Andrew Niccol, der bereits mit dem Drehbuch zu der bissigen Satire "Die Truman Show" auf sich aufmerksam machte, hat nun mit "Lord of War" wieder einen Film abgeliefert, der ein aktuelles und kritisches Thema behandelt und das dem einen oder anderen Amerikaner sicherlich ein Dorn im Auge sein dürfte. So wundert es nicht, dass in den USA keiner den Streifen unterstützen wollte und Niccol deshalb ausländische Investoren um eine Finanzierung seines Projekts bitten musste. Das Ergebnis kann sich jedoch trotz eines Budgets von "nur" 50 Millionen Dollar absolut sehen lassen und beweist Hollywood, dass man nicht immer gleich hunderte von Millionen verschleudern muss, um einen tollen Film zu erschaffen.
Wer "Die Truman Show" bereits kennt, kann sich in etwa ausmalen, wie Lord of War" aussieht, denn obwohl der Streifen ein ernstes Thema behandelt, inszenierte Niccol das Ganze mit einer gehörigen Menge verstecktem, und zynischem Humor. Das beste Beispiel hierfür dürfte der geniale und innovative Anfang sein, wo wir einer Kugel von ihrer Herstellung bis zu ihrem letztendlichen Ziel folgen dürfem, dem Kopf eines Menschen. Das Ganze wirkt durch die fröhliche Musik, die das Geschehen unterlegt, derart bitterböse, das man nicht umhin kommt, sich über das Gesehene seine Gedanken zu machen.
Zu sagen, dass Andrew Niccol das Thema allerdings nicht mit dem nötigen Ernst behandeln würde, ist Blödsinn, da der Film im großen und ganzen als Drama angesehen werden muss. Das Leben als Waffenhändler öffnet Yuri zwar viele Türen und ermöglicht ihm ein Leben in Reichtum, doch es bereitet ihm von Zeit zu Zeit auch moralische Schwierigkeiten und sorgt für den Verlust seiner Freunde und seiner Familie. "Lord of War" erhebt dabei allerdings niemals den Zeigefinger, da es Waffendealer immer gibt und geben muss, sie sind ein „Necessary Evil“, wie es der Film so schön ausdrückt.
Der Streifen thematisiert die Rolle der USA im Waffenhandel und liefert viele entsetzliche Bilder. Kindersoldaten, das Leid und den Tod, den die von Yuri verkauften Waffen in der Dritten Welt anrichten, wo Leute wie Andre Baptiste, der zu Yuris besten Kunden zählt, das Volk brutal unterdrücken. Trotzdem redet sich der Waffendealer immer wieder ein, ist es nicht sein Kampf. Er ist es nicht, der den Leuten die Waffe an die Schläfe hält und abdrückt, er liefert nur das notwendige Material. "Lord of War" kommt mit einer gehörigen Menge Anspruch daher, dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man sich dazu entschließt, den Film zu sehen. Allerdings kommt auch die Unterhaltung bei alledem nicht zu kurz, viele Szenen treiben einem die Schweißperlen auf die Stirn, während andere wiederum zum Lachen anregen.
"Lord of War" ist ein kleines Meisterwerk für sich, das, ähnlich der "Truman Show", eine im Grunde ernste Thematik in teilweise amüsante und unterhaltsame Bilder verpackt. Eine leichte Kost ist Andrew Niccol´s dritte Regiearbeit deshalb aber noch lange nicht, da man sich als Zuschauer auf jeden Fall die Mühe machen sollte, sich zumindest seinen Teil zu dem Gesehenen zu denken, andernfalls hätte ein Film wie "Lord of War" einfach keinen Sinn. Verändern kann man mit Streifen dieser Art nichts, doch sie können mitunter helfen, gewisse Problematiken von einer anderen Perspektive zu sehen und sie verstehen zu lernen, wo wir dann wieder bei „Necessary Evil“ angelangt wären. Nicht die Waffenhändler sind es, die das Leid in die Welt tragen, sondern die Staaten und Länder, die Kriege austragen, das und nichts anderes vermittelt uns Andrew Niccol. Jeder, der nichts gegen etwas Anspruch einzuwenden hat, sollte "Lord of War" unbedingt sehen, weshalb ich letztendlich
9 von 10 Punkten vergebe.