Stephen King hat unzweifelhaft eine Vorliebe für Romane über Autoren, in die er Autobiographisches hineinschreibt, um in Interviews zudem auf die autobiographischen Aspekte hinzuweisen. In "The Shining" (1977) war es ein - wie King - ehemals alkoholsüchtiger Ex-Lehrer & Autor, der sich in einem Hotel, in dem es umgeht, wieder zum Alkoholiker und zum mörderisch Besessenen entwickelt. In "Misery" (1987) wird ein Autor von einem enttäuschten, fanatischen Fan malträtiert - wie King, wenngleich ungleich heftiger. In seinem Dark Tower-Zyklus (1982-2012), in dem sein ganzes Werk zu einem gordischen Knoten zusammengeschnürt wird, ist King selbst eine der präsentierten Figuren: ein erfolgreicher Bestseller-Autor, der über einige der anderen Figuren Romane verfasst hat - und der zu einer der unzähligen parallelen Realitäten gehört (wie sie sich auch durch Kings Zeitreise-Roman "11/22/63" (2011) ziehen).
"The Dark Half" entstand 1989 unübersehbar als Reaktion auf die Entlarvung von Kings Pseudonym - Richard Bachman, dem King in einer vorangestellten Danksagung gedenkt! - und handelt von dem seriösen Literaten Thad Beaumont, der als George Stark erfolgreichen Thriller-Schund abliefert und das Alter Ego sterben lässt, als er entlarvt und erpresst wird. Doch George Stark will [Achtung: Spoiler!] seinen Tod nicht hinnehmen: das Pseudonym wird Fleisch & Blut, entsteigt einem nicht existieren Grab und mordet alle, die an seinem Tod beteiligt waren. Nicht mehr ein Fan rächt sich für den Tod einer Schöpfung, die fiktive Schöpfung selbst nimmt Gestalt an und rächt sich...
Freilich ließ sich King von Poes "William Wilson" (1839), Stevensons "The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde" (1886) und Wildes "The Picture of Dorian Gray" (1890/1891) inspirieren. Eine kaum weniger wichtige Quelle war jedoch Henry S. Whiteheads Kurzgeschichte "Cassius" (1931), von der auch "Basket Case" (1982) und all die böser-gefangengehaltener-verwachsener-siamesischer-Zwillings-Stoffe zehren: Dort wuchs ein parasitärer, quasi siamesischer Zwilling im Körper seines normalen Bruders Brutus heran, um diesem nach seiner operativen Entfernung in aggressiver, rachsüchtiger Weise nachzustellen.
Auch Kings "The Dark Half" beginnt derartig: Thad Beaumont, der schon im Kindesalter erfolgreiche Schreibversuche unternahm, wurde als kleiner Junge bereits von rasenden Kopfschmerzen befallen, denen das Kreischen von Sperlingen vorangeht wie die Aura einer Migräne. Eines Tages brach er dann zusammen, wurde im Krankenhaus notoperiert und was ein mutmaßlicher Tumor zu sein schien, entpuppte sich dann als beinahe vollständig absorbierter Fötus eines Zwillings, dessen Überreste in Thads Gehirn wieder zu wachsen beginnen. Thads Eltern erfahren - wie Thad selbst - von der wahren Beschaffenheit des vermeintlichen Tumors nichts: Auch der Ansturm einiger hundert Sperlinge auf das Krankenhaus entging dem narkosierten, kindlichen Thad Beaumont seinerzeit.
Längst ist aus Beaumont ein seriöser Schriftsteller geworden: dem Leser wird diese Seriosität über den französisch klingenden Namen (und ein paar Zitate, die eher nach schlimmen Kitsch schmecken) nahegelegt; ganz so spricht auch Beaumonts Pseudonym George Stark Bände: nicht bloß geradlinige, unverschnörkelte Schlichtheit & umfassende, schiere Krassheit verspricht der scharfe, kantige Nachname, auch auf Richard Stark, das Pseudonym Donald E. Westlakes, verweist Kings George Stark (was im Roman auch explizit erwähnt wird). Westlake hatte als Stark seine Romane über den Berufsgangster Parker verfasst; bei King verfasst Beaumont als Stark blutrünstige Rache-Romane über den brutalen, skrupellosen und schier unaufhaltsamen Alexis Machine. (Wieder so ein sprechender Name: bei weitem der plumpeste, was Anzeichen für den unseriösen Kolportage-Charakter der Stark-Werke sein mag.)
Wenn Beaumont als Stark schrieb, veränderten sich seine Angewohnheiten und sein Wesen: und ebenso wie er früher eine ganze Zeit lange vergeblich damit beschäftigt war, das Trinken aufzugeben, gelang es ihm auch lange Zeit nicht, das Schreiben als Stark aufzugeben. Doch dann kommt ein erpresserischer, schmieriger, kleiner Gauner zu ihm, um ein hübsches Sümmchen einzusacken, wenn Beaumont sein Geheimnis gewahrt sehen will.
Der Hauptteil des Romans setzt ein, als Thad und seine Gattin Liz Beaumonts Geheimnis in einem Zeitungsinterview offenbart haben, um dem Erpresser seine Tour zu vermasseln - immerhin hatte Beaumont schon länger daran gedacht, Stark 'sterben' zu lassen. Doch bald darauf alpträumt er von seinem bedrohlichen Alter Ego - und das Fake-Grab eines Foto-Shootings für den Zeitungsartikel ist aufgewühlt und es gibt einen ersten Toten: Homer Gamache, der einen Anhalter mitnehmen wollte und damit sein Todesurteil besiegelt hat. Schon dieser Tote führt zu Beaumont, der über ein wasserdichtes Alibi verfügt, dessen Fingerabdrücke jedoch den Tatort füllen. Bald gibt es noch mehr Tote, die zu Lebzeiten an der kalkulierten Enthüllung von Starks wahrer Identität beteiligt waren - unter anderem den Interviewer, den erpresserischen Gauner, Beaumonts Agenten, aber auch deren Polizeischutz.
Thad Beaumont, der inzwischen wieder immer häufiger die Sperlinge toben hört, begreift bald, dass sein Alter Ego Stark Gestalt angenommen hat - und ist in Trancezuständen beim Schreiben per psychic link mit Stark verbunden, welcher der Romangestalt Alexis Machine bis aufs Haar gleicht. Stark/Machine, der auferstandene Tote, der nie existiert hat, die Fleisch gewordene Kopfgeburt, Thads absorbierter, böser Zwilling, der aus dem Jenseits zurückgekehrt ist, übt jedoch nicht bloß Rache an seinen 'Mördern' aus, sondern verfolgt das Ziel, mit Beaumont einen neuen Alexis Machine-Thriller zu schreiben: Immerhin setzt ein unaufhörlicher Verwesungs- & Zerfallsprozess bei ihm ein, der scheinbar nur durch die zusätzliche literarische Wiederbelebung von Stark/Machine gestoppt werden kann.
Stark/Machine entführt Liz und die jungen Zwillingskinder der Beaumonts, um Thad zum Schreiben zu bringen. Auch den anfangs skeptischen, dann immer verwirrteren Sheriff Pangborn bringt Stark in seine Gewalt. Doch Thad kommt derweil dem Geheimnis der Sperlinge auf die Schliche, die als Psychopompen die Seelen der Verstorbenen aus dem Diesseits ins Jenseits überführen. Im Sommerhaus der Beaumonts in Castle Rock kommt es dann zum Zusammentreffen von Autor & Schöpfung; Pangborn, der zuvor noch mit Thads ehemaligen Arzt telefoniert hat, informiert die Gegenspieler über den absorbierten Zwilling, im anschließenden Schreibduell pfeift Thad die Psychopompen herbei: Die Sperlinge dringen zu tausenden in das Sommerhaus ein, zerfleischen Stark/Machine und tragen seine sterbenden Überreste gen Himmel davon...
Kings Romane waren (anfangs) bei der Masse so beliebt und bei seriöseren, etablierteren Kritikern so umstritten, weil er die Doppeldeutigkeit der Phantastik nie beherrscht hat (oder beherrschen wollte): Bei King bringt der Einfall des Phantastischen zwar oft genug metaphorischen Mehrwert mit sich, während die Realität des Übernatürliche in seinen besten Werke lange Zeit anzweifelbar bleibt - dann jedoch nimmt das Übernatürliche konkrete Formen an, verdrängt alle Interpretation und zersplittert das, was zu Beginn noch die metaphorische Linie eines jeden Romans zu sein scheint, zu einem kaleidoskopischen Sammelsurium aus Assoziationen über Sucht, Literatur, Generationskonflikte, Tod, Alter, Liebe, Vergänglichkeit, Verlust, Phantasie usw. Es sind immer ein wenig aufgeblähte Ansammlungen von Binsenwahrheiten, die sich von Roman zu Roman auch noch ziemlich stark ähneln: Binsenwahrheiten, die den Vorteil haben, dass sich jeder sofort in ihnen wiederfinden und daher schnell in Kings Romane eintauchen kann. Die Konzentration auf den Alltag & das Innenleben der Figuren - von denen viele immer wieder in anderen Kings auftauchen - tut das übrige: selbst wenn die Spannung hier und da mal auf der Strecke bleiben sollte, hält einen - ein wenig Einfühlungsbereitschaft vorausgesetzt - die detailreiche Beschreibung zumindest interessanter & verständlicher, bisweilen auch sympathischer Figuren bei der Stange.
Das gilt auch für "The Dark Half", bei dem sehr bald nicht mehr klar ist, was er eigentlich vermitteln will: Geht es um die Verantwortung des Schöpfers gefährlicher, da unsittlicher/unmoralischer Kunstwerke, um künstlerische Imitation von Gewalt, die bisweilen - so die Furcht mancher Zensoren! - reale Gewalt beeinflusst oder gar nach sich ziehen kann? Oder geht es um den Identitätsverlust des Künstlers beim Eintauchen in seine Schöpfung? Und wozu benötigt King den absorbierten (noch nicht-)Fötus, der in seinem Zwillingsbruder als kümmerlicher Überrest weiterwächst & -wuchert? Geht es etwa um die Frage nach dem Beginn und dem Ende von (menschlicher) Identität, um die Frage woher die 'Seele' stammt und wohin die 'Seele' geht? Um die - vor dem Hintergrund der Zwillingsthematik formulierte - Frage nach den Ursachen individueller Identität? Um all das geht es ein bisschen und um nichts davon geht es wirklich: King wirft letztlich fiktive Identität mit der religiösen Vorstellung der Seele in einen Topf und gießt noch die Geheimnisse der Zwillingsforschung - und zwar der eher konservativen Zwillingsforschung - darüber, um letztlich seine konkrete, wenngleich nicht gänzlich erklärte Horrorgeschichte zu erzählen, in der es vor allem um Verlust(angst) & Verantwortung geht.
Am ehesten lässt sich "The Dark Half" noch lesen als ein Roman, der - ganz cronenbergesk - das Wort zu Fleisch werden lässt: der die Fiktionen der Phantasie mit einem materiellen Fremdkörper, der im Hirn heranwächst, koppelt und darauf besteht, dass die Fiktion sich der materiellen Realität überhaupt erst verdankt und nicht ohne Folgen für die materielle Realität bleiben wird.
Doch diese Gleichung bleibt reichlich vage, weil King den Zusammenhang zwischen der lebendig & körperlich werdenden Erfindung und den im Gehirn wuchernden Überresten eines Zwillings vollkommen unerklärt lässt. Zunächst produziert das Gehirn, das ein Pseudonym ersinnt, den absorbierten Fötus nicht: würde die Erfindung Stark/Machine dem höchstwahrscheinlich eineiigen Zwillingsbruder (Stark) entsprechen (was King durch das äußerst unterschiedliche Aussehen von Stark/Machine und Beaumont dann allerdings nicht gerade nahelegt), müsste man daher annehmen, dass diese Erfindung kein freiwilliger, bewusster Akt ist, sondern eher ein nicht-anders-Können, womit King das Thema der inneren Gespaltenheit eröffnet. Stark, Beaumonts düstere Seite, scheint wie eine fremde Macht in ihm zu hausen und verselbstständigt sich gegen seinen Willen immer weiter. (Nicht grundlos bringt King Beaumonts Schreiben als Stark mit einer Alkoholsucht zusammen.) Es geht also auch ein wenig um die Frage, wie bewusst & kontrolliert die auf einen einwirkende Materie überhaupt verarbeitet werden kann - gerade für einen Künstler, der mit erschaffenen Welten und alternativen Identitäten (als Kunstfigur) für Realitäts- & Identitätsverlust anfällig zu sein scheint (wenn man Kings wohl etwas überdramatisierten Überlegungen einmal Glauben schenken will). Aber welcher Art ist die Materie, aus der dann eine Fiktion, eine Erfindung wird, die dann wieder ein Eigenleben erhält? King bietet die Biologie als Ort, in dem Antworten zu suchen wären, an; eine soziologische Betrachtung ist eher der Auswirkung der Fiktion auf die materielle Realität vorbehalten. Und dann kommt noch die Religiosität hinzu, mit ihren Seelen und jenseitigen Mächten. Da geht es im beständigen Wechsel um einen Mann, der seine dunkle Seite nicht kontrollieren kann, und um einen Mann, dessen noch im Mutterleib absorbierter, böser Zwilling von den Toten zurückkehrt. Der metaphorische Aspekt beißt sich mit der konkreten Handlung. Was vom etwas cronenbergesken Thema der Fleischwerdung des Wortes letztlich bleibt, wäre die Idee, dass das Schreiben über Gewalt das Ausüben von Gewalt beeinflusst; eine Aussage, die wohl weniger in Kings Sinne ist, als im Sinne mancher Zensoren...
Zugleich kann King - einmal mehr - mit dieser Masche bedeutungsschwanger wirken und die letzte Bedeutung im Dunkel verschwinden lassen, um damit das Mysterium zu unterstützen, von dem die horrible Wirkung gehörig profitiert. Deshalb reagierten Teile der Kritik, die eher mit dem Kopf an King herangingen, meist weniger wohlwollend, während die Leser, die King mit dem Bauch lasen, voll auf ihre Kosten kamen...
Romero - den nicht erst seit seiner King-Verfilmung "Creepshow" (1982) gegenseitige Achtung mit dem Horror-Bestseller-Autor verbindet - versucht etwas mehr Kohärenz in die Geschichte zu bringen, indem er den einst entfernten Zwillingsbruder ein Grab auf jenem Friedhof finden lässt, auf welchem dann auch - quasi an derselben Stelle - George Starks Fake-Grabstein stehen wird. Und Stark/Machine ist nicht mehr der massige, große Koloss, der mit Beaumont keinerlei Ähnlichkeit hat, sondern ein - böse gestylter - Doppelgänger Beaumonts (obwohl Stark auf Umschlag-Fotos wie Alexis Machine auf den Titelbildern aussieht und beide keinerlei Ähnlichkeit mit Beaumont und dem auferstandenen Stark besitzen): Timothy Hutton spielt dann auch tatsächlich beide Figuren. Zugleich streicht Romero allerdings jene Episode aus Kings Roman, in der Thad anhand seiner Zwillingskinder Wendy & William erkennt, dass Zwillinge generell über einen übersinnlichen psychic link verfügen (und reduziert das zunächst etwas stärker betonte Zwillings-Motiv somit wieder). Romero hat kein Interesse daran, grundsätzlich von Kings Vorlage abzuweichen: er füllt bloß die Lücke zwischen dem Schicksal des operativ entfernten Zwillings und dem Entsteigen eines nicht-existenten Mannes aus einem nicht-existenten Grab ein wenig aus und verzichtet darauf, das Beaumont & Stark verbindende Phänomen anhand der Zwillingskinder William & Wendy noch zu verdoppeln. Der uneindeutigen, assoziationsreichen, aber in keine Richtung befriedigend zu Ende gedachten Linie des Romans kann Romero keinerlei Klarheit zukommen lassen.
Auch ansonsten bleibt Romero seiner Vorlage grundsätzlich treu, nimmt aber einige Änderungen vor, welche die umfangreiche Struktur des vierhundert-/fünfhundert-Seiten-Romans für (immerhin) zwei Filmstunden entschlackt. Anders als Carpenter begeht Romero allerdings nicht den Fehler, die Exposition solchen Straffungen zu opfern: Den ersten 50, 60 Seiten der Vorlage (etwa ein Siebtel oder Achtel des Romans) widmet er immerhin eine knappe halbe Stunde (rund ein Viertel des Films), ehe er dann Thad Beaumont immer weiter in Bedrängnis geraten lässt. Dann erst strafft & entschlackt er den zugrundeliegenden Stoff recht deutlich: Das beginnt im Grunde schon damit, dass der ermordete Homer Gamache bei ihm zum Fotografen wird, der die Beaumonts vor dem Fake-Grabstein George Starks abgebildet hat - viel früher zeichnet sich im Film ab, dass es jemand auf die Beteiligten der 'Ermordung' Starks abgesehen hat. Gravierender sind die Abstriche, die den Sheriff Alan Pangborn betreffen: Nicht er wird in Erfahrung bringen, was der vermeintliche Tumor des jungen Thad Beaumont tatsächlich gewesen ist, sondern Beaumont selbst macht diese Entdeckung (während der gealterte Arzt für seine Informationen von George Stark ermordet wird). Auch im Finale ist er weniger aktiv und die langwierige Entwicklung seiner anfangs feindseligen Beziehung zu Thad Beaumont ist kaum vorhanden und weicht einem beständigen Schwanken zwischen parteiischer Sympathie und professioneller, kühler Distanziertheit.
Selbst George Starks blutiger Rachefeldzug - der sich am unproblematischsten in einen harten, geradlinigen Horrorthriller pressen lassen würde - muss Federn lassen: Während Stark/Machine im Roman wie eine Killermaschine, wie eine menschliche Dampfwalze mit dem Polizeischutz der Beaumonts kurzen Prozess macht, verläuft diese krude Episode bei Romero nicht nur im Off, sondern sogar irgendwo zwischen den Einstellungen, um dann - nachträglich - referiert zu werden. (Und die Brutalität der Morde wird von Romero in den doch eher zahmer gewordenen 90er Jahren recht zurückhaltend abgebildet: Dass Beaumonts schmieriger Erpresser mit dem ins Maul gestopften, abgetrennten Gemächt aufgefunden wird, lässt sich eher anhand der Haltung & des Schattenwurfes des Toten schlussfolgern. Kings blutige Exzesse bildet Romero ziemlich dezent ab: Lediglich Starks endgültigen Zerfall zeichnet er recht detailfreudig.)
Und dann lässt es sich Romero nicht nehmen, den glücklichen Ausgang etwas deutlicher zu betonen: Während er zu Beginn noch überdeutlich zu betonen wusste, dass der etwas tölpelhafte, unscheinbare Beaumont die Rolle seines bösartigen, harten, unaufhaltsamen Alter Egos George Stark durchaus gerne einnimmt, verzichtet er im Gegensatz zu King auf die abschließende Feststellung, dass Beaumont auch nach Starks endgültigem (?) Ableben jene unheimliche Höhle ist, aus der solch ein Monster klettern konnte...
Liebhaber des Buches werden also mit dieser King-Verfilmung nicht rundum glücklich werden: Für sich genommen funktioniert Romeros "The Dark Half" aber recht gut. Die mit harmlosen, unwirklich verzerrten Elvis Presley-Songs untermalten Begegnungen der Zwillingsbrüder im Geiste besitzen - ab Thads erstem Schreibversuch im Kindesalter - eine zwischen Unschuld und Beklemmung schwebende Atmosphäre, die bestens zur inneren (und bald auch äußeren) Gespaltenheit Beaumont/Starks passt. Der vielleicht effektvollste Auftritt Starks im aggressiv beleuchteten, rot-blauen Hausflur wirkt wunderbar bedrohlich und Timothy Hutton füllt in seiner Doppelrolle alle Extreme glaubwürdig aus, zumal sich Romero eine relativ detailreiche Charakterzeichnung genehmigt. Und die Attacke der Sperlinge, welche dem Einsatz der Vögel, den Trickeffekten und der Montage einiges abverlangte, kann sich wirklich sehen lassen: das handwerkliche Geschick in diesem recht kniffligen Finale ist einfach beachtlich.
Darüber hinaus zählt Christopher Youngs - gelegentlich an "Hellraiser" (1988) gemahnender - Soundtrack zu seinen stimmungsvollsten Arbeiten und Tony Pierce-Roberts, der von "A Room with a View" (1985) bis "The Remains of the Day" (1993) auf der Höhe seines Könnens war (um später in der Bedeutungslosigkeit zu versumpfen), erzielt als Kameramann mehrfach schön gefilmte - und zudem farblich effekt- & sinnvoll abgestimmte - Bilder.
All das macht Romeros zweiten King-Film zu einem spannenden, unheimlichen und recht stilvoll inszenierten Genrefilm, der sicherlich zu den besseren King-Verfilmungen zu zählen ist: An die Beiträge der großen auteurs Kubrick ("Shining" (1980)) & Cronenberg ("Dead Zone" (1983)) kommt Romeros Film sicher nicht heran, aber den Beiträgen der anderen US-Pioniere des modernen Horrorfilm - Hoopers "Salem's Lot" (1979) & Carpenters "Christine" - ist "The Dark Half" dann doch deutlich überlegen. Und das grundlegende Problem des Films - dass nämlich seine vermeintlich tiefere Bedeutung so tief vergraben liegt, dass sie gleichsam den Sperlingen ungreifbar ins Nichts hinter den Kulissen entfleucht! - entstammt direkt der kingschen Vorlage...
7/10