John Grisham meets „The Exorcist“
Hmmm... ja, das wär’ eigentlich auch ein netter Titel für den “Exorzismus der Emily Rose” gewesen. Zwar nicht so reißerisch und publikumswirksam wie der dann letzten Endes gewählte, aber immerhin irgendwie treffend.
Denn erzählt wird die Geschichte – ja, genau – der Emily Rose, die bei einem Exorzismus ums Leben kam. Nun steht der dafür offensichtlich verantwortliche Priester vor Gericht und muss seine Unschuld beweisen. Die Gegenpartei ist davon überzeugt, dass Emily an Epilepsie litt und dies die Ursache für die Krämpfe und Halluzinationen war, während der Priester fest daran glaubt, dass Emily Rose von Dämonen besessen war.
Dass diese Story auf einem wahren Vorfall basiert, der sich in Klingenberg am Main Mitte der 70er Jahre zugetragen hat, sei nur kurz erwähnt, für die Besprechung des Filmes ist dies jedoch gänzlich irrelevant.
Regisseur Scott Derrickson verstrickt also nun die Gerichtsverhandlung, die gegen den exorzierenden Priester Moore eingeleitet wurde, mit jenen Ereignissen, die sich in den letzten Tagen der Emily Rose zutrugen. So hüpfen wir fleißig zwischen Gerichtssaal und dunklen Zimmern hin und her, mal wird ein bisschen exorziert, dann wird wieder juristisch recherchiert. Dass dieser Mix im ersten Augenblick ganz interessant klingt, kann ich nicht abstreiten; denn schließlich wurde auch bei mir durch diese Mixtur zu Beginn eine gewisse freudige Erwartung geweckt, die sich jedoch schnell im Sande verlief. Allzu schnell wird klar, worauf das ganze hinauslaufen wird: die Gerichtsverhandlung entwickelt sich zur dramaturgischen Farce, der durch das abschließende Urteil die Krone der Absurdität aufgesetzt wird. Aber bereits einige Male zuvor wird der Zuschauer mit Szenen konfrontiert, die aufgrund ihrer Konstruiertheit nur eines können: schocken! (und dabei spreche ich bis hierher nur vom Handlungsstrang der Gerichtsverhandlung)!
Der dort eingeflochtene Handlungsstrang, der in Rückblenden die „Krankheitsgeschichte“ von Emily beschreibt, schaukelt sich im Gegensatz zur juristischen Parallelhandlung bedächtig aber konsequent in Richtung Höhepunkt, wobei man eigentlich nie den Eindruck verliert, hier ein auf Hochglanz getrimmtes, aufgewärmtes Remake von „The Exorcist“ vorgesetzt bekommen zu haben. Aber was soll’s, es gibt ja schließlich Schlimmeres.
(nein, an dieser Stelle jetzt nicht, jetzt fang’ ich mal an, ein wenig zu loben)
Was Jennifer Carpenter aus ihrer Rolle der Emily Rose herausholt, ist aller Ehren wert. Zwar darf sie in diesem Film nicht dadurch überzeugen, dass sie die perfekte Besetzung für dramaturgisch wichtige Sprechrollen ist, aber alleine ihr Körpereinsatz in sämtlichen Szenen, die die (angebliche) Besessenheit ihrer Figur zeigen, verdient Respekt! So verleiht sie den im Großen und Ganzen guten „Schocker-Szenen“ rund um den Exorzismus die notwendige „Glaubwürdigkeit“ (wenn es so etwas in diesem Zusammenhang überhaupt geben kann). Zwar fallen die Szenen in abschließender Betrachtung etwas zahm aus, stellen aber immer noch die raren Höhepunkte dieses Filmes dar.
75% Gerichts-Drama, 25% Grusel-Schocker. Hätte man diese Mixtur zugunsten des Grusel-Strangs etwas ausgeglichener gestaltet und die juristische Behandlung des Falles damit etwas weiter (jedoch nicht gänzlich) in den Hintergrund gerückt, hätte aus dem „Exorzismus der Emily Rose“ ein guter Horror-Thriller werden können. So jedoch überwiegt letzten Endes der Eindruck, dass die Drehbuchautoren aus ihrem wirklich interessanten Ausgangsstoff viel zu wenig herausgeholt haben. Vielleicht hätte man wirklich mal besser John Grisham für diesen Fall an die Schreibmaschine setzen sollen, dann wäre wohl zumindest ein ordentlicher Gerichtsthriller daraus geworden. So ist’s weder das noch ein guter Grusel-Schocker geworden, sondern nur halbgare Kost, die man sich mal anschauen kann, aber dann wohl auch schnell wieder vergessen wird. 4/10