Review

Staffel 1

So, nun setzen wir alle mal den virtuellen MP3-Kopfhörer auf, stellen uns schneidige Militärmusik vor, und los geht's:

"Die Sicherheit der Nation hängt von den Männern und Frauen ab, die in den fünf Ringen des Pentagon dienen. Bevor irgendwo auf der Welt eine militärische Aktion unternommen werden kann, muss sie im äußersten und wichtigsten Ring geplant und gebilligt werden. Dem E-Ring "

Wer nach diesem Intro nicht sofort zur Kotztüte greifen muss, gehört zumindest mal potentiell zur Zielgruppe der neuen TV-Serie mit dem Güte(?)siegel "Jerry Bruckheimer-Produktion", alle anderen dürfen natürlich trotzdem weiterlesen, müssen sich die künftigen Sendetermine dieser Action-/Kriegs-/Dramamixtur aber nicht unbedingt rot im Kalender anstreichen.

Es muss Jerry "Kein Film ohne US-Flagge" Bruckheimer mächtig gewurmt haben, dass Kollege Belisario mit seinem erfolgreichen "JAG" vermeintliche und reale US-Tugenden publikumswirksam über die ganze Welt verbreitet, während die mit seinem Namen geschmückten Serien dem In- und Ausland in erster Linie vor Augen führen, wie man fachgerecht tote Menschen filettiert. Nun also der Gegenschlag: Im "E-Ring" des Pentagon planen Major "J.T" Tisnewski (Benjamin "ich durfte mal bei Julia" Bratt) und Colonel McNulty (Dennis Hopper) spezielle Militäreinsätze, bei denen Terroristen, Drogendealer und andere in Bush-Land unerwünschte Kreaturen mehr oder weniger unauffällig entsorgt werden. Wundersam allerdings: Selbst beim US-Publikum kam das mega-patriotische Spektakel nicht an, schon nach der ersten Staffel ist (wahrscheinlich) wieder Schluss.

An der technischen Qualität kann es nicht unbedingt gelegen haben, denn da hält es Sportsfreund Bruckheimer wie unser Hoeneß-Uli: Ich habe Geld, also zeige ich es auch. Auch wenn einige wenige Folgen ausschließlich in den eher beschaulichen Innenräumen des Pentagon verbleiben, so ist in der Mehrzahl der Episoden das zu sehen, was da zusammenkonspiriert wird, soll heißen: Phasenweise rumst es ganz ordentlich auf dem Bildschirm. Wie Kollege Rabb in der ersten JAG-Staffel hält es "J.T" selten auf seinen vier Buchstaben am Schreibtisch, in einer Folge darf er die halbe iranische (!) Armee im Alleingang wegballern. Die Action-Sequenzen sind im modernen Pseudo-Doku-Style mit schnellen Schnitten, grobkörnigen Bildern und ordentlich Blut inszeniert, da liegt man qualitativ deutlich vor den meisten DTV-Heulern "Made in "Eastern Europe". In Sachen Dramaturgie und Spannung kann dagegen längst nicht jede Episode überzeugen - gleich der Pilotfilm, eine dürftige Spionage-Story, verbreitet erst mal nur gepflegte Langeweile. In den späteren Folgen zieht das Tempo an, wobei mir persönlich die eher krimiähnlichen Episoden - z.B. der Zweiteiler (kleiner SPOILER) um den Tod der Freundin - noch mit am besten gefallen haben. Wenn es politisch wird - etwa bei der absurden Geschichte mit dem koreanischen U-Boot - kommt man dagegen als halbwegs aufgeschlossener Europäer aus dem Grinsen kaum noch heraus; aber keine Bange, auch wir - in diesem Fall die irakflüchtigen Spanier - bekommen unser Fett weg.

Etwas erstaunlich: Trotz permanentem Flaggenschwenken ist echtes Kriegsgerät bei dem ganzen Unternehmen nicht zu sehen, statt dessen gibt es (ordentliche) CGIs und Stock-Footage. Offenbar war das reale Pentagon von der Serie nicht so erbaut, wie man denken könnte, und hat die Hangars nicht so großzügig geöffnet wie einst beim JAG-Auftakt. Vielleicht ist der zur Schau gestellte Interventionismus den Verwantwortlichen dann doch zu dick aufgetragen. Militärische Einmischungen auf fremdem Territorium sind hier so selbstverständlich wie das tägliche Frühstücksei, ein Sunnyboy-Major und ein leicht tapsiger Colonel spielen Realtime-Risiko, schicken pausenlos Spezialkommandos in andere Länder oder nehmen die Sache gleich selbst in die Hand. Unliebsame Zeitgenossen und Störenfriede werden dabei gleich reihenweise und so fix vorläufig erschossen, dass unser Schäuble ganz grün vor Neid werden müsste. Freund ? Feind ? Ausland ? Sch..egal - wir sind Amis, Platz da. Als Sahnehäubchen gibt es dann noch ein paar Kontrastfiguren zu den aufrechten Soldaten in Form von intriganten Politikern, alles genau so wie sich Ronny Redneck das schon immer vorgestellt hat.

Und wo wir gerade beim menschlichen Personal sind - an bekannten Namen und Gesichtern ist kein Mangel im Cast, aber irgendwelche schauspielerischen Höchstleistungen darf man trotzdem nicht erwarten; am härtesten trifft es Dennis "ich war mal Easy Rider" Hopper, der Sätze sprechen muss a la "Wenn die Kerle Allah erwähnen, kann man schon mal Leichensäcke bestellen". Dazu gesellen sich die genreüblichen Karriere-Frauenfiguren, wobei vor allem die Blonde mit dem großen "L" wie Love Interest auf der Stirn arg fade daherkommt.
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Ach ja, den mittlerweile unvermeidlichen Final-Interruptus (aka Cliffhanger) gibt es natürlich auch, und weil dieser immer dann zum echten Ärgernis wird, wenn die Folgestaffel wegen Desinteresses der Zielgruppe gecancelt wird und die Auflösung an der Klippe hängen bleibt, ziehe ich dann auch mal gleich einen Wertungspunkt ab. So verbleiben aus meiner Sicht noch 6/10 für eine technisch ansehnliche, aber entsetzlich patriotische und interventionistische Hochglanzproduktion. Wer aufs Militärs, Amis und umgelegte Staatsfeinde steht, kommt aus der Habachtstellung vermutlich überhaupt nicht mehr heraus; der hoffentlich überwiegende Rest kann nach Abschaltung des für Politik zuständigen Gehirnteils immerhin in einigen Folgen ordentliche Action sehen.

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