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Wer kennt sie nicht? Die Geschichten von tollkühnen Piraten, die zusammen mit ihrer Mannschaft raubend über die sieben Weltmeere gezogen sind, die Erzählungen von vergrabenen Schätzen auf einsamen Inseln. Trotz etwaiger Grausamkeiten war mit ihnen aber auch immer eine gewisse Romantik verbunden, eine Sehnsucht nach Abenteuern. So ist es kein Wunder, dass auch der Film auf dieses Genre aufmerksam geworden ist, insbesondere Hollywood. Besonders in den Dreißiger und Vierziger Jahren waren sie sehr populär und gerieten dann fast vollkommen ins Abseits, bis Gore Verbinski sie mit „Fluch der Karibik“ aus der Versenkung hat auferstehen lassen.
„Der rote Korsar“ entstand im Jahr 1952, also zu einer Zeit, in der Piratenfilme im Aussterben begriffen waren
und stellt trotzdem einen der Glanzpunkte des Genres dar:

Erzählt wird uns die Geschichte von Kapitän Vallo (Burt Lancaster), besser bekannt als „Der rote Korsar“, der den Zuschauer zu Beginn des Filmes gleich fröhlich einlädt ihm bei seinen Abenteuern zuzuschauen, wie er zusammen mit seiner Mannschaft durch große List ein Schiff der königlichen Marine entert. Die Ernüchterung ist jedoch groß, da anstatt Gold und Juwelen nur Waffen und Munition an Bord sind. Doch Vallo ist nicht auf den Kopf gefallen und will deshalb seine Beute an den Revolutionsführer El Libre verkaufen und ihn so aus seinem Versteck locken, damit Baron Gruda, der Abgesandte des Königs, der sich auf ebenfalls auf dem gekaperten Schiff befindet, diesen festnehmen kann. So soll die Mannschaft dann nicht nur das Geld aus dem Waffenverkauf, sondern auch noch eine Belohnung erhalten. Sogleich machen sich Vallo und sein stummer Freund Ojo (Nick Cravat) auf die Suche. Dabei geraten sie jedoch in diverse Schwierigkeiten mit den misstrauischen Revolutionären und den Truppen der Stadtkommandantur. Sie erfahren jedoch, dass sich El Libre gar nicht auf der Insel befinden würde, wo sie ihn vermutet haben, sondern in einem Kerker auf einer der Nachbarinseln sitzt. Zusammen mit El Libres Tochter Consuelo (Eva Bartok) startet das Duo einen dreisten Fluchtversuch. Es scheint jedoch, dass Consuelos Gegenwart Vallos eigentlich Pläne beeinflusst. Sein plötzlicher Sinneswandel kommt bei seiner Mannschaft jedoch nicht so gut an, sodass diese gleich eine Meuterei startet und auch der Baron scheint kein Spiel mit offenen Karten zu führen...

Gleich zu Beginn merkt man, dass der Grundton von fröhlicher Natur ist und sich der Film nicht zu ernst nehmen möchte, sondern vielmehr den Zuschauer unterhalten, ihn für knapp zwei Stunden aus seinem Alltagstrott in eine bunte Welt mitreißen will. Ersichtlich wird dies schon bei der Einführung: ein blondgelockter, gut gebauter und bis über beide Ohren strahlender Burt Lancaster nimmt uns mit auf seine Reisen. Nichts wirkt hier wirklich bedrohlich, denn selbst die bösesten Piraten sehen verhältnismäßig harmlos aus. So hat man sich die Seeräuber sicherlich nicht vorgestellt. Sowieso wird hier nicht auf Gewalt gesetzt. Zwar gibt es einige Szenen, besonders zum Schluss hin, wo Leute sterben, jedoch wird dies größtenteils nur angedeutet und Blut fließt gar nicht. Dies braucht es sowieso nicht, denn das würde den Charakter des Films zerstören. Auch ist Vallo ein fortschrittlicher Pirat, der viel mit List vorgeht. Jenes merkt man z.B. in der Szene, wo das Schiff der Marine geentert wird. Auch der Humor wird in „Der rote Korsar“ groß geschrieben. So werden die Truppen des Königs reihenweise durch den Kakao gezogen und von unseren sympathischen Piraten vorgeführt.
Die Erzählweise ist dabei doch recht linear und die Spannungskurve wird kontinuierlich aufgebaut. Zwischendrin wechseln sich dynamische Szenen, wie z.B. die Verfolgungsjagd im Dorf mit den Soldaten und ruhigere Szenen ab. Stetig präsent ist dabei immer eine Prise Humor, welche uns oftmals über etwas zähe Passagen hinwegretten kann. Natürlich gibt es auch in diesem Film, wie sollte es auch anders sein, eine Liebesgeschichte, welche zum Glück nicht allzu melodramatisch präsentiert wird. Der weitere Verlauf birgt dann wenige Überraschungen, denn schon früh dürfte jedem klar sein, wie dieses Werk enden könnte, die Ausführung hat man sich wahrscheinlich trotzdem anders vorgestellt. Man hat sich nämlich nicht gescheut neben den akrobatischen Einlagen, den Degenkämpfen etc. auch moderne Einflüsse zu integrieren. So wird am Ende mit Heißluftballonen und improvisierten Panzern gekämpft, ja selbst ein U-Boot taucht auf. Sowieso ist die Ausstattung in dem Film hervorragend. Ob es nun die bunten Kostüme sind, die Schiffe oder die idyllischen kleinen Orte. Überall wurde mit großem Aufwand gearbeitet, um ein harmonisches Bild zu kreieren. Großer Interpretationsansätze bedarf es bei diesem Film nicht, denn seine Aussage(n) sind relativ offensichtlich. So könnte man ihn durchaus als Hommage an die großen Klassiker der Dreißiger und Vierziger verstehen, indem er klassische Elemente des Genres mit neuen und witzigen Ideen verknüpft. Wer übrigens sowohl diesen Film, wie auch „Fluch der Karibik“ kennt, dem sind sicherlich einige Szenen aufgefallen welche in beiden Werken auftauchen.

Einen großen Anteil zum Erfolg des Filmes tragen auch die Darsteller bei. Besonders Burt Lancaster scheint hier eine Paraderolle zu haben. Man erkennt sichtlich seine Freude an den Dreharbeiten und seiner Figur, da er den ganzen Film lang mit einem riesigen Lächeln durch die Gegend läuft und dies sofort positive Auswirkungen auf den Zuschauer hat. Auch wirken Mimik und Gestik sehr harmonisch und übermitteln ein wunderbar ausgewogenes Bild des Charakters. Die Identifikation mit der Rolle scheint perfekt verlaufen zu sein.
Mein heimlicher Star ist dafür Nick Cravat, der auf Grund seines starken Akzentes den stummen Ojo spielt. Immer wenn diese Figur auftaucht gibt es etwas zu lachen, denn seine Gestik und Mimik sind einfach herrlich anzuschauen. Herrlich ist die Szene, in der Ojo versucht Vallo zu erklären, dass dieser in Consuelo verliebt sei und dabei Hände und Füße in Gebrauch hat.
Neben den beiden Schauspielern gibt es noch Eva Bartok als Consuelo, die jedoch nicht richtig zur Geltung kommt und mehr Beiwerk ist, da Lancaster und Cravat ihr die Schau stehlen. Sicherlich ist sie hübsch anzusehen, doch vielmehr bietet sie nicht. Auch Leslie Bradley als Gruda wirkt etwas hilflos und auch wenn er der Bösewicht im Film ist, so kommt er nicht gemein genug herüber.

Abgerundet wird der positive Eindruck durch den Gebrauch von Kamera und Musik, welche sehr gut harmonieren. Neben den sehr schönen Aufnahmen der Landschaft, ist es vor allem der Ton, welcher sehr stark auftrumpfen kann. Besonders in den dynamischen Szenen ist er es, der das Gefühl zum Zuschauer transportiert, indem er die Szenen passend untermalt und in entscheidenden Passagen durch kleine Variationen ein Spiel mit dem Bild treibt. Schade ist es, dass in den ruhigeren Einstellungen die Musik nicht so präsent ist. Hier wäre mehr drin gewesen.

So bleibt einem nur noch zu sagen, dass man mit „Der rote Korsar“ einen wunderbar seichten und fröhlichen Vertreter des Genres vor sich hat, der wunderbar für verregnete Sonntagnachmittage geeignet ist, an denen man in den Fantasien seiner Jugend schwelgen kann.

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