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„Wir werden alle sterben – einer nach dem anderen!“

Als das US-Regie-/Autoren-Trio Thomas Doran, Brendan Faulkner und Frank Farel vom Produzenten gefeuert wurde, hatte es einen fast dreistündigen Rohschnitt eines Horrorfilms vorgelegt, der in dieser Form nicht verwendbar war. So heuerte er die Dame mit dem klangvollen Namen Genie Joseph (mit „Mind Benders“ nur ein weiterer Spielfilm) an und betraute sie mit dem Schnitt. Diese attestierte jedoch lediglich rund 40 Minuten brauchbares Material und so entschied man sich, die fehlenden 45 Minuten von Ann Burgund schreiben zu lassen und nachzudrehen. Das war jedoch leichter gesagt als getan, denn die geschassten Regisseure hatten ihre Kumpels, die die Darstellerriege ausmachten, mitgenommen, außerdem blieb die Zeit nicht stehen und so hatte man mittlerweile eine völlig andere Jahreszeit. Und dann war da noch das karge Budget von nicht einmal 500.000 US-Dollar (Joseph: „That's what some Hollywood movies spend on snacks.“)… 1986 jedoch konnte das Flickwerk tatsächlich vorgestellt werden: „Spookies“ war geboren – und roch verdammt nach „Tanz der Teufel“, ohne jedoch dessen Qualitäten zu erreichen.

Der kleine Billy (Alec Nemser) ist von zuhause ausgerissen, weil man seinen Geburtstag vergessen hat. Er trifft auf einen Mann, evtl. ein Landstreicher oder Trunkenbold. Doch kaum ist Billy wieder weg, wird der Mann getötet. Grund: Die tiefe Trauer des alten Magiers Kreon (Felix Ward), der mit einem Menschenopfer nach dem anderen seine geliebte Isabelle (Maria Pechukas) ins Reich der Lebenden zurückholen möchte. Mit einer fingierten Geburtstagsparty, im Rahmen derer Billy als besondere Überraschung lebendig von einer unheimlichen Kreatur begraben wird, macht er sich den Jüngling untertan – und dass gleich zwei Autoladungen voll feierwütiger junger Menschen das verlassene Haus an der Friedhofsmauer aufsuchen, beobachtet Kreon ebenfalls mit Wohlwollen. Mittels seiner telepathischen Kräfte bringt er sie dazu, ein Ouija-Brett zu verwenden und gibt die entsprechenden Antworten, dämonisiert kurzerhand Carol (Lisa Friede) und benutzt sie als ihr Sprachrohr. Seine Botschaft: Das Partyvolk muss sterben, damit Isabelle leben kann!

Schon die schön unheimliche Synthesizer-Titelmelodie lässt den Zuschauer eintauchen ins klassische ‘80er-Ambiente, als die Horrorfilmwelt noch in Ordnung war. Dass bei den Dreharbeiten zu „Spookies“ so gar nichts in Ordnung war, habe ich erst im Nachhinein erfahren und in Anbetracht der katastrophalen Entstehungsgeschichte muss man froh sein, dass der Film überhaupt realisiert werden konnte. Muss man? Ja, denn „Spookies“ suhlt sich einerseits herrlich in Genre-Klischees, orientierte sich für Kreon anscheinend an „Dr. Phibes“, entlehnte Gebäude und Ausstattung dem Gothic- und Haunted-House-Horror und feiert in ihnen schließlich einen teuflischen Dämonen- und Monster-Tanz der Marke Raimi. Die Gruppe Kreon-Futter besteht aus Abziehbildern eines Komikers, eines Spießers, eines rabiaten Trinkers, einer Okkult-Expertin etc.; jeder hat einen bestimmten Typus zugewiesen bekommen und müht sich mal mehr, mal weniger, ihn mit Stereotypen auszufüllen. So weit, so gut. Besondere Bedeutung kommt der Arbeit der Spezialeffekt-Abteilung um Arnold Garguiulo II zu: Lewis‘ Name wird in einen Grabstein eingebrannt, hübsch zurechtgemachte Zombies schlurfen über den Friedhof, schwerfällige, modrige Dämonen verlustieren sich im Weinkeller, kleine Grunzgnome blasen zur Attacke, ein Tentakelmonstrum lässt sein Opfer zerfallen, eine Spinnenfrau (Soo Paek) umgarnt ihre menschliche Nahrung, bevor sie sie aussagt. Garguiulo II fährt wahrhaftig eine breite Palette handgemachter Kreaturenspektakel mit viel Latex auf, die jedem, der für diese in den ‘80ern so große und meines Erachtens bis heute unerreichte Art visuellen Horrors etwas übrig hat, das Herz aufgehen lassen dürfte. Schön auch die fast schon märchenhafte, tragisch-romantische Beziehung Kreons zu seiner (in der Tat bildschönen, schneewittchenhaften) Isabelle, die ihren Wiedererwecker über alles hasst und so gar nichts von ihm wissen will.

Also ist „Spookies“ ein vergessenes Juwel und hätte gut und gerne im Erscheinungsjahr als „Tanz der Teufel II – Jetzt wird noch mehr gespookt“ vermarktet werden können? Nein! Der Herausforderung, ohne die alten Schauspieler einen Film um die Spezialeffekte herum drehen zu müssen, muss „Spookies“ Tribut zollen, indem die Handlung allem (Achtung, Wortspiel!) Genie Josephs zum Trotz zu fragmentarisch und über weite Strecken das Tempo zu langsam wirken. Zudem ist die Besuchergruppe schlicht zu groß und wird der Film allein schon dadurch zu dialoglastig, zumal die Inhalte nicht selten sinnloser Quatsch sind. Die Opfer schleichen ansonsten vornehmlich durchs Haus und öffnen diverse Türen, Duke (Nick Gionta, „Street Trash“) erkennt den Ernst der Lage nicht und albert herum, liefert sich schließlich gar eine langweilige, überflüssige Schlägerei mit dem Spießer. Szenen wie diese lassen erahnen, wie die ursprüngliche Fassung ausgesehen haben muss – von knapp drei gut zwei Stunden Laienschauspiel? Aber auch davon unabhängig hat „Spookies“ so seine Achillesfersen. Die beständig im Hintergrund klingende Tonabfolge wirkt, insbesondere während der Dialog-Längen, einschläfernd und gefährdet ernsthaft die Aufmerksamkeit vor allem eines müden Abendpublikums, das, wenn es schon nicht wirklich mitfiebern kann, doch wenigstens erschrocken oder zumindest passabel unterhalten werden möchte. Bei allen zumeist gegebenen Qualitäten der Spezialeffekte weckt der Auftritt des Sensenmanns (James M. Glenn) höchstpersönlich doch eher spaßige Erinnerungen an die Geisterbahn auf dem Rummelplatz, als Todesangst zu schüren. Kreons Dienern die Gesichter blau anzumalen und sie in Mönchskutten zu stecken, ist auch einer eher pragmatisch denn unbedingt künstlerische Herangehensweise, fällt jedoch meines Erachtens nicht störend auf.

Das Finale lässt dann noch einmal so einiges aus seinen Gräbern steigen und rockt, mindestens aufgrund des endlich adrenalingeschwängerteren Soundtracks. Ich muss zugeben, „Spookies“ all seine Produktionsprobleme zumindest nicht in ihren Ausmaßen angesehen zu haben, was letztlich trotz aller Schwächen für den Film spricht. Zudem machen die Nachwuchs- und Laiendarsteller, die Joseph & Co. für die Rahmenhandlung um Kreon nachgecastet haben, ihre Sache zweckdienlich bis richtig gut. Ward mit seiner Theatralik und Pechukas mit ihrer Attraktivität und Einsatzbereitschaft hätte ich mir prima in weiteren Produktionen vorstellen können. Wegen meines großen Herzens für „kleine“ Genre-Filme wie diesen sowie eines kleinen Nostalgie-Bonus (immerhin durfte ich ihn erstmals als Präpubertierender bewundern und mich von der Monsterschau verzücken lassen, als mein Schwager ihn aus einer Videothek gefischt hatte) zücke ich unverhohlen 7 von 10 Ouija-Brettern und drohe mit sofortiger Dämonisierung all derer, die mir deshalb Geschmacksverirrung und Schwachsinn attestieren! So.

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