Review

“Dad, warum ist die amerikanische Regierung die beste der Welt?”
“Weil man immer wieder Berufung einlegen kann.”

Worin besteht eigentlich die Arbeit eines Lobbyisten? Jason Reitmans erfrischend respektlose Satire "Thank You for Smoking" vollzieht die Arbeit von Nick Naylor (großartig: Aaron Eckhart) nach, Pressesprecher und Vize-Präsident der “Akademie für Tabakstudien” und somit Persofinizierung des Teufels. Im Auftrag des letzten Tabakmagnaten Captain (Robert Duvall) und dem Akademiepräsidenten BR (J.K. Simmons) stellt er sich der angesichts des boomenden Gesundheitsbewusstseins unlösbar scheinenden Aufgabe, das Image der Zigarette zu verbessern und alle gesundheitlichen Bedenken zu zerstreuen. “Das tolle am Argumentieren ist, dass man immer Recht hat, wenn man gut argumentiert”, und das beherrscht Naylor perfekt. “Michael Jordan spielt Basketball. Charles Manson tötet Menschen. Ich rede.” So etwas wie Wahrheit ist lediglich Einstellungssache.

Sein Weg ist steinig, sieht er sich doch vielerlei Anfeindungen ausgesetzt, etwa denen des Vermonter Senators Finistirre (William H. Macy), der die Zigarettenverpackungen mit Totenkopfsymbolen ausstatten lassen will, Mordanschlägen mittels Nikontinpflastern, amorösen Attacken seitens der Washingtoner Reporterin Holloway (wie die epd Film so herrlich am Rande vermerkte, “Unglaubwürdig wie immer: Katie Holmes”), dem erschütterten Verhältnis zu seinem Sohn Joey (Cameron Bright) und dessen Mutter Jill (Kim Dickens), dem todkranken Marlboro-Mann (Sam Elliott) oder dem Verrat seiner eigenen Arbeitgeber an ihm, als durch Holloway unpopuläre Fakten ans Licht kommen. Seine einzigen Freunde trifft er wöchtentlich beim Abendessen, das unfassbare TAG-Team (Tödlich Aber Gut; im Original MOD, Merchants Of Death), die anderen Anwälte des Teufels: Polly Bailey (Maria Bello) und Bobby Jay Bliss (David Koechner), Pressesprecher der Alkohol- und Waffenindustrie, und man überbietet sich auch mal gern mit Opferzahlen.

Jason Reitman, der auch das Drehbuch (nach Christopher Buckleys Roman) verfasst hat, führt dem Zuschauer vor Augen, wo eigentlich der Hammer hängt. "Thank You for Smoking" moralisiert zu keiner Zeit, sondern zeigt in brillanter Satire, wie die Verhältnisse wirklich sind, wie man sich in die Tasche lügt, die Verantwortung abschiebt, sein Gewissen verkauft, seine Fahne nach dem Wind richtet, sich hinter künstlich aufgeblähten Werten versteckt. Hier kommt niemand davon, am wenigsten der (zur Selbstreflexion fähige) Zuschauer.

Ein großer Wurf, ein besonders empfehlenswerter Film.

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