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In „Der Boss“ bewies der damals 53jährige Jean-Paul Belmondo, dass er zumindest in filmischer Hinsicht jung blieb und nach wie vor den Kaspar vom Dienst abgeben kann. Um Mitte der 80er auch internationalen Erfolg zu haben, wurde nicht nur in englischer Sprache, sondern ausnahmsweise mal nicht in Frankreich, sondern in Kanada, genauer Montreal, und Italien, genauer Rom, gefilmt. Ihm zur Seite die attraktive Kim Cattrall, welche gerade mit „Police Academy“ den Durchbruch geschafft hatte.

So ungewohnt für einen Belmondo-Streifen zu Beginn die popige 80er Jahre Musik im Zusammenspiel mit dem Lichtermeer Montreals auch wirkt, so schnell stellen sich für Fans die Sorgen, zumindest vorübergehend ein, dass Bebel in einer ungewohnten Kulisse nicht auftrumpfen kann. Das lose Mundwerk ist das Alte, mit dem schwer übergewichtigen Lasky (Tex Konig), darf er sich gleich an dem richtigen Gegner messen, um am nächsten Tag eine Bank zu überfallen. Als Clown verkleidet latscht er sorglos in die Bank, alarmiert selbst die Polizei und nutzt Angestellte wie Geiseln zum „Verpacken“ der stattlichen Beute beziehungsweise lässt sie Polonäse tanzen.

Es ist die bei Fans so beliebte One-Man-Show in der Bank, die „Der Boss“ so sehenswert macht, denn Belmondo ist so ziemlich der Einzige, der den Überfall nicht sonderlich ernst nimmt und mit seinen Sprüchen, durchgeknallten Einfällen und Witzen die Lacher für sich verbuchen kann. Die draußen in Stellung gegangene Polizei wird brüskiert, er stellt die sinnlosesten Forderungen, treibt pointenreiche Wortspielchen und reizt schließlich den Einsatzleiter, in dem er ihn zu einem Vater-Sohn-Verhältnis bittet. Alles im Sinne seines schlitzohrigen Plans, der auch gelingen soll.

So klasse der Überfall selbst inszeniert, oder besser Belmondo in Szene gesetzt wird, so stark verflacht die Komödie leider danach. Neben dem Humor waren Action und Spannung stets wichtige Komponente der Bebel-Filme, wovon hier leider herzlich wenig zu spüren ist. Der unerfahrene Regisseur Alexandre Arcady weiß nicht so recht, wie er das Potential nutzen soll, lässt die Flucht nach Europa ungenutzt und vergeht sich an einer unterentwickelten Dreiecksbeziehung zwischen Grimm (Belmondo), seiner Komplizin Lise (Kim Cattrall) und seinem Kumpel Georges (Guy Marchand), die nur dank Belmondos flottem Mundwerk in Fahrt gehalten wird. Action wird nur in Form zweier kleiner Verfolgungsjagden mit Lasky geboten, die dann zwar hübsch inszeniert sind, aber Belmondo kaum Spielraum lassen. Bleibt zu Fragen was Regisseure wie Georges Lautner oder Henri Verneuil mit diesem Stoff angestellt hätten, wissen sie doch noch am ehesten, wie seine Filme auszusehen haben. Die später erzwungene Brisanz in Person eines geldgeilen Taxifahrers verkommt als Spannungskniff schon fast zur Not- und Slapstickeinlage, während zumindest das Ende in Rom zufrieden stellt.

Allen Belmondo-Fans (zu denen ich auch gehöre), an die sich dieser Film fast ausschließlich richtet, sei zu sagen, dass „Der Boss“ gewiss kein Fehlgriff ist, auch wenn er nicht an seine älteren Werke heranreicht. Von seinen damals 53 Jahren ist nichts zu spüren, sein Mundwerk funktioniert, auch dank der wunderbaren, deutschen Synchronisation wie eh und je, nur auf selbst durchgeführte Stunts muss man verzichten, da der Actionpegel reichlich niedrig angesetzt ist. So viel Spaß der Banküberfall auch macht, so schwacher fällt der weitere Verlauf aus.

Fazit:
Ansehbarer Belmondo, der von mir einen Fan-Bonus bekommt, aber nicht an seine Toppfilme heranreichen kann. Der unerfahrene Regisseur und ein schwächelndes Drehbuch setzen dem gewohnt gutgelaunten Belmondo doch gehörig zu. Fans können dennoch vorbehaltlos zugreifen, denn der Banküberfall ist ein „Must see“!

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