustus mal als erster echter Kaiser Roms in die Geschichte eingehen würde.

Die entstandene Lücke können auch Riesenbaby Pullo und der charismatische Vorenus nicht ganz füllen. Die so beliebten Kreuzwege der beiden mit den Großen ihrer Zeit werden etwas weniger, schade eigentlich; dass die beiden am Ende auf unterschiedlichen Seiten stehen, sorgt allerdings schon für Spannung. Symphatieträger sind die beiden sowieso, wenn auch mit dem bei HBO recht beliebten Message, dass zu diesen Zeiten niemand "gut" oder "böse" im simplen Hollywood-Schema war - so ermordet Pullo in einer beeindruckenden Szene ohne mit der Wimper zu zucken den keinesfalls als bad guy gezeichneten Cicero. Die eigene Storylinie, die beide im Mittelteil bekommen, ist trotz ein paar orgineller Anklänge ("Gangs of Rome" ?) nicht wirklich fesselnd. Noch unverständlicher, weil mit der Haupthandlung überhaupt nicht mehr in sinnvoller Verbindung, ist für mich der Handlungsstrang mit Herodes und den römischen Juden; ich will das mal ganz vorsichtig formulieren, aber hier wurde offenbar versucht, noch eine Publikumsschicht in den USA zu bedienen, eine andere Erklärung habe ich da nicht. Das wäre nun alles nicht der Rede wert, wenn nicht gerade gegen Ende, wenn die wirklich großen Dinge passieren (Mark Anton mit Cleopatra, das Finale gegen Octavian, das Schicksal von "Caesarion") kaum noch Sendezeit bleibt und alles viel zu schnell geht.

Leider fiel dieser ungesunden Hetze auch die Seeschlacht von Actium zum Opfer, im bekannten frühzeitlichen Cleopatra-Schinken noch das Highlight. Dennoch gibt es erstmalig eine große Schlacht im Bild, aber erstaunlicherweise wählte man das nicht so bekannte Entscheidungsgefecht bei Philipi zwischen dem Triumvirat einerseits und Brutus / Cassius andererseits; und noch leiderer ist die technische Umsetzung unspektakulär und arg mittelmäßig. Die Grenze zwischen real existierenden Komparsen und CGI-Kriegern ist mehr als deutlich, und statt die legendäre römische Kriegskunst zu demonstrieren, hält die Kamera mal wieder voll drauf und bietet close-ups mit belanglosen Schlitzereien - Chance verpasst. Insgesamt wurde der Gewaltlevel etwas zurückgefahren, ohne dass gleich Mangelerscheinungen auftreten; es fehlt nur eine überbrutale Folge wie "Die Beute" der ersten Staffel. Auch Tittenzähler kommen noch auf ihre Kosten, obwohl die einschlägigen Szenen mal wieder nix für die Freunde/Innen von Blümchensex und Romantik sind. Immerhin bekommen die beteiligten Frauen etwas mehr Handlung und sind nicht nur hübsche und meist nackte Staffage, was in der ersten Staffel doch arg überdeutlich war.

Fazit: Rom II kann das Niveau von Rom I fast, aber eben nicht ganz halten. Technisch wieder sehr ordentlich, immer noch nicht spektakulär, und die endlich und erstmals auf dem Schirm auftauchende Schlacht ist dann doch eher ein mattes CGI-Gemetzel. Die Kernhandlung zwischen Marc Anton und Octavian kann überzeugen, kommt aber vor allem gegen Ende zu hastig und zu kurz, und die erneut überreichlichen Nebenhandlungen haben noch weniger Kontakt zur Hauptstory. Auch schauspielerisch eine Klasse schlechter, vor allem der doppelte Octavian. Statt knapper 7 nun gute 6 Punkte von mir.

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