Review

Noch in Schwarzweiß gedreht, gehört „The Train“ zu den auch heute noch sehr attraktiven und kaum angestaubten Klassikern, die den Zweiten Weltkrieg als Vorwand nutzen, um einen weitestgehend linearen und spannenden Streifen abzuliefern. Niemand anderes als Regielegende John Frankenheimer („French Connection II“, „Ronin“) übernahm hier zu Beginn der Dreharbeiten die Funktion von Arthur Penn („Bonnie and Clyde“). Burt Lancaster („Airport“, „Scorpio“) zeigte sich wenig erfreut von Penns Konzept, das die Charaktere und ihre Intentionen für die kulturellen Schätze ihres Landes zu kämpfen, fokussierte und nur wenig Wert auf die spätere Rettungsaktion selbst legte und veranlasste darauf seine Entlassung. Um mehr Action bemüht, ließ Lancaster das Skript umschreiben und holte John Frankenheimer, mit dem er zuvor schon „The Young Savages“ und „Birdman of Alcatraz“ drehte, an Bord, damit er das Geschehen wesentlich kurzweiliger umsetzte.

Im Jahr 1944 ist die gesamte Wehrmacht bereits auf dem Rückzug und wehrt sich verzweifelt wenn auch chancenlos gegen die alliierten Streitkräfte. Oberst von Waldheim (Paul Scofield, „Scorpio“) veranlasst darauf ganze Waggons mit französischen Gemälden (Picasso, van Gogh, Renoir etc.) zu beladen, um sie mit nach Deutschland zu nehmen. Auch wenn der Krieg längst nicht mehr gut lief, kostete er Geld und die wertvolle Fracht würde mit Sicherheit Abnehmer finden. Um diesen Verlust zu verhindern, tritt die Resistance an Bahnhofsvorsteher Paul Labiche (Lancaster) heran. Er soll den Zug aufhalten, aber nicht zerstören. Aufgrund der in jüngster Zeit zahlreichen Verluste seiner ohnehin kleinen Widerstandsgruppe nimmt dieser widerwillig an.

Egal, ob das lebendige Treiben auf den Schienen oder die Hektik im militärischen Hauptquartier – Frankenheimer hält das Regiezepter fest in der Hand und inszeniert ein sehr lebendiges, geschäftiges und hektisches Szenario. Überall eilen Soldaten herum, wird rangiert, gebrüllt und verladen. Ständig drohen Bomberangriff und die heruntertickende Zeit.
Labiche muss als Organisator den Überblick behalten und sich zu allem Überfluss jetzt noch anschicken, irgendwie das Unternehmen der Nazis zu sabotieren. Nicht nur, dass der Zug vor einem baldigen Bombenhagel gerettet werden muss, irgendwie muss man ihn auch noch ummanövrieren...

„The Train“ ist nahezu durchweg spannendes, altmodisches Actionkino mit einem hohen Thrilleranteil. Zwar müssen alle beteiligten Deutschen (übrigens bekannte deutsche Gesichter wie Richard Münch („The Bridge at Remagen“, „Patton“), Wolfgang Preiss alias Dr. Mabuse und der ganz junge „Großstadtrevier“ – Veteran Arthur Brauss) sich für so ziemlich jedes Klischee hergeben (Saboteure erschießen, durchweg ideologisch verbohrt, dickköpfig, unmenschlich etc.), doch abseits dieses sauren Drops gibt es genug zu sehen. Burt Lancaster selbst macht hier alle Stunts selbst und da sind, wie der Sprung vom Zug, einige beeindruckende dabei. Seine Beinverletzung war übrigens echt und resultierte aus einem Fehltritt bei einem Golfspiel während der Dreharbeiten. Die Szene, in der er angeschossen wurde, fügte man aufgrund dessen kurzfristig ein. Erst später kurierte er diese Verletzung aus.

Rollt der Zug erst mal, gönnt sich der Film bis zum Schluss auch keine größeren Atempausen. Die Rettung der Kunstgegenstände fordert Opfer, man wird von Flugzeugen attackiert und muss sich Gegner entledigen. Schließlich misslingen sogar Sabotageversuche. Höhepunkt des Films ist der Zusammenstoß dreier Loks, um ein Weiterfahren unmöglich zu machen. Diese spektakuläre Szene wurde übrigens mit echten Loks gedreht und konnte deswegen nicht wiederholt werden. Eine hervorragende Leistung zeigt dabei einmal mehr Kameramann Jean Tournier („The Day of the Jackal“, „Moonraker“), der bis zum Schluss für einige (jedenfalls für die damalige Zeit) spektakuläre und ungewöhnliche Einstellungen verantwortlich ist.

Selbstverständlich kann das Tauziehen um die Gemälde nur einen Sieger haben, doch das Ende überrascht. Bis es dazu kommt, muss Labiche mehr als nur einmal sein Leben riskieren. Einigen seiner Mitstreiter soll diese Rettungsaktion das Leben kosten. Mit der Hoffnung, das ständig alliierte Streitkräfte am Horizont auftauchen, unternimmt er Versuch auf Versuch, um den Zug aufzuhalten, täuscht die Deutschen mit einer anderen Strecke und muss sich unter den Augen des von der Fracht besessenen Oberst von Waldheim jedes Mal die Wahrheit zurechtlügen, um nicht sofort erschossen zu werden.

Das ist über die gesamte Distanz sehr spannend mit anzusehen. Große Innovationen bietet „The Train“ nie, aber er unterhält durchweg. Nebencharaktere wie die Hotelbesitzerin Christine (Jeanne Moreau) werden an der kurzen Leine gehalten, dafür gibt es riskante Sabotageunternehmen der Widerständler zu sehen – nicht immer glücken sie. So abgeneigt Labiche zu Beginn auch von dem Unternehmen ist, mit der Zeit beginnt der das Duell mit von Waldheim persönlich zu nehmen, weswegen für beide dann auch die letzten Einstellungen reserviert sind. Bleibt die Frage, wie sinnvoll es letztlich überhaupt war, so viele Menschenleben für ein paar Gemälde zu opfern

John Frankenheimer legte viel Wert auf Authentizität, nutze nie Modelltricks und legte tatsächlich die Loks Schutt und Asche oder sprengte einen Bahnhof. Das ursprüngliche Budget verdoppelte sich zwar, dafür können sich die Unfälle, Sprengungen und Bombenangriff vor allem für die damalige Zeit aber sehen lassen.
Burt Lancaster selbst spielt seinen längst erprobten Heldentypus, den des schroffen, unkaputtbaren Manns für das Grobe routiniert wie immer herunter. Der Rest bleibt hier solider Support.


Fazit:
Spannender Thriller mit klasse inszenierten Actionszenen und einem soliden Burt Lancaster. John Frankenheimer schuf mit „The Train“ zwar keinen Klassiker, jedoch einen auch heute immer noch überzeugenden Genrefilm, von dem sich besonders was das in Szene setzen von Zugaufnahmen sich bis heute Regisseure einiges abgucken. In Dieser Hinsicht ist der Film sogar ein Lehrstück. Nicht unübertroffen, wohl aber schwer unterhaltsam.

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