Wie in vielen Bereichen der Kunst gab es auch im Film Menschen, die mit ihren Werken Grundlagen geschaffen haben, auf die sich spätere Regisseure berufen konnten und auch auf ihnen aufgebaut haben. Ob es nun der technische Fortschritt war, die künstlerische Umsetzung oder besondere Kniffe in der Erzählweise, all jene Punkte haben dazu beigetragen, dass es einige Filme gibt, die einen besonderen Stellenwert haben. „King Kong und die weiße Frau“ ist sicherlich einer dieser Vertreter, der als Mutter aller Monsterfilme gilt und dazu auch auf technischer Ebene außergewöhnliches geleistet hat:
Die Geschichte beginnt im New Yorker Hafen, wo sich ein Filmteam auf seine Abreise vorbereitet. Schnell fällt auf, dass diese „Expedition“ etwas anders ist als vergleichbare, da man viel mehr Männer und Waffen an Bord hat und das Ziel auch nicht bekannt ist. Sicher ist nur, dass man mit Carl Denham (Robert Armstrong) einen exzentrischen und skrupellosen Regisseur und Expeditionsleiter hat, der alles dafür tun würde um einen gewinnbringenden und sensationellen Film abzuliefern. Er hat nur ein winziges Problem: Die weibliche Hauptrolle in seinem Werk fehlt noch. Aus diesem Grund begibt er sich in die Innenstadt und gabelt dort die mittellose und naive Blondine Ann Darrow (Fay Wray) auf, welche er für sein Projekt gewinnen kann. Rasch begeistern sich auch einige Matrosen für Ann. Besonders Jack Driscoll (Bruce Cabot) scheint ihr Interesse geweckt zu haben, welcher zwar zu Anfang sehr abwertend über Frauen redet, dann aber doch ihrem Charme erliegen wird. Schnell sind die ersten Probeaufnahmen gemacht, wodurch der Zuschauer schon ahnen kann, was noch auf ihn zukommen wird, so landet man auf der geheimnisvollen Insel und stört auch gleich eine Eingeborenenzeremonie. Im Gegenzug entführen diese Ann in der folgenden Nacht, um sie Kong, einem Riesengorilla, zu opfern. Dieser schnappt sich die schöne weiße Frau und das Filmteam, allen voran Jack, versuchen sie zurück zu bringen. Kong scheint Gefallen an seiner „Frau“ gefunden zu haben und verteidigt diese gegen diverse Dinosaurier, bis er schlußendlich doch zur Strecke gebracht wird und fortan in New York als Ausstellungsstück dienen muss, bis er, aufgeschreckt durch das Blitzlichtgewitter der Photographen, ausbricht...
Um es gleich zu erwähnen: Dieser Film ist Hollywood in Reinkultur und hat einige Merkmale manifestiert, welche auch noch in der heutigen Zeit zutreffen. Ich meine in erster Linie die aufwendigen Spezialeffekte und Kulissen, die ein Markenzeichen für das Filmland Amerika sind. Die Aussage ist jedoch nicht negativ gemeint, da „King Kong“ den Balanceakt zwischen optischer und inhaltlicher Tiefe wunderbar beherrscht und keine oberflächliche Produktion ist, die versucht mit ihren Effekten zu punkten. Der Film orientiert sich dabei stark an dem „Die Schöne und die Bestie“ Märchen. So werden hier gleich zwei Liebesgeschichten erzählt. Was sagte Denham noch gleich über Filme? Genau, eine Liebesgeschichte gehöre zwingend in einen Film, der an den Kassen erfolgreich sein möchte... So erscheint besonders die Romanze zwischen Ann und Jack etwas konstruiert, da die Wandlung einfach etwas zu schnell abläuft und dadurch nicht die Glaubwürdigste ist. Man sollte jedoch nicht darauf herumhacken, da das eigentliche Augenmerk ja auf das Verhältnis von Kong und Ann gelegt werden muss und hier hat der Film seine starken Momente. Man hat nämlich nicht versucht Kong als Monster darzustellen, was alles und jeden tötet, dem es begegnet. So können immer wieder menschliche und zärtliche Züge erkannt werden. Besonders bemerkenswert ist sicherlich die Szene, in der Kong Ann vorsichtig mit seinen Fingern entkleidet, wo er doch nur wenige Augenblicke vorher mit diesen Händen ihr Leben gegen die Dinosaurier verteidigt hat. Unterstrichen wird Kongs Auftreten auch durch die großen Close-Ups auf sein Gesicht, wo er, was vielleicht auch an den technischen Möglichkeiten dieser Epoche liegt, einen durchaus freundlichen Eindruck vermittelt. Das tragische an dem Film ist nun, dass eben jene Liebe dem Affen zum Verhängnis wird. Komplettiert wird das Dilemma durch den Verlust seines natürlichen Lebensraumes, in dem er eindeutig der König gewesen ist, während er nun im Großstadtdschungel überleben und um sein Leben fürchten muss. Eindrucksvoll zur Schau gestellt wird dies auf der Spitze des Empire State Buildings, eine Szene, die wohl jedem bekannt sein dürfte, obwohl dieser Jemand womöglich nicht einmal den Film gesehen hat. Hier kommen noch einmal alle seine Gefühle für Ann zum Vorschein und man fühlt mit diesem sympathischen Ungetüm mit, wie er schlußendlich schwer verwundet in die Tiefe stürzt. Dies ist sicherlich ein Verdienst der Technikcrew, die dem damaligen Publikum etwas dargeboten hat, was es so wohl noch nie davor gesehen hat. Vielleicht sehen die Szenen für einige Menschen unserer Zeit plump und billig aus, doch die meisten werden die Arbeit und den Pioniergeist von diesen bahnbrechenden Stopp-Motion Effekten gebührend anerkennen. Und wenn man ehrlich ist, versprühen diese Szenen viel mehr Charme, als die meisten Hochglanzproduktionen neueren Datums. Als Segen und Fluch zugleich kann man diese Szenen jedoch beschreiben, da besonders die langen Kampfszenen Kongs dem Film doch erheblich das Tempo rauben. Sicherlich wollte man zeigen, zu welchen Effekten man im Stande war, doch dies geschieht auf Kosten des Erzählflusses. Auch scheint die Grundstory auf etwas löchrigen Beinen zu stehen, da das Hintergrundwissen Denhams über die Insel sehr hoch ist, seine Erklärungsversuche jedoch nicht richtiges Licht ins Dunkel bringen können. Und wie hat man eigentlich den Affen auf das Schiff bekommen und wo wurde er untergebracht?
Wenn man jetzt nun von der Story, sprich der Liebesgeschichte, und den technischen Spielereien absieht, so bleibt doch etwas Interpretationsspielraum, welche Aussagen uns der Film übermitteln will. Einerseits kann man den Film als Kritik an der Sensationsgier der Menschen sehen bzw. als Warnung, dass man sich nicht überall einmischen sollte und durchaus Grenzen nicht überschreiten darf. Beispielhaft ist hier sicherlich die Szene, in der Kong das Empire State Building besteigt, das damals höchste Gebäude der Welt, und damit eindeutig demonstriert, dass man die Natur nie unterschätzen darf und sie doch mächtiger ist als der Mensch. Man könnte jedoch auch durchaus den Weg gehen und den Einfluss bzw. die Charakteristika der Frauen kritisch begutachten, da ja schließlich Ann Kong ins Verderben gestürzt hat und damit auch gleichbedeutend immer eine Gefahr für die Männer darstellt. Zu beiden Ansätzen kann man während des Filmes einige Anhaltspunkte finden.
Was gibt es zu den Schauspielern zu sagen? Nun, Fay Wray ging mit diesem Film als wahrscheinlich erste Scream-Queen in die Historie ein und spielt die Rolle des Naiven Blondchens recht überzeugend, auch wenn die größtenteils sehr naiven Dialoge nicht zu den Stärken des Filmes gezählt werden dürfen. Punkten kann sie mit ihrem Geschrei und den Szenen, in denen sie sich vor Angst windet wie ein Aal.
Robert Armstrong verkörpert die Rolle des Denhams sehr überzeugend, wie er vehement auf seinen Vorteil aus ist und dabei Leichen durchaus mit einkalkuliert, Hauptsache der Ruhm und die Kasse stimmen am Ende. So kann man hier durchaus einen Funken Sozialkritik sehen, welcher jedoch nicht stark genug herausgearbeitet wurde, um eine konkrete Aussage zu erhalten.
Abschließend bleibt noch Bruce Cabot als Jack, der, wie schon erwähnt, einen eher unglaubwürdigen Wandel durchmacht und fortan als höchst besorgter Liebender durch den Film wandelt und dabei genauso mit abgedroschenen und naiven Phrasen um sich wirft, die beim Zuschauer oftmals ein Schmunzeln auslösen dürften. Es bleibt sowieso nur eine wirkliche Erkenntnis: Kong ist der King in dem Film.
Man sollte sicherlich noch ein Wort zur Musik verlieren, welche hier einen außerordentlich guten Part abliefert und die uns dargebotenen Bilder meist ausgezeichnet untermalt. Dies beginnt schon beim Vorspann, wo uns dramatische und düstere Trommeln begrüßen, sozusagen als Omen sind für den folgenden Film, und wird weitergeführt bei den heiteren und romantischen Szenen, wo die seichte Musik den Ton bestimmt. Oftmals wird der Fehler gemacht, dass die Musik omnipräsent wirkt und die Bilder im wahrsten Sinne des Wortes übertönt. Bei „King Kong“ bleibt sie jedoch meist im Hintergrund und tritt nur bei den entscheidenden Szenen aufs Parkett ohne dabei jedoch zu stark in den Vordergrund zu treten.
Abschließend ist zu sagen, dass „King Kong und die weiße Frau“ zu den Meilensteinen der Filmgeschichte gezählt werden darf und ich kann den Film nur jedem Begeisterten ans Herz legen, der sich halbwegs ernsthaft mit der Thematik Film beschäftigt. Es gibt zwar einige Kritikpunkte die das Gesamtbild leicht trüben, doch die positiven Elemente überwiegen deutlich.
PS: Man darf übrigens gespannt sein, wie sich Peter Jackson aus der Affäre ziehen wird.