Kleines großes Epos
Ein über 120-jähriger Mann erzählt anfangs widerwillig in einem Interview seine aufregende Lebens- und Leidensgeschichte, in der er mehrfach die „Seiten“ zwischen amerikanischen Uhreinwohnern und weißen Soldaten wechselte - und er somit beide Fronten mit all ihren Pros und Cons kennengelernt hat und nun (auch mit durchaus Humor) weise widerspiegelt…
Tolles Doppel mit sowas wie „Butch Cassidy & Sundance Kid“
Mit seinem legendären „Bonnie & Clyde“ hat Arthur Penn das New Hollywood quasi besamt. Aber dieses vielschichtige Westernepos trägt genauso einiges zu dieser entscheidenden Gegenbewegung in der Traumfabrik bei. Sein „Little Big Man“ erzählt über Jahrzehnte und bleibt dennoch bei sich, er ufert nicht aus und kommt immer auf seine Punkte, er hat Stars und weite Bilder, verliert jedoch nie die Entwicklungen und Beweggründe seiner Figuren aus den Augen. Hoffman ist einmal mehr sensationell, egal welches Alter er verkörpert. Das Drehbuch hat genauso urkomische wie bitterböse Momente auf Lager. Man weiß nie, welcher Ton als nächstes kommt und doch ergibt sich nie eine Kakophonie. Es gibt spektakuläre Stunts genauso wie Slapstick und Erotik. Es gibt Stars ohne Hemmungen und eine gewagte Offenheit. „Little Big Man“ entlarvt Verlogenheit und angebliche Freiheit. Und er changiert brillant zwischen den Stühlen und Gesellschaften, die die USA prägten und prägen sollten. Klar, eher ergreift er Partei für die Ureinwohner. Doch im Grunde unterläuft er all seine Anlegestellen und hat keine wahrhaften Verbündeten. Es ist bitter, es ist nicht immer ganz ernst gemeint, es ist Wahnsinn. Comedy der Anklage. Mal nah an „Blazing Saddles“, dann wieder eher bei „The Revenant“. Unheimlich versiert und kurvig. Ein Plädoyer für das Menschsein, egal welcher Religion, Rasse oder Hautfarbe man angehört. „Little Big Man“ ist köstlich, abwechslungsreich und hat mich nahtlos top unterhalten. Das war zehn Jahre zuvor einfach noch nicht möglich. Nur das Ende kommt mir etwas plötzlich und leer daher.
Zwischen den Welten
Fazit: ein Western wie kein zweiter… Lustig und mächtig, locker und weitreichend, augenzwinkernd und doch durchaus episch. New Hollywood in all seiner Verspieltheit und Klasse. Hoffman in einer bizarren Rolle durch die Lebensphasen toll wie immer. Lässig, lasziv, naiv und doch mit genug Aussagen und Weisheit unter all dem fröhlich-frechen Fluff. „Little Big Man“ kommt in meine „101 Western, die jeder sehen sollte“-Liste.