Kann man einem der schlimmsten Greultaten der Menschheit, dem Holocaust, mit einem Lächeln begegnen? Unvorstellbar, aber es klappt tatsächlich, wie Roberto Benigni 1997 mit „Das Leben ist schön“ eindrucksvoll bewies. Als jüdischer Lebenskünstler gewinnt er zunächst das Herz einer Frau und behält seinen überschwänglichen Lebensmut sogar, als er mit ihr und seinem Sohn in einem Konzentrationslager landet.
Benigni war nicht nur Hauptdarsteller, sondern zeichnete sich auch für Drehbuch und Regie verantwortlich. Wer noch seinen enthusiastischen Jubel bei der Oscarverleihung 1998 in Erinnerung hat, der wird sich gut vorstellen können, dass dieser Mensch in „Das Leben ist schön“ eigentlich nur sich selbst spielen muss. Ein lebensfroher Schelm ist dieser Guido, der aus jeder Situation das Beste herauszuholen versucht, sodass er mit seiner Gewitztheit schließlich das Herz von Dora (Nicoletta Braschi, auch im wahren Leben Benignis Ehefrau) gewinnt, obwohl die längst einem einflussreicheren Mann versprochen ist. Im KZ gaukelt er seinem Sohn dann vor, alles sei ein Spiel, bei dem es gilt, die meisten Punkte einzufahren. Wer das schafft, gewinnt als Hauptpreis einen Panzer.
Der Holocaust wird ad absurdum geführt, ohne dass er verharmlost wird. Wer nur ein Fünkchen historische Bildung mitbringt, weiß, was die Duschen in den Konzentrationslagern wirklich sind und wo der Weg jedes einzelnen Gefangenen endet. Benigni führt uns das Grauen mit Humor vor Augen, was vorher noch nie jemand versucht hat. Der Schrecken des Krieges wird dabei nur ganz kurz greifbar, als Guido mit seinem Sohn auf dem Arm mitten in der Nacht einen von Rauch umnebelten Leichenberg entdeckt, ansonsten überträgt sich die Lebensfreude Guidos unmittelbar auf den Zuschauer. Aus so einer Sicht konnte man den Holocaust bisher nie betrachten, wohl auch, weil es verdammt schwer fällt, bei nüchterner Betrachtung dieses dunklen Kapitels noch einen Funken Humanität zu finden. Einzig KZ-Arzt Lessing (Horst Buchholz in einer seiner letzten großen Rollen) gibt kurz Anlass zur Hoffnung, doch auch ihn packt letztendlich der Wahnsinn des Nationalsozialismus, sodass Guido die Flucht nur noch selber schaffen kann. Trotz dieser Aussichtslosigkeit gibt Guido niemals auf und zeigt einen unbändigen Überlebenswillen, der am Ende zumindest teilweise belohnt wird.
Vor der Einlieferung ins KZ wird deutlich, wofür Guido lebt: Für seine Träume, eine Buchhandlung aufzumachen und Dora an seiner Seite zu haben. Sein südländisches Temperament hilft ihm bei der Verwirklichung. Das unbeschwerte Lebensgefühl Guidos vor dem Krieg lässt die Tragik in der zweiten Filmhälfte erst so richtig zur Geltung kommen. Wo man vorher das italienische Flair regelrecht riechen konnte, herrscht später umso mehr Tristesse. Wunderschön ist über die ganze Dauer die melancholische Musik, komponiert von Nicola Piovani, der dafür völlig zurecht den Oscar bekam.
„Das Leben ist schön“ ist eine sehenswerte Tragikomödie, in der Hoffnung und Lebensfreude über Holocaust und Massenmord triumphieren, eine gelungene Darstellung des Versuchs, der Vernichtung in den Konzentrationslagern mit Gewitztheit zu entgehen. Der enthusiastische Benigni hat hier die Rolle seines Lebens gefunden und war niemals passender in einem Film aufgehoben. Ein Film, der stets auf schmalem Grat wandert, aber diese Hürde mit Bravour meistert und schon bald ein tragikomischer Klassiker sein wird.