Es ist bestimmt nicht leicht, eine bis dato recht selten verarbeitete Thematik mit einem Hollywood-Film anzupacken und so versprach „Lord Of War" mit der angekündigten Waffenhandel-Satire auch so einiges. Trotz der Zugpferde Nicolas Cage und Ethan Hawke hat es sich dann allerdings an der Kinokasse gezeigt, dass Mut zum Risiko eben doch oftmals nicht belohnt wird.
Doch eines gleich vorweg: Der Film hat mich nicht völlig überzeugt. Schon der Aufstieg des Yuri Orlov (Nicolas Cage) in den Waffenhändlerolymp ist doch arg unglaubwürdig geraten, dass er nun mit seinem Bruder als Duo die Krisenherde der ganzen Welt aufmischt, wirkt irgendwie ... hmm, nun ja, eben abwegig. Allerdings, wenn es so einfach wäre, dann hätten wir ja jetzt unsere Schuldigen schon gefunden und könnten mit unseren Fingern auf sie zeigen: Der da war's mit dem gefährliche Zeug, klagt ihn an für das Elend auf dieser Welt! Leider sind solche Schwarz-Weiß-Malereien in der Realität kaum zu gebrauchen, und wer kann schon den Durchblick behalten bei all den Verstrickungen vieler Nationen, also inklusive Politiker-Riegen, und einem undurchsichtigen Sumpf, in dem es keine Einzelhändler gibt, sondern nur mächtige Waffenhändlerkartelle. Insofern ist die Welt eines Yuri Orlovs etwas an der Wirklichkeit vorbeizielend.
Man kann darüber streiten, ob der Begriff Satire überhaupt angebracht ist. Satire hat eine feine, aber scharfe Klinge, sie nennt nicht nur unangenehme Sachen beim Namen, sondern überspitzt die Darstellung bis ins Groteske. Bis auf ein paar kleine Ansätze kann ich in „Lord Of War" herzlich wenig darin entdecken, denn alles, was uns Andrew Niccol präsentiert, ist ein linear verfilmter Lebenslauf des aus einfachen Verhältnissen stammenden Yuri Orlov, ein Sohn ukrainischer Auswanderer, der bereits in seiner neuen Heimat - im New Yorker Stadtteil „Little Odessa" - hier erste Erfahrungen mit Waffenverkäufen sammelt und sich immer weiter nach oben arbeitet. Dabei immer an seiner Seite Bruder Vitaly, der durch Drogenprobleme allerdings bald zum Risikopartner wird. Selber Schuld, wenn man sich mit so einem Teufelszeug seine Waffen bezahlen lässt und dabei seine Grundsätze schon mal über Bord kippt (Eine Regel: „Habe immer einen idiotensicheren Plan, bezahlt zu werden!")
Abgesehen davon, dass auch der familiäre Part von Yuri zur reinen Nebensache verkommt - vom Kennen lernen bis zur Heirat seiner Frau sind es nur wenige Minuten - reiht sich ansonsten ein beruflicher Schwank an den nächsten, die Cage uns höchstpersönlich im plauderhaften Ton erzählt. Spannend wird's dabei leider selten und die Bilder schocken trotz ihrer teilweisen Direktheit nur bedingt. Nicht weil der Zuschauer bereits zu abgebrüht ist, sondern weil man gerade diese Bilder erwartet: Grausame Herrscher in der Dritten Welt, von Kriegswaffen verkrüppelte Kinder, ein Massaker in einem afrikanischen Dorf. Ja, wie auch sonst funktioniert dieses Geschäft? Hat jemand was anderes erwartet?
Am interessantesten geraten ist noch der ständige Wettlauf mit Fahnder Valentine (Ethan Hawke), der mit bewundernswertem Eifer seinem Gegenüber nachstellt, dabei aber stets den Kürzeren zieht. Und hier kommt dann doch noch so manch origineller Einfall, wenn etwa Orlov sein Schmugglerschiff bei einer Verfolgung noch schnell eine andere Fahne und mittels Pinsel einen neuen Namen verpasst und seine Fracht unter verfaulten Kartoffeln versteckt. Genauso clever die Verteilung von Waffen mitten in der Savanne an die schwarze Bevölkerung, als sein Flugzeug notlanden musste und Valentine kurz darauf in einen leeren Frachtraum starrte. Diese komischen Zwischenfälle sind für mich die stärksten Momente, des Filmes, da sie neben einer gewissen Komik den Zuschauer auch noch überraschen können. Der Schluss hingegen bot mit der Pointe, dass Orlov Beziehungen bis in höchste Politikerkreise reichen, kein wirkliches Überraschungspotenzial mehr. Wir haben es doch schon immer gewusst ...
Fazit: „Lord Of War" ist nicht wirklich schlecht geraten, doch eröffnet er für den Zuschauer keinen neuen Blickwinkel auf den ungewöhnlichen Berufsstand „Waffenhändler". Und so ist dieser Film auch eher eine launige Doku mit korrekt-kritischen Untertönen, der allerdings als Satire nur bedingt funktionieren will.